Landeshauptstadt Magdeburg: PRESSEINFORMATIONEN

Magdeburg, 21. September 2005

Ehrung für Dr. Friedrich Weißler durch Straßenbenennung

Im Baugebiet Leuschnerstraße im Magdeburger Osten erhielt heute eine neue Straße den Namen "Dr.-Weißler-Weg". Magdeburgs Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper enthüllte gemeinsam mit dem Sohn Johannes Weißler das Straßenschild. Magdeburg würdigt damit den Juristen und Aktiven des christlichen Widerstandes gegen die nationalsozialistische Diktatur Dr. Friedrich Weißler.

Nur sehr kurze Zeit, vom 1. Dezember 1932 bis zum 21. Juli 1933, war der Jurist Dr. Friedrich Weißler Landesgerichtsdirektor in Magdeburg. Aufgrund seiner jüdischen Herkunft wurde er von den Nationalsozialisten aus dem Amt entfernt. Seine Verbindung zu Magdeburg und vor allem sein aktiver Widerstand als Mitglied der Bekennenden Kirche führten zu dem Vorschlag der Stadtverwaltung Friedrich Weißler mit einer Straße zu ehren.

Am 7. April 2005 folgte der Stadtrat einstimmig diesem Vorschlag.

Dr. Friedrich Weißler war ein außergewöhnlich mutiger Verfechter des Rechts, in dem er sich perfekt auskannte und der Menschlichkeit, die ihm als Christ eigen war. "Wir ehren mit diesem Straßennamen die Zivilcourage und den unbedingten Einsatz für das Recht durch Friedrich Weißler. Wir ehren aber auch den aufrechten Christen und Demokraten Friedrich Weißler, der seinen Leben einsetzte und als Mitverfasser der "Denkschrift" gegen Hitler innerhalb der Bekennenden Kirche eine eindeutige Position einnahm" so Oberbürgermeister Dr. Trümper bei der feierlichen Namensweihe.

Der Landgerichtspräsident Dr. Peter Bosse würdigte den Juristen und Rechtslehrer Friedrich Weißler. Seine besondere Haltung als Christ der Bekennenden Kirche hob der Beauftragte der evangelischen Kirchen beim Landtag der Landesregierung Sachsen-Anhalts Oberkirchenrat Albrecht Steinhäuser hervor.

Johannes Weißler war zur Würdigung seines Vaters aus Erlangen angereist. Vor der feierlichen Straßenweihe trug er sich beim Oberbürgermeister in das Gästebuch der Landeshauptstadt Magdeburg ein.

 

 

 

 

 

Weißler, Friedrich, Dr. jur.
geb. 28.04.1891 Königshütte/Oberschlesien,
gest. 19.02.1937 Konzentrationslager Sachsenhausen,
Jurist.

Weißler war Sohn des jüdischen Rechtsanwalts Adolf W. aus Halle, der sich große Verdienste um die deutsche Rechtsanwaltschaft erwarb und als deutscher Patriot unter dem Eindruck des Versailler Vertrages 1919 Selbstmord beging. Nach dem Schulbesuch in Halle studierte W. Jura in Halle und Bonn. Nach seinem Militärdienst als Einjährig-Freiwilliger (1913) wurde er als Referendar an das Amtsgericht nach Eilenburg versetzt und promovierte 1914 in Halle. Mit Ausbruch des I. Weltkrieges meldete sich W. als Freiwilliger und leistete, zuletzt als Leutnant, mehr als vier Jahre Kriegsdienst in vorderster Front. 1920 setzte er sein Referendariat in Halle fort und trat 1921 in den preußischen Justizdienst ein. Nachdem er zuletzt am Oberlandesgericht in Naumburg und ab 1930 als stellvertretender Vorsitzender beim Arbeitsgericht in Halle tätig war, wurde W. am 01.12.1932 zum Landgerichtsdirektor in Magdeburg ernannt, aber schon nach wenigen Monaten, am 21.07.1933, u.a. seiner jüdischen Herkunft wegen rechtswidrig aus dem Richterdienst entlassen. Er hatte in einer Strafverhandlung kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten zulässigerweise gegen einen in SA-Uniform agierenden Angeklagten eine Ordnungsstrafe von drei RM verhängt.

Später wurde Weißler deshalb von Mitgliedern der SA gewalttätig gezwungen, auf dem Balkon des Landgerichtes Magdeburg die Hakenkreuzfahne zu grüßen. Nach seiner Amtsenthebung nach Berlin übergesiedelt, wurde W. ab November 1934 als juristischer Berater, ab 1936 als Kanzlei-Chef der ersten Vorläufigen Kirchenleitung der Bekennenden Kirche (BK) und Mitarbeiter von Karl Barth und Martin Niemöller tätig, die in entschiedener Opposition zum Nationalsozialismus stand. Als gläubiger evangelischer Christ war er hier 1936 auch Mitverfasser einer "Denkschrift" an Adolf Hitler, eines einzigartigen Dokuments des Protestes der BK gegen Staatsverherrlichung, Unterdrückung der Kirche, Antisemitismus und Konzentrationslager, die am 04.06.1936 in der Berliner Präsidialkanzlei übergeben wurde. Als ihr Wortlaut planwidrig in der Weltöffentlichkeit bekannt wurde (Basler Nachrichten vom 23.07.1936), geriet W. in den - letztlich unbegründeten - Verdacht, das Ausland informiert zu haben. Er wurde am 16.09.1936 aus der Vorläufigen Leitung der BK entlassen, am 07.10.1936 mit anderen Verdächtigen von der Gestapo verhaftet, im Februar 1937 ins Konzentrationslager Sachsenhausen verbracht und bestialisch zu Tode gequält. Der vielseitige juristische Schriftsteller W. war u. a. Mitbegründer eines bis heute fortgeführten "Kommentars zur Grundbuchordnung" (1934, 221997).

Quelle: Magdeburger Biographisches Lexikon des 19. und 20. Jahrhunderts. Magdeburg, 2001.




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