Am 16. Mai 1931 übernahm Ernst Reuter im Magdeburger Rathaus die Amtsgeschäfte als Oberbürgermeister. Im März 1933 drängten ihn die Nazis gewaltsam aus dem Amt. Mit einem öffentlichen Vortrag im Alten Rathaus wird die Landeshauptstadt Magdeburg am kommenden Dienstag um 18.00 Uhr das Wirken Ernst Reuters würdigen. Gastreferent ist Mathias Tullner, Professor für Geschichte an der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg. Der Eintritt ist frei.
"Indem ich mein Amt als Oberbürgermeister der Stadt Magdeburg übernehme, spreche ich die feste Erwartung aus, dass die Arbeiter, Angestellten und Beamten der Stadt so wie bisher, so auch in Zukunft mit dem Magistrat und der Stadtverordneten-Versammlung zusammen alle Kräfte anspannen werden, um zum Wohle unserer Stadt das Bestmögliche zu leisten. Ich werde, ... mein Amt unparteiisch und gerecht gegen jedermann führen und mich, wie für alle diejenigen, die mit mir zu arbeiten haben, nur den einen Grundsatz kennen, dass wir mit Anspannung aller Kräfte für das Gemeinwohl zu arbeiten haben" sagte Ernst Reuter anlässlich seiner Amtsübernahme 1931.
Reuter übernahm die Amtsgeschäfte in schwieriger Zeit, die Weltwirtschaftskrise spitzte sich zu, Magdeburg hatte fast 26.000 Arbeitslose. Trotzdem konnte er wichtige Projekte, die sein Amtsvorgänger Herrmann Beims begonnen hatte, fortsetzen, u.a. den Bau des Wasserwerkes in der Letzlinger Heide. Auf Initiative Reuters entstanden 1932 Selbsthilfesiedlungen für Erwerbslose, z.B. in Lemsdorf und Birkenweiler. Außerdem initiierte er Programme zur Arbeitsbeschaffung. Auf diese Weise wurden u.a. die Jerichower Straße verlängert, die Gleisschleife an der Endstelle Sudenburg geschaffen oder alte Friedhöfe gärtnerisch neu gestaltet. 1931 rief er die Winternothilfe ins Leben. Diese bemühte sich intensiv, die Notlage zehntausender Magdeburger zu lindern, z.B. durch öffentliche Versorgung mit Lebensmitteln, durch Kleider- und Wäschespenden oder die Versorgung mit Heizmaterialien.
Am 11. März 1933 wurden Oberbürgermeister Ernst Reuter und sein Stellvertreter Bürgermeister Herbert Goldschmidt unter Anwendung von Gewalt und unter schweren Demütigungen verhaftet und aus dem Rathaus getrieben. Am 10. August 1933 meldete die Magdeburgische Zeitung, dass Oberbürgermeister Reuter auf der Grundlage des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums aus dem Dienst der Stadt Magdeburg entlassen worden war. Die Nazis nutzten dieses Gesetz insbesondere, um Beamte zu entlassen, die in kommunistischen oder sozialdemokratischen Parteien Mitglied waren.
Reuter ging 1935 nach Holland ins Exil, 1946 kehrt er nach Deutschland zurück, 1947 wurde er zum Oberbürgermeister von Gesamt-Berlin gewählt. Ernst Reuter starb am 29. September 1953 in Westberlin.
In Magdeburg wurde 1992 eine der Hauptmagistralen nach dem letzten demokratisch gewählten Oberbürgermeister vor dem Zweiten Weltkrieg benannt. Zur feierlichen Namensgebung waren sein Sohn Ezard Reuter sowie Eberhard Diepgen, seinerzeit Regierender Bürgermeister von Berlin, zu Gast in Magdeburg.