Pressemeldung der Stadt Bocholt

Bocholt, 12. Oktober 2009

Zukunft der Religion in Europa

Dialog und Diskussion im Rathaus

Bocholt (pd).

An einer hochkarätig besetzten Podiumsdiskussion zum Thema „Interreligiöser Trialog: Zur Zukunft der Religion in Europa“ nahmen im Rathaus Bocholt rund einhundert interessierte Menschen teil.

Die Veranstaltung war angeboten worden von der VHS Bocholt-Rhede-Isselburg in Zusammenarbeit mit der "Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Arbeitsgemeinschaft Westmünsterland", der "Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit, Westmünsterland", der Stadt Bocholt und deren Europe Direct-Informationszentrum Bocholt, den Bocholter Kirchengemeinden und der Buchhandlung Böckenhoff und Honsel, Bocholt.

 

Der Bürgermeister der Stadt Bocholt, Peter Nebelo, hob in seinen Begrüßungsworten die Notwendigkeit und Bedeutung des interreligiösen Gespräches hervor und leitete damit direkt über zu Prof. Dr. Karl Helmer, Bocholt, der als Moderator gekonnt durch den Abend begleitete und die Referenten biografisch vorstellte: Für musikalische Unterbrechungen sorgte Bettina Oehmen mit poetischen Liedern aus Israel.

 

Der erste Redner des Abends war Rabbiner Prof. Dr. Dr. Jonathan Magonet aus London, emeritierter, international hoch angesehener Gründungsrektor des Leo-Baeck-Colleges in London. Magonet hob die religiösen, philosophischen, kulturellen und sprachlichen Gemeinsamkeiten der großen abrahamitischen Religionen, besonders von Judentum und Islam hervor, die vor dem Hintergrund des Nahostkonfliktes leider oft kaum wahrgenommen würden. Er betonte, dass das Führen des Dialogs gerade deshalb von größter Bedeutung sei, um dem Konflikt das Gemeinsame als Basis für die Zukunft gegenüber zu stellen. Hierfür sei es je religionsintern notwendig, auch und gerade mit den konservativen Kräften zu arbeiten.

Der Vorsitzende der deutschen Muslimliga, Bonn, Schech einer Sufi-Gemeinschaft und Mitglied u.a. im Weltrat der Religionen (URI), Schech Bashir Ahmed Dultz plädierte für die freie Wahl der Religion in jeder Gesellschaft und dafür, dass jeder Mensch und jede der Religionen für sich erkennen solle, dass sie zwar für sich selbst aber nicht notwendiger Weise für den jeweils anderen Menschen den Anspruch auf abschließende, absolute Wahrheit erheben könne. In seinen weiteren Ausführungen machte er u.a. deutlich, dass in Deutschland Mängel im öffentlich verantworteten Angebot des Islamunterrichts bestünden, das Bestattungswesen vieler Orts nicht auf die Bedürfnisse der anderen Religionen eingehe und in Relation zur Bevölkerung zu wenig zentrale Moscheen errichtet würden. Im Rahmen der Diskussion empfahl Schech Bashir der Stadt Bocholt entsprechend dem Beispiel anderer Kommunen, die damit gute Erfahrungen gemacht hätten, einen „Rat der Muslime für Bocholt“ zu gründen.

 

Der katholische Pfarrer Hans-Rudolf Gehrmann, St. Georg-Kirche, Bocholt, betonte, dass heutige Religion sich darauf besinnen möge, ihre eigene Position als nicht mehr „allein selig machend“ zu begreifen. Er stellte zudem klar, dass alle drei thematisierten Religionen in Europa unter dem Eindruck des Wertewandels, des Verlustes traditioneller Werte stünden. Es ginge hingegen um die Solidarität aller Menschen guten Willens, dazu hätten die Christen insbesondere die befreiende und gewaltfreie Botschaft der Bergpredigt beizutragen. Diese sei in besonderer Weise von der wesentlich von Hans Küng ins Leben gerufenen Stiftung „Weltethos“ formuliert worden.

 

Axel Gehrmann, Pfarrer an der evangelischen Christus-Kirche in Bocholt, stellte die Frage, warum es den Religionen nicht (mehr) gelänge, die gesellschaftliche Wirklichkeit zu bestimmen. Er plädierte dafür, einerseits offen zu schauen, was vor Ort geschieht, andererseits nicht bloß zu schauen, was „in“ sei, sondern in der Besinnung auf die Wurzeln des Seins gemeinsam mit den anderen Religionen und Konfessionen nach der Sinnstiftung zu trachten. Er zitierte Bischof Huber, der bezüglich der Basis des Miteinanders der Religionen vom Verhältnis zueinander von einer „versöhnten Verschiedenheit“ sprach und empfahl, offen zu sein für Gottes Geist.

 

Im Anschluss an die Statements der Referenten gab es eine Diskussion u.a. die Möglichkeiten der interreligiösen Begegnung, den Rechtsstatus der Religionsgemeinschaften, die Frage der Religionsfreiheit in manschen muslimischen Staaten und die Frage, warum der Gottesbegriff  nicht in der europäischen Verfassung auftauche.

Pressekontakt: Stadt Bocholt - Fahrradfreundlichste Stadt Deutschlands, Fachbereich Zentrale Verwaltung, Partnerschaftsbeauftragte Petra Taubach, Telefon 0 28 71 95 33 28, E-Mail: ptaubach@mail.bocholt.de


Zu dieser Meldung können wir Ihnen folgendes Medium anbieten:

Prof. Dr. Karl Helmer
Prof. Dr. Karl Helmer bei der VHS-Veranstaltung am 8. Oktober 2009 im Ratssaal des Neuen Rathauses in Bocholt - Foto: Petra Taubach, Stadt Bocholt