Meldungsdatum: 04.06.2025
Die 1597 gegründete Neustadt Hanau mit ihrem schachbrettförmigen Straßenraster plante einst Graf Philipp Ludwig II. von Hanau-Münzenberg gemeinsam mit Baumeister Nicolas Gillet. An der Nordseite des Marktplatzes blieb ein Bauplatz frei, an dem am 31. Juli 1606 der erste Grundstein für ein Rathaus gelegt und eine Mauer zum Abschluss des Rathausplatzes errichtet wurde. „Wegen fehlender Haushaltsmittel kam der Bau aber nicht zustande. Die Ratsherren tagten deshalb abwechselnd in ihren Privathäusern. Die freigelassene Stelle diente ganz pragmatisch in der Folgezeit als Holzhof und Lagerplatz“, weiß Martin Hoppe, Fachbereichsleiter Kultur, Stadtidentität und Internationale Beziehungen der Stadt Hanau.
Erst über hundert Jahre später, 1725 bis 1733, wurde das barocke „Neustädter Rathaus“ gebaut und damit die Häuserzeile am Markt geschlossen. Baudirektor des Neustädter Rathauses war Christian Ludwig Hermann. Der Rohbau war bereits 1726 fertiggestellt. Acht Jahre später, 1733, auch der Innenausbau. Als bauleitende Ratspersonen sind I. S. Baron senior und Heinrich van Alphen überliefert. Die Gesamtkosten betrugen 20.022 Gulden. Die festliche Einweihung fand schließlich am 5. November 1733 statt.
Das bis heute erhaltene Giebelrelief zeigt das Doppelwappen von Graf Johann Reinhard III. (1665 – 1736) und seiner Frau Dorothea Friederike von Brandenburg-Ansbach (1676 – 1731). Es wird von zwei allegorischen Frauenfiguren flankiert: Zur Linken die Gerechtigkeit mit Waage, Zepter und Adler mit Schwert. Zur Rechten erscheint der Frieden mit goldener Fackel, (Gesetz)Buch und Kranich, der Wachsamkeit symbolisiert. Beide Tugenden waren den Neustadtbewohnerinnen und -bewohnern ein besonders hohes Gut. Die Kartusche am Balkon mit der Stadtpatronin „Hanovia“ trägt die Daten der Bauzeit von 1725 bis 1733 und basiert auf einem Siegel der Neustadt. Der erst 1755 aufgebaute Glockenturm wird vom Hanauer Wappentier, dem Schwan, als goldene Wetterfahne bekrönt.
In der Altstadt tagte der Rat im Altstädter Rathaus (seit 1942 Deutsches Goldschmiedehaus). Hanauer Neustadt und Hanauer Altstadt fusionierten schließlich im Zuge der kurhessischen Gemeindeordnung Anfang des 19. Jahrhunderts. Seit 1820 existiert denn auch das Amt des Hanauer Oberbürgermeisters.
1848 spielte das Rathaus in der Revolution eine bedeutende Rolle. Im März wurde vom Balkon das Hanauer Ultimatum an den hessischen Kurfürsten verkündet, das demokratische Rechte einforderte. Oberbürgermeister Claus Kaminsky dankt deshalb sehr, „dass das Gebäude seit 2022 zu den bundesweit ausgezeichneten „Orten der Demokratiegeschichte“ zählt und mit einer entsprechenden Plakette gekennzeichnet ist.“ In Hanau haben diese Auszeichnung auch die historischen Kuranlagen Wilhelmsbad wegen des Wilhelmsbader Festes von 1832 und die Wallonisch-Niederländische Kirche wegen des ersten Deutschen Turntages 1848 erhalten.
Die Bombenangriffe des Zweiten Weltkriegs zerstörten fast die gesamte Innenstadt und nur die Frontseite des Neustädter Rathauses mit dem davor stehenden Nationaldenkmal der Brüder Grimm von 1896 blieb erhalten – der Rest lag in Trümmern. Die Stadtverwaltung war daher nach 1945 im Schloss Philippsruhe untergebracht. Stadtverordnetenvorsteherin Beate Funck erinnert daran, dass erst nach dem Wiederaufbau des Gebäudes 1965 die politischen Gremien wieder einzogen.
1985 wurde das Glockenspiel reaktiviert und im Zuge der Restaurierung 2022 mit Mitteln der Stiftung der Sparkasse Hanau erneuert. Es ertönen folgende Melodien: 10 Uhr: „Die güldene Sonne“. Kirchenlied aus dem evangelischen Gesangbuch, Text: Philipp von Zesen, Melodie: Johann Georg Ahle, 1666; 12 Uhr: „Wer sich die Musik erkiest“. Kanon, Melodie: Paul Hindemith, 1928, Text Martin Luther; 16 Uhr: „Historisches Menuett“. Als Melodiekomposition eines unbekannten Komponisten in den Unterlagen des historischen Glockenspiels enthalten; 18 Uhr: „Guten Abend, gut‘ Nacht“ die bekannte Volksliedmelodie.
Von 2018 bis 2022 wurde das Neustädter Rathaus grundlegend saniert und präsentiert sich seitdem völlig neu. Im Foyer finden regelmäßig Sonderausstellungen statt, in den oberen Geschossen tagen seither wieder die politischen Gremien der Stadt. Der Elisabeth-Selbert-Saal, benannt nach einer der Mütter des Grundgesetzes, in dem die Stadtverordnetenversammlung tagt, wird auch für Vorlesungen der Brüder Grimm Berufsakademie (BGBA), Vorträge und Symposien genutzt.
Pressekontakt: Ute Wolf, E-Mail: oeffentlichkeitsarbeit@hanau.de
Stadtansichten: Hanauer Markplatz unm 1820
Hammer und Kelle, die für den feierlichen Akton der Grundsteinlegung der Hanauer Rathauses verwendet wurden, sind in den Sammlungen der Städtischen Museen Hanau erhalten.
Blick von der Paradiesgasse auf das zerstörte Neustädter Rathaus, 1945
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