Pressemeldung:
Landkreis Peine

Peine, 30. Oktober 2019

Psychosen machen einsam

Trialog-Forum Seelische Gesundheit beschäftigte sich im Rahmen der Peiner Wochen der Seelischen Gesundheit mit Einsamkeit

Das Trialog-Forum Seelische Gesundheit widmete sich am 15. Oktober im Rahmen seiner 94. Sitzung dem Thema: „Einsamkeit vor/während/nach Psychose“ und reihte sich damit in die Veranstaltungen der Peiner Wochen der Seelischen Gesundheit ein, die in Kooperation mit dem Peiner Bündnis gegen Depressionen stattfinden.

Die Veranstaltung war mit rund 40 Teilnehmenden gut besucht. Nach einer kurzen Einführung in das Thema durch Arnold Held, Leiter des Sozialpsychiatrischen Dienstes des Landkreises Peine, wurde das Gespräch mit der Aussage eröffnet: „Durch meine Psychosen bin ich sozusagen ‚zwangsentweibt‘. Ich finde leider keine Partnerin.“ Es folgte daraufhin ein reger Austausch, bei dem deutlich wurde, dass für einige ein Unterschied zwischen „alleine sein“ und „einsam sein“ besteht. Während das Alleinsein, sofern es in einer psychischen Krise als Schutz für sich selbst entsteht oder gar bewusst eingerichtet wird, eine durchaus wohltuende Wirkung haben kann, fühlt sich Einsamkeit durchweg negativ an. „Um das Gefühl der Einsamkeit zu haben, muss man nicht zwangsläufig allein sein, das kann man auch inmitten von vielen Menschen“, beschreibt ein Teilnehmender des Trialog-Forums seine Erfahrung dazu.

Nadja Stehlin, Betroffenenvertreterin und im Organisationsteam des Trialog-Forums, weist auf den Teufelskreis hin, der bei Psychosen in Bezug auf Einsamkeit entstehen kann: „In der wiederholten Psychose kann das Wahnerleben versuchen, für manche die Einsamkeit aufzubrechen. Durch einen religiösen Wahn oder einen Verfolgungswahn beispielsweise fühlt man sich, entgegen des Gefühls ohne Psychose, als eine wichtige Person. Für das Umfeld ist das daraus folgende Verhalten nicht nachzuvollziehen und es zieht sich zurück. Der Betroffene wird also tatsächlich immer einsamer und die Psychose kann sich aus diesem Erleben heraus zwangsläufig wiederholen. Es entsteht ein schwer zu durchbrechender Teufelskreis.“

Auf die besonderen Schwierigkeiten dabei weist Maria Matzel, Angehörige aus dem Organisationsteam, hin: „In der Psychose wird dem Betroffenen vom Umfeld immer wieder versucht klar zu machen, dass seine Wahrnehmung gestört ist. Das macht ihn wütend, ist es für ihn doch Realität, was er wahrnimmt. So stellt er sich feindselig gegen seine wohlwollenden Angehörigen. Dies kann über kurz oder lang dazu führen, dass diese sich, vielleicht auch zum Selbstschutz, zurückziehen (müssen). Vorallem im Übergang von der Psychose zurück in die Realität traut der Betroffene dann seinen eigenen Wahrnehmungen nicht mehr und ist dadurch sehr verwirrt. Als Konsequenz zieht er sich, aus Angst vor Ablehnung, zurück. Das macht es für alle Beteiligten nicht einfacher.“

Kim-Julian Behr, Psychiatriekoordinator des Landkreises Peine, ergänzt dazu, dass es hierfür nach einem Buch des Psychiaters Jann Schlimme hilfreich sein könnte, sich zunächst kleine Inseln der Klarheit zu schaffen, die man dann Stück für Stück für sich vergrößern könne.

Das Trialog Forum Seelische Gesundheit richtet sich an Betroffene, Angehörige, beruflich Tätige im Bereich von psychischen Erkrankungen sowie allgemein an den einzelnen Themen Interessierte. Es geht auf das vor 30 Jahren in Hamburg erstmalig durchgeführte Psychose-Seminar zurück. Der Trialog geht aus der Zusammenarbeit von der, vor zwei Wochen verstorbenen, Dorothea Buck und dem Hamburger Prof. Dr. Thomas Bock hervor.

Die Teilnehmenden bestimmen die Themen im Vorfeld selbst. Bei jeder Sitzung wird eines der gewählten Themen vorgegeben und es findet ein freier, vertraulicher und, auf Wunsch, anonymer Austausch dazu statt, um voneinander miteinander zu lernen. An einzelnen Terminen werden Personen eingeladen, die einen kurzen Impulsvortrag zum Thema halten und zum anschließenden gemeinsamen Austausch anregen.

Info:

Das Trialog Forum Seelische Gesundheit findet jeden 3. Dienstag im Monat von 18 bis 20 Uhr im Gemeindehaus der Friedenskirchengemeinde, Eichendorffstr. 6, Peine statt.  Die Veranstaltungen sind kostenlos und alle Interessenten sind zum Austausch, oder auch nur zum Zuhören, sehr herzlich eingeladen. Am 19. November 2019 geht es um „Grenzen – Grenzerfahrungen, Grenzen setzen und Abgrenzung“ und am 17. Dezember 2019 findet ein gemütlicher weihnachtlicher Jahresausklang statt, bei dem die Themen für 2020 gesammelt werden.

Kontakt und Info: trialog-peine@web.de, www.tinyurl.com/TrialogPeine

Pressekontakt: Landkreis Peine,Fabian Laaß

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270/2019 Trialog Seelische Gesundheit
Mitglieder des Organisationsteams des Trialog-Forums Seelische Gesundheit, v.l.n.r.: Nadja Stehlin, Hermann Spörl, Maria Matzel