Meldungsdatum: 23.12.2024

Behindert und in der Firma lernen - Jahresrückblick 2024, Teil 6

Budget für Ausbildung: Vorzeigeprojekt in Leer / Eines von 33 in Deutschland

Eine Berufs-Ausbildung in einer normalen Firma – für viele behinderte Menschen ein Traum. Es gibt jedoch Ausnahmen. Dazu zählt ein 27-jähriger Mann in Leer - als einer von zurzeit nur 33 Menschen in ganz Deutschland. Er lernt seit August Fachinformatiker mit Fachrichtung Systemintegration im Unternehmen Connetec-IT Solutions GmbH. Darüber berichtet der Landkreis Leer in seinem Jahresrückblick.

Das Vorzeigeprojekt ragt weit aus dem betrieblichen Alltag heraus. Es setzt voraus, dass engagierte Menschen die Ausbildung zum Erfolg führen und beweisen wollen, dass auch behinderte Menschen auf dem so genannten ersten Arbeitsmarkt mithalten können. Für dieses Ziel ziehen viele Einrichtungen an einem Strang: Die Ausbildungsfirma, die Lebenshilfe mit ihrer Werkstatt für inklusive Arbeit (Initiative Werk5A), die Berufsschule, die Industrie- und Handelskammer und der Landkreis Leer als örtlicher Träger der Eingliederungshilfe.

Aber auch der Auszubildende selbst, der an einer Autismus-Spektrums-Störung leidet, muss den starken Willen und die Fähigkeit für anstrengende Lehrjahre im Betrieb mitbringen. In diesem Fall hat der 27-Jährige erkannt, dass er mehr als Montage- und Verpackungsarbeit in der Lebenshilfe-Werkstatt leisten kann. Er wechselte deshalb vor einiger Zeit nach Gifhorn für ein mehrwöchiges Praktikum in einem Informatik-Unternehmen, das ihm technische Fähigkeiten auf Abitur-Niveau bescheinigte. Daraufhin wandte er sich an die Lebenshilfe Werk5A-Initiative. Diese erkannte die Chance für den jungen Mann, erstmals im Landkreis eine IHK-anerkannte Berufsausbildung zu machen.

Für die finanzielle Grundlage sorgt das „Budget für Ausbildung“ (BfA) gemäß dem Bundesteilhabegesetz. Wie das Amt für Teilhabe und Soziales im Jahresrückblick schildert, sieht die Förderung so aus: Das BfA erstattet dem Betrieb die Ausbildungsvergütung inklusive Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung und übernimmt die Kosten für eine behinderungsbedingte Anleitung und Begleitung des Auszubildenden – am Ausbildungsplatz und in der Berufsschule.

Wilfried Harms, Leiter des Amts für Teilhabe und Soziales beim Landkreis, hebt das Engagement der beteiligten Einrichtungen hervor: „Innerhalb von vier Wochen hatten wir die schwierige Koordination geregelt und die größten Probleme beseitigt.“ Die Teilnehmer wollen sich künftig regelmäßig über den Stand der Dinge austauschen.

Landrat Matthias Groote hofft, dass die erste Maßnahme mit dem Budget für Arbeit den Anstoß gibt für weitere Projekte. „Das ist mehr als ein gutes Stück Sozialpolitik. Es hilft Behinderten zu einem ansprechenden Job und Arbeitgebern ein Stück weit, dringend benötigte Fachkräfte auszubilden.“