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Norden, 01. Juli 2005

"Meine Wurzeln liegen in Ostfriesland"
Foli Schönthal-Taylor erzählt Schülern ihre Geschichte

Eindringlicher Appell an die Jugendlichen: Das Recht im Herz behalten.

 

Präventionsrat der Stadt Norden erstellt Video der Schilderungen einer persönlich Betroffenen zur NS-Zeit. Der Videofilm soll den Schulen für den Unterricht zum Thema Nationalsozialismus zur Verfügung gestellt werden.

 

Norden/ish – „Ich bin eine Ostfriesin, meine Wurzeln sind hier“, sagt Foli Schönthal-Taylor in bestem Plattdeutsch. Sie ist nach dem offiziellen Programm der „Woche der Begegnung“ noch ein paar Tage hier geblieben. Jetzt erzählte sie ihre Lebensgeschichte einer neunten Klasse der Hager KGS. Mit dabei waren auch Uwe Fröbel, Roger Scheweling und Achim Salge vom Präventionsrat der Stadt.

 

Sie nahmen die gemeinsame Stunde von Foli Schönthal-Taylor mit den Schülern und Schülerinnen von Magdalene Kreckel-Fröbel mit einer Videokamera auf. Das Material soll später auch anderen Kindern in den Schulen zur Verfügung gestellt werden.

Fast eine Stunde lang erzählte Schönthal-Taylor ihre Geschichte. Gebannt hörten die Schüler und Schülerinnen zu – und waren hinterher so eingenommen, dass sie kaum noch eigene Fragen stellen konnten. Dabei hatten sie etliches vorbereitet, weil die Zeit des Nationalsozialismus ohnehin gerade Thema in ihrer Klasse war, wie Magdalene Kreckel-Fröbel bestätigte.

Die 15-Jährigen erfuhren, welchen Schock die Familie Schönthal in ihrer Heimat Upgant-Schott erlitt. Nie wieder hat sie sich ganz davon erholt. Der Vater habe, als der Naziterror begann, keine Angst gehabt, sagte Schönthal-Taylor. „Ich bin Ostfriese, ich bin Deutscher, ich gehe gar nicht in die Synagoge“, habe er gesagt.

Selbst nach den Geschehnissen in der Reichskristallnacht und dem Aufenthalt im KZ Sachsenhausen verstand ihr Vater kaum, was da vor sich ging. Sie mussten raus – aber wohin?

Schönthal-Taylor erklärte ihren Zuhörern ausführlich, wie schwer es war, aus Deutschland wegzukommen – jemanden zu finden, der für sie bürgte. Kein Land wollte die Flüchtenden. Auch die  Ausreise selbst war schwer. Zweimal kehrten sie nach Upgant-Schott zurück, weil man nicht alle gemeinsam über die Grenze lassen wollte. Erst im dritten Anlauf ließ man die ganze Familie passieren.

Eine schreckliche Schifffahrt stand bevor: Am 9. November 1939 verließ Foli Schönthal-Taylor mit ihren Eltern und Geschwistern Europa – voller Angst, denn die Bomber kreisten schon über dem Wasser. Es war ihr vierter Geburtstag.

Angekommen in New York, weitergereist, auch hier hin- und hergeschoben, konnte das kleine Mädchen kaum die Ereignisse verdauen. Sie sprach mit niemandem – nur mit der engsten Familie. „Wir sind Ostfriesen, wir sind Deutsche, auf einmal sagen sie, du bist kein Mensch, du bist nichts.“ Noch heute wühlt die 69-Jährige diese Erlebnisse auf.

Nach dem Krieg versuchten die Schönthals noch einmal den Weg zurück. Der Vater wollte nach Hause, auf seinen Hof. 1955 war er wieder hier, aber nichts war mehr so wie früher. Die Kinder sprachen Englisch – und Plattdeutsch. Die Mutter, selbst Christin, war verbittert. Alles hatte man ihnen genommen, alle Verwandten des Vaters umgebracht. Und nicht wenige, die zu Hitlers Nazis gehört hatten, saßen schon wieder an entscheidenden Stellen.

Foli Schönthal-Taylor ging mit ihrer Familie wieder in die USA, aber ihre Wurzeln blieben hier.

„Das hat mir Jahre genommen“, sagt sie heute über die Zeit. „Ich konnte das nicht verstehen.“

Den jugendlichen Zuhörern redete sie eindringlich ins Gewissen: „Man muss das Recht im Herz behalten“, mahnte sie. „Wenn etwas extrem ist, aufpassen, das geht schief! Irgendwas in uns ist gebrochen, in den Deutschen auch, etwas ist kaputtgegangen“, machte die Amerikanerin auch klar, dass es nie so werden kann, wie es vor dem Nazi-Terror war.

 

 

Quelle: Ostfriesen-Zeitung  vom 30.06.2005



Pressekontakt: Stadt Norden, Fachdienst Bürgerdienste und Sicherheit, Herr Fröbel, Tel. 923-287




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