Meldungsdatum: 01.09.2025
Eine öffentliche Belobigung des Niedersächsischen Innenministeriums ist eine Seltenheit, und wer sie bekommt, hat etwas wirklich Außergewöhnliches geleistet. Mirko Ortmann rettete einem Menschen das Leben. Dieser Mensch heißt Sven Böker. Er hatte am 8. Juli 2024 einen schweren Motorradunfall, den er ohne Mirko Ortmann nicht überlebt hätte. Die beiden sind mittlerweile befreundet. Bei der Belobigung war Sven Böker dabei.
Warum Sven Böker (33) aus Bünde die Kontrolle über sein Motorrad auf der A30, etwa in Höhe der Raststätte Grönegau verlor, wird er wohl nie erfahren. Vielleicht eine Spurrille, oder ein Gegenstand auf der Fahrbahn, der zum sogenannten Lenkerschlagen geführt hat. Das Motorrad fuhr noch etwa sechshundert Meter ohne ihn weiter, während er hoch über die Leitplanke durch die Baumkronen flog und nach 90 Metern in einen Abwassergraben landete.
Der Anblick muss schlimm gewesen sein. Der Zeitsoldat verlor durch den Unfall seinen rechten Fuß und seinen rechten Unterarm, auch der andere Arm und das linke Bein waren schwer verletzt. Und das waren nur die heftigsten Wunden. „Der Rettungsarzt sagte später, meine Chance das Krankenhaus lebend zu erreichen, lag bei fünf Prozent.“ Ein Transport im Helikopter war wegen der vielen lebensbedrohlichen Verletzungen keine Option.
Mirko Ortmann handelte schnell und überlegt. „Ich habe gesehen, wie das Motorrad einen Lkw überholte und dann ins Schlingern geriet. Der Lkw-Fahrer müsste das auch gesehen haben, hielt aber nicht an.“ Mirko Ortmann jedoch tat das Richtige. Anhalten, Rettung rufen, sich kümmern. „Ich wusste, ich musste die Wunden abbinden.“ Sonst hat der Landschaftsgärtner wenig Erfahrung mit Erster Hilfe, aber an die Übungen bei der Bundeswehr erinnerte sich der 34-Jährige, der schon beim Notruf alles richtigmachte. „Der Hubschrauber muss kommen, habe ich gesagt, auch die Ortsangabe zwischen der Rastanlage Grönegau und der Anschlussstelle Melle-Ost passte.“
Mirko Ortmann ist in Bad Salzuflen aufgewachsen, lebt aber heute in Osnabrück. Zum Ersthelfer wurde er auf dem Rückweg von der Arbeit als Landschaftsgärtner in Bad Salzuflen zurück nach Osnabrück.
Zusammen mit einem weiteren Ersthelfer band er die Wunden ab mit allem, was greifbar war: Verbandsmaterial und Gürtel. Der andere Helfer war ebenso daran beteiligt, Sven Bökers Leben zu retten. „Während ich mit Mirko mittlerweile befreundet bin, habe ich mit dem anderen Ersthelfer keinen Kontakt mehr“, sagt Sven Böker. „Ich habe den Eindruck, dass er mit dem Unfall nicht mehr konfrontiert werden möchte, und das respektiere ich.“
Es hielt auch noch ein anderer Fahrer an. „Wir brauchen Verbandsmaterial, haben wir ihm zugerufen“, erzählt Mirko Ortmann. „Er hat dann auch einen Verbandskasten runtergeworfen – der war aber leer.“ Mirko Ortmann kann darüber nur den Kopf schütteln. Auch darüber, dass niemand anderes anhielt. „Wir hätten jede Hand gebrauchen können.“ Es gingen nicht einmal mehrere Anrufe bei der Leitstelle ein.
„Wir können gar nicht hoch genug einschätzen, was Sie getan haben“, sagte Oberbürgermeisterin Katharina Pötter bei der Belobigung. „Sie sind ein Vorbild. Wie Sie gehandelt haben, sollte selbstverständlich sein, ist es aber nicht. Das Innenministerium legt viel Wert auf diese Auszeichnung. Sie wird nur selten verliehen und auch das beweist, was Sie Großartiges geleistet haben.“
Dank Mirko Ortmann feiert Sven Böker jetzt zweimal im Jahr Geburtstag. Als er nach zwei Wochen die Intensivstation verlassen konnte, musste er sich Stück für Stück seine Selbstständigkeit erarbeiten. Sieben Monate war er im Krankenhaus, überstand mehr als 20 Operationen und lernte in mehreren Reha-Aufenthalten wieder seine Arme und Beine zu benutzen. „Am Anfang konnte ich nichts, heute steige ich Treppen und laufe an guten Tagen kilometerweit.“ Seine beiden Kinder, zweieinhalb und zehn Jahre alt, gehen unbefangen mit ihrem Vater um, der wieder ganz für sie da ist. Der Zeitsoldat arbeitet jetzt im Homeoffice in Bünde und möchte eine Ausbildung in der Verwaltung machen. Die Chancen stehen gut.
Mirko Ortmann hat von seinem Vater, einem Feuerwehrmann, den Rat bekommen, sich Beratung und Unterstützung zu holen, um mit den Bildern, die der Unfall bei ihm hinterlassen hat, besser umgehen zu können. „Das war ein guter Rat“, sagt er heute. „Allerdings kann ich Motorradfahrer immer noch nicht gut sehen, ich sehe dann immer den nächsten Unfall.“
Für ihn war es kurz nach dem Unglück schwer auszuhalten, nicht zu wissen, wie es Sven Böker ging, ob er es geschafft hat. „Ich weiß jetzt, dass es erst nicht gut aussah, ich war unheimlich erleichtert, als ich hörte, dass er außer Lebensgefahr ist.“
Heute sind Sven Böker und Mirko Ortmann befreundet und nehmen am Leben des anderen teil. Mirko Ortmann wird bald heiraten und es steht jetzt schon fest, wer mit Sicherheit zu den Gratulanten gehören wird.
Pressekontakt: Silke Brickwedde | Telefonnummer 0541/ 323-2328 | E-Mail brickwedde@osnabrueck.de
Mirko Ortmann (links) hat Sven Böker (Mitte) nach einem schweren Unfall das Leben gerettet. Oberbürgermeisterin Katharina Pötter überreichte ihm dafür eine Belobigung des Niedersächsischen Innenministeriums.
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