Lippstadt. Im Rahmen des diesjährigen Wortfestivals Lippstadt wurde am vergangenen Sonntag der Thomas-Valentin-Literaturpreis 2025 an den Schriftsteller Hans Joachim Schädlich verliehen. Der Berliner Autor wird für seinen Prosaband „Das Tier, das man Mensch nennt“ ausgezeichnet.
Da der bald 90-jährige Schriftsteller nicht persönlich an der Preisverleihung teilnehmen konnte, nahmen seine Töchter Susanne und Anna Schädlich die Auszeichnung stellvertretend entgegen. Die feierliche Verleihung fand in der Thomas-Valentin-Stadtbücherei in der Alten Kapelle statt.
Bürgermeister Arne Moritz begrüßte die zahlreichen Gäste und überreichte den Preis im Namen der Stadt Lippstadt. Er hob die besondere Bedeutung der Auszeichnung hervor und brachte seine Freude darüber zum Ausdruck, dass die Vergabe des Preises diesmal passenderweise in der Thomas-Valentin-Stadtbücherei stattfindet.
Die Laudatio hielt Professor Ines Geipel, Mitglied der fünfköpfigen Jury. Geipel erinnerte an die Biografie des Autors, seine Erfahrungen in der DDR als Gegner des Regimes und welche ganz persönlichen Konsequenzen das für ihn hatte - auch noch nach dem Fall der Mauer: So erfuhr der Autor bei Einsichtnahme in seine Unterlagen, dass sein eigener Bruder ihn im Auftrag der Stasi bespitzelt hatte.
Geipel hob zudem die Bedeutung eines frühen Doppelsatzes aus den Werken „Versuchte Nähe“ und „Unstet und flüchtig“ (1971) hervor: „Der Tau, der heute Nacht über uns herabfällt, gibt jedem, der sich damit wäscht, die Augen wieder“ und „Wenn es die Blinden wüssten, wie mancher könnte sein Gesicht wiederhaben.“ Für sie sei dieser Satz ein Zentrum von Schädlichs Werk, zu dem er in immer neuen Variationen zurückkehre. Schön und poetisch sei das zwar, doch es gehe ihm nicht um Ästhetik, sondern darum, die Erfahrung sprachlich so zu fassen, dass sie im Kopf der Lesenden eine Bewegung auslöse.
In seiner von Tochter Susanne vorgetragenen Dankesrede bedankte sich Schädlich für die Auszeichnung und drückte seine Sorge über die aktuelle weltpolitische Entwicklung aus. Ihn beunruhige, dass die Zahl der Autokratien und Autokraten seit dem Jahr 2020 weltweit erschreckend zugenommen habe – ebenso wie der Antisemitismus, der erneut offen zutage trete.
Danach las Susanne Schädlich ausgewählte Passagen aus dem ausgezeichneten Prosaband „Das Tier, das man Mensch nennt“, die das Publikum tief beeindruckten und mit langanhaltendem Applaus gewürdigt wurden.
Hintergrund:
Die Jury des Thomas-Valentin-Literaturpreises 2025 bestand aus:
Prof. Dr. Hans-Jörg Czech (Hamburg), Prof. Dr. Norbert Eke (Paderborn), Prof. Ines Geipel (Berlin), Christoph Motog (Lippstadt) sowie Dr. Matthias Kornemann, dem künstlerischen Leiter des Wortfestivals.
Der Thomas-Valentin-Literaturpreis wird seit 1993 alle vier Jahre von der Stadt Lippstadt vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert. In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt erstmals auf der Gattung der Erzählprosa. Der Preis erinnert an den Schriftsteller Thomas Valentin (1922–1980) und zeichnet Autorinnen und Autoren aus, die durch sprachliche Qualität, erzählerische Kraft und gesellschaftliche Relevanz hervortreten. Zu den früheren Preisträgern zählen unter anderem Markus Werner, Ilija Trojanow, Angela Krauß, Ulrich Woelk, Karl-Heinz Ott, Jenny Erpenbeck, Max Bäulich und Christoph Peters.
Pressekontakt: Frau Köller, Pressestelle, pressestelle@lippstadt.de,Tel: 02941/980-313
Zu dieser Meldung können wir Ihnen folgendes Medium anbieten: