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ZEICHENHAFTE KOMPOSITIONEN
Neue Ausstellung im Stadtmuseum Borken
Borken - 27. Juli 2007. Unter dem Titel ComPosed mit Werken von Ben Joosten (Dodewaard/NL) und Eberhard Zummach (Köln) tritt im Stadtmuseum Borken erneut niederländische und deutsche Kunst in Dialog. Zeichenhafte Elemente, Lettern und Schrift, vorgefundenes Material, ob in Setzkästen oder Alltagszusammenhängen, sind bei beiden die wesentlichen Gestaltungselemente.
Im Treppenhaus des Stadtmuseums präsentiert Ben Joosten das 7,50 Meter große typografische Objekt „De lancering van het alfabet“ (Das Abheben, der Abschuss des Alphabets). Es setzt sich aus 333 zusammengerollten Drucken zusammen, erhebt sich vom Erdgeschoss bis ins 2. Obergeschoss und kann vom Betrachter quasi umwandert und assoziativ ausgelotet werden: Eine große Hommage an den Reichtum und die kategoriale Bedeutung und Schubkraft der Sprache, an die lohnenden Mühen der Verständigung und Verschriftlichung, an den immensen Reichtum unserer schriftlichen Überlieferung? Vielleicht auch eine andeutungsweise Zitation der babylonischen Verwirrung und ihrer Gefahren? Oder liefert das Objekt ganz andere Botschaften?
Das druckgrafische Schaffen von Ben Joosten reicht von kunstvoller Gebrauchsgrafik über figurative Serien bis zu abstrakten Arbeiten, die u.a. aus der Welt der Musik inspiriert sind. In der Technik des Buchdrucks arbeitend, nutzt er die formale Gestalt von Buchstaben, Zahlen und Schmuckelementen und komponiert sie zu Illustrationen und Darstellungen, die ihre reizvolle Spannung aus dem Ineinander von Abstraktion und Figuration, aus überraschender Verfremdung und neuer spielerischer Zusammensetzung gewinnen. Durch die Strenge und Solidität des typografischen Grundmaterials und die Flächigkeit der Darstellung wirken die Arbeiten nicht nur angenehm klar und leicht, oft wirken sie auch schwebend und beweglich. Angeregt durch den beständigen Umgang mit den in Setzkästen sortierten Schriftarten, -größen und Einzelbuchstaben, sind viele seiner Arbeiten auch dem Alphabet selbst und seiner grundlegenden Bedeutung gewidmet. Insgesamt dürfte es nur wenige geben, die mit den Mitteln des Buchdrucks künstlerisch so virtuos arbeiten wie Joosten. Neben der Grafik umfasst die Ausstellung eine kleine Auswahl von Bronzearbeiten. Sie geben Einblick in sein bildhauerisches Schaffen, das ebenso wie das grafische Werk manch liebe- und humorvolle Aspekte bietet.
Während Ben Joosten von Einzellettern ausgeht und von ihrer alphabetischen Bedeutung abstrahiert, baut Eberhard Zummach Grundelemente der digitalen Zeichenwelt handwerklich nach. Befreit aus der virtuellen Flüchtigkeit der Leuchtdisplays, erstehen sie als dreidimensonale hölzerne Segmente und laden den Betrachter beinahe ein, sie „begreifend“ in die Hand zu nehmen und spielerisch zu Ziffern, Buchstaben und Wörtern zusammenzusetzen. Damit können – wie etwa bei dem Objekt „Words“ – die seriellen Grundelemente von Schrift eine aktivierende Wirkung zurückgewinnen.
Das statische Bodenobjekt „Tombeau für Anna Politkovskaja“, der am 7.10.2006, dem Geburtstag Wladimir Putins, ermordeten regierungskritischen Reporterin, Buchautorin und Menschenrechtsaktivistin, fordert in seiner dezenten Gestaltung dagegen zum Innehalten auf. Das aus weißen Elementen zusammengesetzte Datum des Mordtages, in der alltäglichen, sich üblicherweise rastlos aktualisierenden Form eines Digitaldisplays im öffentlichen Raum gestaltet, scheint hier in tiefem Erschrecken stehen geblieben zu sein. Das Objekt wirkt wie eine Geste der Verweigerung dagegen, dass die Zeit über das Geschehnis „hinweggeht“ und aus unserer kurzatmigen Erinnerung schwindet. Thematisch korrespondiert das „Tombeau“ mit Ben Joostens Grafik „Guantanamo Bay“ und mit seiner grafischen Serie „Staatsbelang“ (Staatsräson) zu Verhör und gesellschaftlicher Normierung.
Stark von seiner 15-jährigen Tätigkeit als Orchestermusiker geprägt, entwickelt Eberhard Zummach zudem schwebende, bewegliche, ausbalancierte Rauminstallationen, die sich ähnlich wie musikalische Werke in Luft und Raum entfalten, oszillierend leicht wirken und dazu doch nur in der Lage sind, weil ihnen eine präzise Komposition zugrunde liegt. Die Papprollen, die er verwendet, tragen nichts außer sich selbst oder ihresgleichen und scheinen fast gewichtslos, denn sie hängen an dünnen Hightech-Fäden. Sein „Gobelin magnétique“, den er für diese Ausstellung geschaffen hat, besteht aus einem Fadenfachwerk mit Röhrenpaaren, die an einem Ende starke Magneten tragen. In elektromagnetisch störungsfreien Räumen zeigen bei Luftruhe alle Elemente nach Norden, doch schon leichte Luftbewegungen versetzen sie in waagerechte Schwingungen, so dass der „Gobelin“ zu einem belebten Spielfeld von Gravitation, Wind und Magnetismus wird. Die sensible statische Ordnung gerät in Turbulenzen, die nur sachte abklingen. Erst bei Luftstillstand stellt sich die leblose Ordnung schließlich wieder her.
Noch sehr viel prekärer und frappierender wirkt die kinetische Balance des großen Stabilés „34 Gramm“. Mit einem Minimum an Befestigungstechnik auf einem einfachen Heimwerkerbock gelagert und wie eine Balkenwaage zusammengesetzt aus einer langen Papprolle aus dem Teppichbodenhandel, einer Dachlatte und einer Glasfiberantenne, wird die Balance am extrem kurzen Ende gehalten von einem Betonring aus dem Kanalschachtbau, während am sehr langen Ende ein Luftpostbrief von 34 Gramm in einem am Zwirnsfaden hängenden Pappteller das Gegengewicht bildet. Ein Verhältnis von weniger als 1:1000, denn der Betonring wiegt 35 kg. Das komponierte Material wird in aufsteigender Folge zunehmend luftiger, ätherischer. Wie der „Gobelin magnétique“ vermag das Objekt „34 Gramm“ ganz individuelle Assoziationen zu Statik, Bewegung und Gleichgewicht, Stabilität und Verletzlichkeit, Stärke und Schwäche anzuregen. Auch in seiner teils großformatigen Fotografie löst Zummach seine Objekte mit poetischer Leichtigkeit aus ihren ursprünglichen Zusammenhängen. In den Serien „Gemini“ und „Strassfeld“ schweben die Dinge gleichsam vor das Auge des Betrachters und regen seine Wahrnehmungs- und Assoziationsgabe an. Dass es sich um die ausschnitthafte Abbildung von Obst, Gemüse und folienverpackten Heuballen handelt, ist für Zummach von nachgeordneter Bedeutung. Zwar lassen sich die fotografierten Objekte als serielle Typen einer ganzen „Spezies“ auffassen, doch zugleich regt uns Zummach dazu an, Dingen, Pflanzen und Lebewesen wieder direkt statt in ihren digitalen Reproduktionen zu begegnen. Spielerische Leichtigkeit und feiner Humor, präzise und geduldige Arbeit mit dem Material, Reflexionsfreude und Reflexionsvermögen nicht nur hinsichtlich der gestalterischen Entwicklung, sondern auch hinsichtlich der öffentlichen Funktion der Bildenden Kunst sind Ben Joosten wie Eberhard Zummach eigen. Dass sie ihre Arbeiten unter dem Titel COMPOSED quasi auch in einen deutsch-niederländischen Dialog einbetten, ist insbesondere der Inspiration Marcella van der Grintens zu danken, deren Haus in Kranenburg seit langem ein anregender und produktiver Fixpunkt für deutsche wie niederländische Künstlerinnen und Künstler ist.
Ausstellungsdauer: bis 30.9.2007 Öffnungszeiten: Di.-Sa. 15.00-18.00 Uhr – So. 10.30-17.30 Uhr
Stadtmuseum Borken Marktpassage 6 – 46325 Borken Tel. 02861 / 939-242, -217 stadtmuseum@borken.de www.stadtmuseum.borken.de
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