Landeshauptstadt Magdeburg: PRESSEINFORMATIONEN

Magdeburg, 19. November 2009

Sieben weitere Stolpersteine erinnern an das Schicksal Magdeburger Opfer des Nationalsozialismus

OB Dr. Lutz Trümper weiht am Montag, 9.00 Uhr Erinnerungsmale ein

Zum siebten Mal werden in Magdeburg Stolpersteine zur Erinnerung an Opfer des Nationalsozialismus gesetzt. Der Arbeitskreis "Stolpersteine" verlegt gemeinsam mit Angehörigen der Opfer und Spendern dieser Erinnerungsmale am kommenden Montag, dem 23. November, sieben neue Stolpersteine. Interessierte Magdeburgerinnen und Magdeburger sind eingeladen, an den Einweihungen teilzunehmen und der Opfer zu gedenken.

 

"Mit den neuen Stolpersteinen erinnern wir an das individuelle Schicksal von Magdeburgerinnen und Magdeburgern, die während der NS-Zeit deportiert und ermordet wurden", so Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper. "Wir gedenken damit ehemaliger Mitbürger und setzen ein weiteres Zeichen gegen das Vergessen der Nazidiktatur in unserer Stadt."

 

Der Oberbürgermeister wird gemeinsam mit dem Kölner Künstler Gunter Demnig am Montag, um 9.00 Uhr an der Westseite der Johannisbergstraße (unterhalb der Johanniskirche) zur Verlegung von vier Stolpersteinen für die Familie Pressler Worte des Gedenkens sprechen. Die Steine erinnern an vier Familienmitglieder des in Magdeburg geborenen Pianisten Prof. Menahem Pressler, der an der Verlegung der Erinnerungsmale für das Ehepaar Mendel und Itta Pressler sowie für Regina Pressler und ihre Tochter Frieda teilnimmt.

 

Mendel Pressler war Kaufmann und hatte mit seiner Frau Itta im Knochenhauerufer 30 gewohnt. Aus dem Leben des Paares ist nicht viel bekannt. Sie gehörten zu den wenigen Mitgliedern der Familie Pressler, die nach 1933 nicht aus Deutschland fliehen konnten. Ihrer Tochter Dora jedoch gelang die Flucht. Mendel Pressler wurde am 3. Oktober 1938 verhaftet, in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert und dort am 27. Oktober ermordet. Die nach Magdeburg gesandte Urne wurde auf dem Jüdischen Friedhof beigesetzt. Die Witwe Itta Pressler musste im Mai 1942 ihre Wohnung verlassen und wurde von den Nationalsozialisten in ein sogenanntes Judenhaus eingewiesen. Dort lebte sie fast sieben Monate in einer kleinen Kammer, bevor sie am 2. Dezember nach Theresienstadt deportiert wurde. Die inzwischen 70-Jährige lebte dort ein Jahr unter menschenunwürdigen Umständen, bevor sie am 18. Dezember 1943 nach Auschwitz transportiert und dort ermordet wurde.

 

Regina Pressler war bei der Machtübernahme der Nationalsozialisten Witwe, ihr Mann Samuel Leib Pressler starb 1931. Sie blieb mit der gemeinsamen Tochter Frieda und Kindern aus der ersten Ehe ihres verstorbenen Mannes in der Wohnung in der Hansestraße zurück.

In der Volkszählungsliste von 1939 und im bundesdeutschen Gedenkbuch wurde Regina Pressler nur noch mit ihrer Tochter Frieda unter ihrem Mädchennamen Kupferschmidt genannt, vermutlich um nicht so leicht von den Nationalsozialisten entdeckt zu werden. Nach Auskunft der Angehörigen sind beide später entweder zu Itta Pressler in das Knochenhauerufer 30 oder in das Haus des Stiefsohnes bzw. Stiefbruders Moritz, Joahnnisberg 15a, gezogen. Im September 1942 wurden Regina und Frieda Pressler im Abstand von zehn Tagen nach Auschwitz deportiert und von den Nationalsozialisten ermordet.

 

Die sieben neuen Stolpesteine werden am Montag in folgender Reihenfolge verlegt: Für das Ehepaar Mendel und Itta Pressler sowie Regina und Frieda Pressler (9.00 Uhr unterhalb der Johanniskirche), für Rose Renke (15.30 Uhr, Immermannstraße 21), für Hsoum Ling-Li (16.00 Uhr, Krügerbrücke/Ecke Himmelreichstraße) und Benno Meyer (16.30 Uhr, Regierungsstraße/gegenüber vom Kloster Unser Lieben Frauen).

 

Mit der Verlegung der neuen Stolpersteine steigt die Gesamtzahl dieser Erinnerungsmale im Stadtgebiet auf nunmehr 148. Verlegt werden alle Stolpersteine von dem Kölner Künstler Gunter Demnig. In die Messingoberfläche sind die Namen und biografischen Daten der Opfer, der Zeitpunkt der Deportation und der Deportationsort eingraviert. Seit 1997 setzt Gunter Demnig diese zehn mal zehn Zentimeter großen Betonquader mit eingelassener Messingplatte in den Boden vor ehemalige Wohnhäuser und Wirkungsstätten von Opfern des Nationalsozialismus.

 

Finanziert werden die Erinnerungsmale ausschließlich durch Spenden. "Die Bereitschaft, mit Spenden die Patenschaft für die Stolpersteine zu übernehmen, verdient Dank und Anerkennung. Je mehr Menschen dieses Projekt mit einer Spende unterstützen, umso mehr Steine können weiterhin verlegt werden", wirbt Dr. Lutz Trümper gleichzeitig auch für die künftige Unterstützung in der Bürgerschaft.

 

Ein Stein kostet 95,- Euro. Hinzu kommen 25 Euro für die Dokumentation in einem "Magdeburger Gedenkbuch", das möglichst viele Angaben über Leben und Schicksal der ermordeten Menschen aufnimmt. Das Buch wird zusammengetragen von Vereinen, Initiativen, Schulklassen und Einzelpersonen und widmet sich der Spurensuche nach dem Lebensweg der Ermordeten.

 

Alle 148 Erinnerungsmale sind auch in einen neuen Stadtplan verzeichnet. Der Plan mit den Verlegeorten ist ab sofort im Kulturbüro (Julius-Bremer-Straße 8), in der Tourist-Information (Ernst-Reuter-Allee 12) und im Alten Rathaus erhältlich.

 

Weitere Spenden für künftige Verlegungsaktionen von Stolpersteinen können auf das Konto 140 00 101 bei der Stadtsparkasse Magdeburg (BLZ: 81053272) überwiesen bzw. eingezahlt werden. Als Verwendungszweck muss dabei unbedingt die Ziffernfolge 0.54100.050014.3 angegeben werden.

 

Für Fragen und weitere Informationen zu den Stolpersteinen stehen die Mitarbeiter des Kulturbüros der Stadtverwaltung unter der Rufnummer 5 40 21 34 zur Verfügung.

 

 

 

Hintergrundinformationen

Der Magdeburger Stadtrat hat 2005 auf Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen beschlossen, sich der Möglichkeit des Erinnerns und Gedenkens durch so genannte Stolpersteine vor Hauseingängen und auf Gehwegen anzuschließen, von denen es mehr als 10.000 in über 190 Städten und Gemeinden Deutschlands gibt.

 

Eine Arbeitsgruppe, der neben der Stadtverwaltung und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auch die Vereine "Miteinander e.V." und "Förderverein Neue Synagoge Magdeburg e.V." sowie das Ökumenische Domgymnasium angehören, haben Informationen über die Personen zusammengetragen, denen die neuen Stolpersteine gewidmet sind.

 

Weitere Informationen über die Stolpersteine in der Landeshauptstadt Magdeburg sind im Internet unter http://www.magdeburg.de zu finden.




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