Landeshauptstadt Magdeburg: PRESSEINFORMATIONEN

Magdeburg, 01. Dezember 2003

Fortschritte beim Abbau von Barrieren - aber viele offene Fragen

Bilanz zum Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen/Hans-Peter Pischner:

Die Landeshauptstadt Magdeburg zieht am kommenden Mittwoch, 3. Dezember 2003, auf einer Veranstaltung im Kaiser-Otto-Saal des Kulturhistorischen Museums Bilanz über das zu Ende gehende Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen. Auf der um 17:00 Uhr beginnenden Veranstaltung werden rund 150 Betroffene sowie Gäste aus Politik, Verwaltung und von Behindertenverbänden erwartet. Neben Statements und Gesprächsrunden steht auch die Verleihung des Hans-Regel-Preises des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes auf dem Programm.

"Zum Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen kann ich für Magdeburg insgesamt ein positives Resümee ziehen", so der Magdeburger Behindertenbeauftragte Hans-Peter Pischner. "Mit vielen Veranstaltungen, Ausstellungen und Veröffentlichungen ist es der Stadt gelungen, die Gleichstellung und die Teilhabeforderungen behinderter Menschen in das Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit zu rücken."

Auf der Veranstaltung wollen behinderte Magdeburger und Vertreter der Landes- und Kommunalpolitik das Jahr Revue passieren lassen und die Ergebnisse kritisch hinterfragen. Vorgesehen sind Statements von Mitarbeitern verschiedener Behindertenverbände und Selbsthilfegruppen sowie eine Podiumsdiskussion, an der die Beigeordnete für Soziales, Jugend und Gesundheit Beate Bröcker, die Landtags- und Stadtratsmitglieder Norbert Bischoff und Wigbert Schwenke sowie Vertreter des Allgemeinen Behindertenverbandes und der Arbeitsgruppe "Behinderte in Magdeburg" teilnehmen.

Im Rahmen der Abschlussveranstaltung zum Europäischen Jahr der Menschen mit Behinderungen 2003 wird der Landesverband Sachsen-Anhalt des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes (DPWV) den diesjährigen Hans-Regel-Preis verleihen. Preisträger ist die 1996 gegründete Behinderten-Theatergruppe "The Pipers". Die neun Mitglieder im Alter zwischen 25 und 53 Jahren erarbeiten eigene Musik- und Bewegungstheater-Inszenierungen. Zu ihren Aufführungen gehören unter anderem die Stücke "Alles Leben im Fluss" und "Herzgetrommel". Betreut wird die Theatergruppe, deren Mitglieder in der Werkstatt für behinderte Menschen der Pfeifferschen Stiftungen arbeiten, von Heilpädagogik-Studenten der Hochschule Magdeburg-Stendal sowie von den Freien Kammerspielen. Den Hans-Regel-Preis 2003 übergeben der DPWV-Landesvorsitzende Dr. Eberhard Jüttner und der Landesgeschäftsführer Hans-Günter Strothotte.

Das Jahr 2003 wird auf Beschluss des EU-Ministerrates als Europäisches Jahr der Menschen mit Behinderungen unter dem Motto "Nichts über uns ohne uns" begangen. In Magdeburg hatte im Februar die nationale Eröffnungsveranstaltung des Europäischen Jahres stattgefunden. Mehr als 900 Betroffene und Vertreter der Öffentlichkeit trafen sich in der Elbestadt, um für die mehr als acht Millionen von Behinderungen betroffenen Menschen in Deutschland eine wirkliche Gleichstellung sowie bessere Chancen und Teilhabemöglichkeiten zu fordern.

Auch die Magdeburger Stadtverwaltung hat sich mit Beschlüssen und konkreten Maßnahmen zu den Zielen einer verbesserten Integration von Behinderten bekannt. Bereits im Jahr 2001 hatte der Stadtrat "Leitlinien der kommunalen Behindertenpolitik" beschlossen. Vor zwei Wochen hat Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper der Einführung einer kommunalen "Behindertenfreundlichkeitsprüfung" zugestimmt. Dadurch werden künftig alle Vorhaben und Maßnahmen der Stadtverwaltung auf ihre Behindertenfreundlichkeit geprüft.

Auf der Abschlussveranstaltung am Mittwoch wird Magdeburg offiziell der Erklärung von Barcelona "Die Stadt und die Behinderten" beitreten. Damit bekennt sich die Stadt dazu, im Rahmen ihrer kommunalen Möglichkeiten, ihre behinderten Mitbürger zu fördern und Barrieren, die Behinderte in ihrem Leben und ihren Mitwirkungsmöglichkeiten einschränken, abzubauen. Die Erklärung von Barcelona, die im März 1995 auf einem Kongress in der spanischen Metropole formuliert wurde, beinhaltet Ziele zur Schaffung gleichberechtigter Lebens- und Entfaltungsmöglichkeiten für behinderte Menschen in den und durch die Kommunen. Seit 1995 sind der Erklärung mehr als 30 deutsche Städte beigetreten, darunter Berlin, Bonn, Düsseldorf, Erfurt, Frankfurt/Main, Göttingen, Jena, Kassel und Münster.

"Verbesserungen für behinderte Menschen in Magdeburg stehen aber grundsätzliche Probleme auf Landes- und Bundesebene gegenüber", so der Behindertenbeauftragte. "Das Sozialgesetzbuch IX, das Bundesgleichstellungsgesetz für behinderte Menschen und das Landesgleichstellungsgesetz sind bisher bloße Absichtserklärungen geblieben und haben nur wenige reale Veränderungen bewirkt. Derzeit verhindert Bundesjustizministerin Zypries einen besseren Schutz von Behinderten im bürgerlichen Rechtsverkehr und verweigert deren Aufnahme in das zu schaffende zivilrechtliche Antidiskriminierungsgesetz. Und wie ein Damoklesschwert bedrohen die sozialen Reformen im Gesundheitswesen, auf dem Arbeitsmarkt und im Sozialhilferecht ganz besonders die Lebensbedingungen vieler behinderter Menschen. Insofern endet das Europäische Jahr der Menschen mit Behinderungen zwiespältig."

 

 

 

Hintergrundinformationen zu Behinderten in Magdeburg

In Magdeburg leben derzeit rund 20.000 schwerbehinderte Menschen, darunter etwa 12.000 mit erheblichen Bewegungseinschränkungen, 1.600 Blinde und Sehbehinderte, fast ebenso viele Hör- und Sprachbehinderte, etwa 1.000 Menschen mit geistigen Behinderungen sowie etwa 2.000 Menschen mit psychischen und seelischen Beeinträchtigungen. In den Kreis der von Behinderungen Betroffenen gehören aber auch fast 5.000 Pflegebedürftige und bis zu 2.000 an verschiedenen Formen von Altersdemenz erkrankte Menschen. 56 Prozent der Betroffenen sind älter als 65 Jahre, während weniger als drei Prozent jünger als 18 Jahre sind. Bei den meisten von ihnen trat die Behinderung nicht von Geburt an auf, sondern entstand - zumeist durch Erkrankung - im Laufe des Lebens. Etwa 54 Prozent der Betroffenen sind weiblich. In Sachsen-Anhalt gibt es über 170.000 Schwerbehinderte, in ganz Deutschland sind es rund 6,7 Millionen.

 

Hintergrundinformationen zum Hans-Regel-Preis

Hans Regel war Gründungsmitglied und Ehrenvorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, Landesverband Sachsen-Anhalt e.V. Der diesjährige Hans-Regel-Preis steht unter dem Motto des Europäischen Jahres der Menschen mit Behinderungen "Nichts über uns ohne uns". Er ist mit 5.000 Euro dotiert. In seiner Ausschreibung zur Preisverleihung bezog sich der Verband auf die Ziele des Europäischen Jahres der Menschen mit Behinderungen. Im Mittelpunkt stand dabei, diese Ziele und die gesetzliche Regelungen mit Leben zu erfüllen, eine breite Öffentlichkeit einzubeziehen, sie für die vielen kleinen und großen Diskriminierungen im Alltag von behinderten Menschen zu sensibilisieren und auf die Fähigkeiten und das Können von Menschen mit Behinderungen aufmerksam zu machen. Entscheidend war auch, dass die Projekte nicht für, sondern mit oder von behinderten Menschen initiiert werden.

 

Hinweis: Die Kolleginnen und Kollegen der Medien sind zu der Veranstaltung herzlich eingeladen.

 

Bei Rückfragen: Hans-Peter Pischner, Behindertenbeauftragter, Tel. 03 91/5 40 23 42

 

Barbara Großer, Regionalstelle des DPWV, Tel. 03 91/7 90 55 15




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