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Meldungsdatum: 25.11.2025

Vor 20 Jahren „Schneechaos und Stromausfall im Westmünsterland“

Eine Bewährungsprobe für die Bevölkerung, aber auch für das behördliche Krisenmanagement

In diesen Tagen jähren sich "das Schneechaos und der Stromausfall im Westmünsterland“ zum 20. Male. Darauf weist Dr. Kai Zwicker, Landrat des Kreises Borken und seinerzeit Bürgermeister der Gemeinde Heek, hin. Gleichzeitig betont er, dass die Behörden schnell nach den damaligen Ereignissen Konsequenzen für den eigenen Katastrophenschutz gezogen haben. „Inzwischen sind wir deutlich besser gewappnet, was entsprechende Übungsszenarien der vergangenen Jahre zeigen“, so Dr. Zwicker. Allerdings könnten auch heute derartige Wetterlagen zu längeren Stromausfällen mit all ihren Folgen führen, macht er deutlich. Generell komme es daher auch auf die Notfallvorsorge jedes einzelnen an, um Extremsituationen möglichst sicher zu meistern. Informationen und praktische Hinweise des Kreises Borken dazu finden sich unter https://akut.kreis-borken.de.

Eine Rückschau auf die Ereignisse vor nunmehr 20 Jahren:
Am letzten November-Wochenende – es war gleichzeitig das erste Advents-Wochenende – des Jahres 2005 hatte das Tief Thorsten auch weite Teile des Kreises Borken in den winterlichen Griff genommen. Ein fast ununterbrochener Schneefall und eisiger Sturm sorgten dafür, dass im nördlichen Kreisgebiet Strommasten unter der an den Leitungen „angebackenen“ Schneelast zusammenbrachen. Eine auf der Autobahn A 31 niedergegangenen Hochspannungsleitung sorgte zudem für einen Stau im Abschnitt Heek-Ochtrup, der sich bald auf über 40 km ausdehnte. Betroffen von dem Stromausfall waren viele tausend Menschen. Für den Kreis Borken rief daraufhin der damalige Landrat Gerd Wiesmann „Katastrophenalarm“ aus. Ein Krisenstab im Borkener Kreishaus koordinierte die Hilfsmaßnahmen, u. a. die Versorgung mit Notstromaggregaten. Die Hauptlast für die Bewältigung der Situation trugen die lokalen Feuerwehren und Hilfsorganisationen sowie die betroffenen Städte und Gemeinden. Selbst vier Tage nach Ende des Schneefalls waren dann noch nicht alle Orte wieder an das Stromnetz angeschlossen.

Im Jahrbuch des Westmünsterland Kreises Borken 2007 erschien dazu folgender Bericht über die Ereignisse:

Schneechaos und Stromausfall im Westmünsterland – eine Bewährungsprobe für die Bevölkerung, aber auch für das behördliche Krisenmanagement

Karlheinz Gördes

„Wintereinbruch – das war in Westfalen eigentlich der Tag, an dem Frau Holle morgens ein paar Schneeflocken übers Land verteilte, die spätestens dann verschwunden waren, wenn die Kinder aus der Schule kamen. Ganz anders der gestrige Freitag: Fast ununterbrochen Schneefall und eisiger Sturm mit bösen Folgen, mit verletzten Menschen und verbeultem Blech.“ So kommentierte die Borkener Zeitung am Samstagmorgen, 26.11.2005, unter dem Titel „Eiskalt erwischt“ die ersten Auswirkungen des Tiefs Thorsten, das dann allerdings im weiteren Verlauf des letzten November-Wochenendes das westliche Münsterland auf bislang nicht vorstellbare Weise in den winterlichen Griff nahm.

Bereits am Freitag (25.11.2005) kam es zu ersten Stromausfällen im nördlichen Kreisgebiet, da Strommasten unter der an den Leitungen „angebackenen“ Schneelast zusammenbrachen. Eine auf der Autobahn A 31 niedergegangene Hochspannungsleitung sorgte beginnend am Nachmittag zudem für einen Stau im Abschnitt Heek-Ochtrup, der sich in der Folgezeit auf über 40 km ausdehnte. Außerdem lief auf dem Schöppinger Berg verkehrsmäßig gar nichts mehr.

Für die Kreisverwaltung Borken bedeutete diese Entwicklung „Alarmstufe rot“ oder wie die Fachleute sagen: ein „Großschadensereignis“. Offiziell löste Landrat Gerd Wiesmann den Katastrophenfall um 23.15 Uhr aus. Im Besprechungsraum der Leitstelle im Kreishaus waren schon vorher Mitglieder des Kreis-Krisenstabes unter Leitung von Dr. Hermann Paßlick und Heribert Volmering zusammengekommen, um erste Maßnahmen zur Versorgung der von den Stromausfällen betroffenen Menschen und der im Stau steckenden PKW-Fahrer zu veranlassen. Binnen kürzester Zeit war der Krisenstab dann noch vor Mitternacht personell voll arbeitsfähig.

Die örtlichen Einsatzkräfte waren zwischenzeitlich voll im Einsatz, um Hilfe zu bringen. Während sich die Polizei bis in die tiefe Nacht hinein darum kümmerte, den Superstau auf der A 31 aufzulösen – problematisch waren hier vor allem die querstehenden LKW, die die geordnete Rückführung blockierten -, versorgten das DRK und der MHD dort die Insassen der Fahrzeuge so gut es ging mit Decken und heißem Tee.

Da bereits am Freitagabend in weiteren Orten des Kreisgebietes Stromausfälle drohten, musste der Krisenstab hier Vorsorge treffen. Während in den schon betroffenen Kommunen Versorgungs- und Betreuungsstützpunkte eingerichtet wurden, lief im Krisenstab das Management mit Notstromaggregaten an. Vor allem für die landwirtschaftliche Betriebe, deren Tiere automatisiert gefüttert und gemolken werden, galt es, zunächst aus der näheren Umgebung entsprechendes Gerät heranzuführen. Auch war in den Außenbereichen die Wasserversorgung nicht gewährleistet, da auch die Pumpen der Eigenwasserversorgungsanlagen ausfielen.

In der Folgezeit traten dann in weiten Teilen des Kreisgebietes tatsächlich die befürchteten Stromausfälle ein – ein Vorfall, der bislang nicht vorstellbar war! Selbst der Krisenstab saß am Samstagabend für kurze Zeit im Dunkeln, als in der Kreisstadt Borken die Stromversorgung zusammenbrach und erst die Notstromversorgung im Kreishaus anspringen musste. Gottlob waren da dank des großen Engagements der zuständigen Stabsmitglieder die Vorbereitungen für die Aggregat-Management weit gediehen.

Der Krisenstab im Borkener Kreishaus zeichnete verantwortlich für die überörtliche Koordination der Hilfeleistungen. In jeder Kommune gab es zudem im jeweiligen Feuerwehrgerätehaus eine Einsatzleitung, die für die örtlichen Maßnahmen zuständig war. Zu koordinieren galt es inzwischen einen Großeinsatz: Insgesamt im Kreis Borken im Einsatz waren zeitweilig an die 600 Angehörige der Feuerwehren, der Polizei, des Technischen Hilfswerkes, der Bundeswehr, des Deutschen Roten Kreuzes, des Maltester Hilfsdienstes, der Johanniter Unfallhilfe und der Ortsbehörden sowie der Kreisverwaltung Borken. Unter den Kräften der Feuerwehr und der Hilfsorganisationen befanden sich nach und nach auch zahlreiche Einheiten, die von außerhalb (aus ganz Nordrhein-Westfalen sowie aus weiteren Bundesländern) zur Verstärkung herangezogen wurden und die mit eigenem Gerät die Aufrechterhaltung der Notstromversorgung in den betroffenen Ortslagen unterstützten.

Um die Bürgerschaft laufend mit Informationen zu versorgen, wurde Radio WMW von der Kreispressestelle ständig mit den neuesten Meldungen versorgt. Zudem wurde eine telefonische Bürger-Hotline eingerichtet, die Auskünfte gab, und auf der Website des Kreises gab es umfassende Hinweise vor allem zu den vielen Straßensperrungen, die auf Grund von umgestürzten Bäumen sowie herabhängenden Stromleitungen notwendig wurden.

Um der Bevölkerung in den vom Stromausfall betroffenen Kommunen Gelegenheit zu geben, sich ausreichend mit Lebensmitteln und Bedarfsgegenständen einzudecken, konnten am Sonntag, 27.11.2005, die Geschäfte öffnen. Am Montag, 28.11.2005, blieben aus Sicherheitsgründen sämtliche Schulen in den Kreisen Borken, Coesfeld und Steinfurt geschlossen, zudem sogar tags darauf noch in einigen Orten.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Dr. Ingo Wolf informierte sich am Sonntagmittag im Borkener Kreishaus über die Situation im Westmünsterland und gab bei dieser Gelegenheit zusammen mit Landrat Gerd Wiesmann sowie den Vertretern der beteiligten Hilfsorganisationen eine Pressekonferenz. Anschließend fuhr er gemeinsam mit dem Landrat nach Vreden, um sich dort ein Bild von der Lage zu machen.

Im Laufe des Dienstages (29.11.2005) entspannte sich dann mehr und mehr die Situation, so dass Landrat Gerd Wiesmann am frühen Nachmittag des 30.11.2005 die Ausrufung der "Großschadenslage" aufheben konnte. Zuvor hatte er sich persönlich noch einmal in Schöppingen, Legden, Ahaus und Vreden einen Überblick verschafft und dort mit den Bürgermeistern konferiert.

Landrat Gerd Wiesmann war es in diesem Zusammenhang ein besonderes Anliegen, all denen Dank und Anerkennung auszusprechen, die mit großem persönlichen Engagement an der Bekämpfung der katastrophalen Situation im Westmünsterland mitgewirkt hatten. Ausdrücklich dankte er auch der Bevölkerung, die in der schwierigen Phase ohne Strom und bei widrigsten Witterungsumständen außerordentlich besonnen und diszipliniert gehandelt habe. Hier zeige sich, dass die sozialen Netze - familiäre und nachbarschaftliche Unterstützung - im Kreis Borken vorbildlich funktionieren, betonte der Landrat.

Der Krisenstab des Kreises wurde am 30.11.2005 offiziell um 17.50 Uhr aufgelöst. Ein Mitarbeiter des Kreises, Richard Brocks, hatte allerdings noch länger mit den Folgen des Großschadensereignisses zu tun. Er gehörte der bei der Bezirksregierung Münster eingerichteten Härtefallkommission an, die auf Grund des Stromausfalls in existenzielle Not geratenen Bürgerinnen und Bürgern unbürokratisch finanzielle Unterstützung aus dem von der RWE mit 5 Millionen Euro gespeisten Fonds zukommen ließ.

Pressekontakt: Karlheinz Gördes, Tel.: 0 28 61 / 681-2424


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Unter der Last des angefrorenen Schnees brachen zahlreiche Strommasten im Westmünsterland, was auch Tage später noch zu sehen war

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Unter der Last des angefrorenen Schnees brachen zahlreiche Strommasten im Westmünsterland, was auch Tage später noch zu sehen war