Meldungsdatum: 14.07.2025
Die ersten Arbeiten zur Neugestaltung der Emscher-Mündung hatten im Herbst 2014 begonnen. Mit der Nordverlegung der Mündungstrasse um rund 500 Meter ist ein knapp 20 Hektar großes Delta entstanden, das künftig nicht nur einen verbesserten Hochwasserschutz bietet. Für Flora und Fauna bildet es zudem ein wichtiges Eingangsportal vom Rhein in das neue Emscher-Tal: Mit der neuen Mündung ermöglicht die Emschergenossenschaft Fischen nun den Aufstieg stromaufwärts – ein Beitrag zur Steigerung der Artenvielfalt, der über Jahrzehnte nicht möglich war. Denn: Seit der Inbetriebnahme des Mündungsbauwerkes im Jahr 1949 stürzte die Emscher rund sechs Meter tief in den Rhein. „Mit der Verlegung der Mündung nach Norden haben wir nun den vorherigen Höhenunterschied zwischen den beiden Gewässern ausgeglichen. Für die Neugestaltung der Emscher-Mündung, die Stabilisierung der Böschungen und der Gewässersohle sowie zur Modellierung fischfreundlicher Sohlgleiten wurden insgesamt 700.000 Tonnen Wasserbausteine eingebracht“, sagt Dr. Frank Obenaus, Vorstand für Wassermanagement und Technik bei der Emschergenossenschaft.
Die alte begradigte Mündungsstrecke der Emscher ist bereits mit dem Aushub der Baustelle komplett verfüllt worden. Das markante Emscher-Absturzbauwerk in den Rhein wird dagegen als Zeugnis der Wasserwirtschaft im industriellen Ruhrgebiet für künftige Generationen erhalten bleiben.
Natur kehrt an die Emscher zurück
Die Natur nimmt den neuen Lebensraum derweil bereits bestens an. Beim „Tag der lebendigen Emscher“ wurde der Mündungsbereich im Juni 2023 von Forscherinnen und Forschern untersucht. Rund 600 Arten wurden dabei von den Expert*innen ermittelt, darunter über 300 Pflanzenarten, zirka 30 Makrozoobenthos-Arten (wirbellose tierische Organismen wie Schnecken, Würmer oder Muscheln), über 90 Schmetterlingsarten (Tag- und Nachtfalter, Kleinschmetterlinge), zirka zehn Fisch-Arten, rund 60 Vogel-Arten sowie zahlreiche Amphibien, Reptilien und Säugetiere. An dem großen Emscher-Monitoring hatten rund 60 Forschende, unter anderem von der Emschergenossenschaft, der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet, der Biologischen Station Kreis Wesel, den NABU-Gruppen der Region, der Universität Duisburg-Essen, der NABU-Naturgucker sowie des Rheinischen Fischereiverbandes e.V. teilgenommen.
Kürzlich untersuchten die Forschenden aus dem regionalen Netzwerk auch die Hochwasserrückhaltebecken Emscher-Auen und Ellinghausen an der Stadtgrenze von Castrop-Rauxel und Dortmund beim diesjährigen „Tag der lebendigen Emscher“. Mit Erfolg: Sie entdeckten rund 900 Tier- und Pflanzenarten in und an den Auen. Die genauen Ergebnisse des Monitoring-Tags werden noch ausgewertet und später veröffentlicht. Auch die gestiegene Artenvielfalt im östlichen Emscher-Gebiet wäre ohne die Renaturierung der Emscher-Mündung nicht möglich. Fische aus dem Rhein können nun ungehindert ins Emscher-System schwimmen.
Mehr als nur ein wasserwirtschaftliches Projekt
Die wasserwirtschaftlichen Maßnahmen der Emschergenossenschaft gehen darüber hinaus mit einer städtebaulichen Entwicklung der Quartiere entlang der Gewässer einher. Mit dieser Verzahnung von Wasserwirtschaft und Städtebau verfolgt die Emschergenossenschaft im Schulterschluss mit ihren Mitgliedskommunen eine Verbesserung der Lebens- und Aufenthaltsqualität für die Bevölkerung in der Region. Der Betrieb von Abwasserkanälen, Pumpwerken, Kläranlagen, Gewässern und Hochwasserschutzeinrichtungen bildet dabei den Dreh- und Angelpunkt der sozial-ökologischen Transformation im Ruhrgebiet.
„Im Bereich der neuen Emscher-Mündung schaffen wir sowohl mit der neuen Wegegestaltung als auch mit dem Hof Emschermündung wertvolle Aufenthaltsorte, die den Erlebnischarakter an der Emscher – unmittelbar am Rhein – erheblich aufwerten. Der Hof Emschermündung bietet künftig nicht nur Kulinarisches für die Pause während einer Radtour, sondern ist als Begegnungs- und Informationszentrum an einem der spannendsten Orte an der Emscher konzipiert“, sagt Prof. Dr. Uli Paetzel, Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft.
Während der Fluss in den vergangenen 73 Jahren seit seiner letzten Nordverlegung von Duisburg-Walsum nach Dinslaken als tief eingedeichter und schnurgerader Kanal daherkam, wird die neue Emscher mitsamt der neuen Wegeverbindungen und Verweilpunkte zum Bewundern einer idyllischen Gewässer- und Auenlandschaft einladen.
Infobox:
Zahlen, Daten, Fakten
Emschergenossenschaft
Am 14. Dezember 1899 als erster deutscher Wasserwirtschaftsverband gegründet, ist die Emschergenossenschaft heute gemeinsam mit dem 1926 gegründeten Lippeverband Deutschlands größter Betreiber von Kläranlagen und Pumpwerken. Die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Unternehmens sind die Abwasserentsorgung, der Hochwasserschutz sowie die Klimafolgenanpassung. Ihr bekanntestes Projekt ist der Emscher-Umbau (1992-2021), bei dem die Emschergenossenschaft im Herzen des Ruhrgebietes eine moderne Abwasserinfrastruktur baute. Dafür wurden 436 Kilometer an neuen unterirdischen Abwasserkanälen verlegt und vier Großkläranlagen gebaut. Rund 340 Kilometer an Gewässern werden insgesamt renaturiert. Parallel entstanden in enger Kooperation mit den kommunalen Partnern über 360 Kilometer an Rad- und Fußwegen, die das neue blaugrüne Leben an der Emscher und ihren Nebenläufen erleb- und erfahrbar machen. www.eglv.de
Das neue knapp 20 Hektar große Emscher-Delta ist nun fertiggestellt. Die ersten Arbeiten zur Neugestaltung der Emscher-Mündung hatten im Herbst 2014 begonnen. Die neue blaugrüne Mündungsaue bietet künftig nicht nur einen verbesserten Hochwasserschutz, sondern auch Lebensraum für Flora und Fauna. Links im Bild gut zu erkennen ist das nahezu monumentale Absturzbauwerks, über das sich der zentrale Fluss des Ruhrgebietes einst in den Rhein ergoss.
Seit Montag, 14. Juli, sind die Fuß- und Radwege entlang der neuen Mündungsaue freigegeben.
Die alte Emscher-Mündung 2015. Vor der Verlegung der Mündung floss die Emscher schnurgerade in Richtung Absturzbauwerk. Seit der Inbetriebnahme des Mündungsbauwerkes im Jahr 1949 stürzte die Emscher rund sechs Meter tief in den Rhein. Eine unpassierbare Barriere für Fische, die so keine Chance hatten aus dem Rhein in die Emscher zu gelangen.
Die Emscher-Mündung 2022. Bis November 2022 verlief die Emscher noch schnurgerade durch das Absturzbauwerk (links im Bild) in den Rhein. 500 Meter nördlich der ehemaligen Mündung wurde eine großflächige Mündungsaue angelegt. Mit der Entstehung des neuen Emscher-Deltas ging auch eine neue Wegegestaltung und ein verbesserter Hochwasserschutz einher.
Die Emscher-Mündung 2024. Durch den Höhenausgleich und fischfreundliche Sohlgleiten werden Flora und Fauna gestärkt. Das Absturzbauwerk wurde stillgelegt und als Denkmal erhalten.
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