Peter Dübbert, Präsident der Ingenieurkammer-Bau NRW

25.04.2008
Peter Dübbert, Präsident der Ingenieurkammer-Bau NRW
„Ministerialbürokratie treibt 1100 Ingenieurbüros in den Ruin“

Zwölf Jahre keine Gehaltserhöhung? Für Bau- und Vermessungsingenieure und Architekten ist dies traurige Realität. Denn die Honorarordnung, nach der beide Berufsgruppen - vergleichbar Rechtsanwälten oder Steuerberatern - ihre Leistungen abrechnen, ist seit 1996 unverändert geblieben. Das Bundeswirtschaftsministerium hat kürzlich den Entwurf für eine novellierte Honorarordnung vorgelegt und damit unter Ingenieuren und Architekten blankes Entsetzen ausgelöst. Für Dipl.-Ing. Peter Dübbert, Präsident der Ingenieurkammer-Bau NRW mit mehr als 10.000 Mitgliedern, ist der Entwurf „eine Ohrfeige für den Berufsstand“.

Es sind vor allem zwei Aspekte in dem Referentenentwurf, die bei Dübbert „Entsetzen“ hervorrufen. Mit der Aufsplittung der so genannten Leistungsphasen in honorarverbindliche und frei verhandelbare Teile (siehe „Stichwort“) solle ein Systemwechsel eingeleitet werden:

„Es geht nicht mehr um die Qualität von Planungsleistungen als Grundlage für wirtschaftliches Bauen, sondern nur noch um den Preis.“ Der Kammer-Präsident kann sich „des Eindrucks nicht erwehren, dass dieser Entwurf als Mittel dient, finanzielle Interessen öffentlicher Auftraggeber auf Kosten der Baukultur durchzusetzen“.

Zweiter Aspekt: Der de facto schon jetzt „katastrophale Preiswettbewerb“ unter Planungsbüros könne durch eine verbindliche Honorarordnung eingedämmt werden. Doch die Entwurfsnovelle bewirke das Gegenteil: Indem sie Teile der HOAI für unverbindlich erkläre, setze sie die Ingenieurbüros einem zusätzlichen Preisdruck durch die Auftraggeber aus. „Der Entwurf ignoriert die wirtschaftliche Situation vieler Planungsbüros völlig.“

So habe ein repräsentatives Gutachten zur Kosten- und Ertragssituation von Ingenieurbüros ergeben, dass ein Drittel aller Büros in Deutschland mit Verlust arbeiteten. Dübbert: „Und in 50 Prozent aller Ingenieurbüros verdient der Inhaber mit maximal 30.000 Euro im Jahr weniger als ein Schulhausmeister.“ Seit 1996 seien die Bruttoverdienste von Arbeitern um 22 Prozent und die von Angestellten um 31 Prozent gestiegen. Bei den Ingenieuren aber herrsche ungeachtet dramatisch gestiegener Kosten seit Jahren Stillstand.

Peter Dübbert: „Dieser Verordnungsentwurf ist eine Mogelpackung. Er ist klar mittelstandsfeindlich und wird allein in Nordrhein-Westfalen 1100 Ingenieurbüros mit insgesamt rund 3000 Mitarbeitern, die schon jetzt ums Überleben kämpfen, endgültig in den Ruin treiben. Für den Ingenieurnachwuchs ist er das völlig falsche Signal und leider auch für die Bauqualität in unserem Land.“

In einer öffentlichen Anhörung des Bundeswirtschaftsministeriums zur HOAI-Novelle haben Ingenieure und Architekten den Entwurf in Gänze als „nicht verhandelbar“ zurückgewiesen. Zeitweilig nahm an der Anhörung auch der Parlamentarische Staatssekretär Hartmut Schauerte teil. Er ist Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung und Vorsitzender der CDUMittelstandsvereinigung in NRW. Zumindest weiß er jetzt, was Ingenieure und Architekten von dem HOAI-Entwurf halten - nämlich gar nichts.

Stichwort: HOAI

Jedes Bauvorhaben, ob Bürogebäude oder Schwimmbad, Straßen oder Brücken, Konzertsaal oder Klärwerk, erfordert eine detaillierte Planung. Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, kurz: HOAI, beschreibt die hierfür erforderlichen Leistungen in insgesamt neun Leistungsphasen und ordnet ihnen Honorarzonen zu, die für den Ingenieur bzw. Architekt bindend sind. Der Auftraggeber, ob Privatmann, Unternehmen oder Kommune, kann sicher sein, dass er bei Beauftragung einer Leistungsphase die darin beschriebenen Ingenieurleistungen auch erhält. In der Regel werden bei einem Bauprojekt alle neun Leistungsphasen - vom Vorentwurf bis zur Ausführungsüberwachung - in Auftrag gegeben. Der HOAI-Entwurf des Bundeswirtschaftsministeriums sieht jedoch nur noch für die ersten fünf Leistungsphasen verbindliche Honorare vor. Das Honorar für die übrigen Phasen soll zukünftig frei verhandelbar sein. Peter Dübbert: „Damit ist der Planer dem Auftraggeber gleichsam ausgeliefert. Die Novelle wird zu einem ruinösen Preiswettbewerb führen und die Existenz vieler Planungsbüros vernichten.“

Dipl.-Ing. Peter Dübbert (61) ist Präsident der Ingenieurkammer-Bau NRW. Als öffentlich-rechtlicher Körperschaft obliegt der Kammer mit Sitz in Düsseldorf die berufsständische Selbstverwaltung von mehr als 10.000 Ingenieuren, die im Bau- und Vermessungswesen tätig sind. Dübbert ist Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur und hat ein Vermessungsbüro in Köln.

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