Landeshauptstadt Magdeburg: PRESSEINFORMATIONEN

Magdeburg, 08. September 2009

26 weitere Stolpersteine erinnern an das Schicksal Magdeburger Opfer des Nationalsozialismus

OB Dr. Lutz Trümper weiht am Freitag, 12.00 Uhr Erinnerungsmale ein

Zum sechsten Mal werden in Magdeburg Stolpersteine zur Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus gesetzt. Der Arbeitskreis "Stolpersteine" verlegt gemeinsam mit Angehörigen der Opfer und Spendern dieser Erinnerungsmale am kommenden Freitag, dem 11. September, 26 neue Stolpersteine. Interessierte Magdeburgerinnen und Magdeburger sind eingeladen, an den Einweihungen teilzunehmen und der Opfer zu gedenken.

 

"Mit den neuen Stolpersteinen erinnern wir an das individuelle Schicksal von 26 jüdischen Magdeburgerinnen und Magdeburgern, die während der NS-Zeit deportiert und ermordet wurden", so Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper. "Wir gedenken damit ehemaliger Mitbürger und setzen ein weiteres Zeichen gegen das Vergessen der Nazidiktatur in unserer Stadt."

 

Der Oberbürgermeister wird gemeinsam mit dem Kölner Künstler Gunter Demnig am Freitag, um 12.00 in der Jakobstraße/Ecke Neustädter Straße zur Verlegung von fünf Stolpersteinen für die Familie Herz Worte des Gedenkens sprechen. Die Steine erinnern an Mechel, Bernhard, Mali, Betti und Adolf Hersch Herz. Mechel Herz war Kaufmann, der viele Jahre in Magdeburg lebte und arbeitete. 1938 zog er als Witwer im Alter von 81 Jahren zu seinem Sohn in die Jakobstraße 7. Weil der Sohn 1939 vor den Nazis nach Belgien floh, blieb Mechel Herz allein in Magdeburg zurück. 1942 musste er mit 85 Jahren in das "Judenhaus" in der Brandenburger Straße 2a umziehen, wo auch seine Schwiegertochter Gusta lebte, bevor sie am 11. Juli 1942 in das Warschauer Ghetto deportiert wurde. Nur kurze Zeit später, im November 1942, wurde Mechel Herz nach Theresienstadt deportiert. Dort ging er im Februar 1943 als 86-Jähriger an den schrecklichen Zuständen zugrunde.

 

Sein Sohn – der Kaufmann Bernhard Herz – und dessen Familie konnten 1939 zunächst nach Belgien fliehen. Nach dem Überfall Deutschlands auf Belgien wurden Bernhard Herz und seine drei großen Kinder Mali, Betti und Adolf Hersch Herz von den Nationalsozialisten inhaftiert und in das SS-Sammellager Mechelen (frz. Malines) verschleppt. Wenige Wochen später, am 11.August 1942 wurden sie nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Seine Ehefrau Branka konnte sich vor den Nazis in einem katholischen Kloster verstecken. Sie brachte kurze Zeit später, am 26. Dezember 1942, den gemeinsamen Sohn Max zur Welt. Während Branka Herz nach 1945 in Belgien blieb, ging ihr Sohn Max später nach Israel.

 

An dem Gedenken in der Jakobstraße nehmen auch Enkel und Urenkel der Familie Herz teil.

 

Die 26 neuen Stolpesteine werden am Freitag in folgender Reihenfolge verlegt: Hugo Franck (10.00 Uhr, Niegripper Straße 21/nahe Ziegeleistraße), Sophie Masting (ca. 10.45 Uhr, Sandtorstraße 8/vor dem Eingang des Max-Planck-Instituts), Geschwister Golda, Ernestine, Sophie, Siegmund und Carla Platzer (ca. 11.10 Uhr, Ernst-Lehmann-Straße 19), Ehepaare Mina und Szmul Ela Blajwas sowie Hanna und Hirsch Perl (ca. 11.35 Uhr, Neustädter Straße 11), Familie Mechel, Bernhard, Mali, Betti und Adolf Hersch Herz (ca. 12.00 Uhr Jakobstraße /Ecke Neustädter Straße), Agnes und Minna Platzer (ca. 12.40 Uhr, Stephansbrücke/Weg zwischen Johanniskirche und Seniorenresidenz "Elbblick"), Ehepaar Fanny und Felix Kreisel (ca. 13.30 Uhr, Jakobstraße/Ecke Julius-Bremer-Straße) sowie Familie Otto, Erna und Adele Mark (ca. 15.00 Uhr, Otto-von-Guericke-Straße 58).

 

Mit der Verlegung der neuen Stolpersteine steigt die Gesamtzahl dieser Erinnerungsmale im Stadtgebiet auf nunmehr 141. Verlegt werden alle Stolpersteine von dem Kölner Künstler Gunter Demnig. In die Messingoberfläche sind die Namen und biografischen Daten der Opfer, der Zeitpunkt der Deportation und der Deportationsort eingraviert. Seit 1997 setzt Gunter Demnig diese zehn mal zehn Zentimeter großen Betonquader mit eingelassener Messingplatte in den Boden vor ehemalige Wohnhäuser und Wirkungsstätten von Opfern des Nationalsozialismus.

 

Finanziert werden die Erinnerungsmale ausschließlich durch Spenden. "Die Bereitschaft, mit Spenden die Patenschaft für die Stolpersteine zu übernehmen, verdient Dank und Anerkennung. Je mehr Menschen dieses Projekt mit einer Spende unterstützen, umso mehr Steine können weiterhin verlegt werden", wirbt Dr. Lutz Trümper gleichzeitig auch für die künftige Unterstützung in der Bürgerschaft.

 

Ein Stein kostet 95,- Euro. Hinzu kommen 25 Euro für die Dokumentation in einem "Magdeburger Gedenkbuch", das möglichst viele Angaben über Leben und Schicksal der ermordeten Menschen aufnimmt. Das Buch wird zusammengetragen von Vereinen, Initiativen, Schulklassen und Einzelpersonen und widmet sich der Spurensuche nach dem Lebensweg der Ermordeten. Die Seiten für die neuen Stolpersteine sind bereits gedruckt.

 

Alle 141 Erinnerungsmale sind auch in einen neuen Stadtplan verzeichnet. Der Plan mit den Verlegeorten ist ab sofort im Kulturbüro (Julius-Bremer-Straße 8), in der Tourist-Information (Ernst-Reuter-Allee 12) und im Alten Rathaus erhältlich.

 

Weitere Spenden für künftige Verlegungsaktionen von Stolpersteinen können auf das Konto 140 00 101 bei der Stadtsparkasse Magdeburg (BLZ: 81053272) überwiesen bzw. eingezahlt werden. Als Verwendungszweck muss dabei unbedingt die Ziffernfolge 0.54100.050014.3 angegeben werden.

 

Für Fragen und weitere Informationen zu den Stolpersteinen stehen die Mitarbeiter des Kulturbüros der Stadtverwaltung unter der Rufnummer 5 40 21 34 zur Verfügung.

 

 

 

 

Hintergrundinformationen

Der Magdeburger Stadtrat hat 2005 auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beschlossen, sich der Möglichkeit des Erinnerns und Gedenkens durch so genannte Stolpersteine vor Hauseingängen und auf Gehwegen anzuschließen, von denen es mehr als 10.000 in über 190 Städten und Gemeinden Deutschlands gibt.

 

Eine Arbeitsgruppe, der neben der Stadtverwaltung und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auch die Vereine "Miteinander e.V." und "Förderverein Neue Synagoge Magdeburg e.V." sowie das Ökumenische Domgymnasium angehören, haben Informationen über die Personen zusammengetragen, denen die neuen Stolpersteine gewidmet sind.

 

Weitere Informationen über die Stolpersteine in der Landeshauptstadt Magdeburg sind im Internet unter http://www.magdeburg.de zu finden.




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Stadt Magdeburg
Frau Dr. Cornelia Poenicke
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