25. März 2013
Kreis Viersen
Erfreut über die gute Resonanz ist VHS-Fachbereichsleiter Manfred Böttcher nach den ersten vier Veranstaltungen der VHS-Reihe „Gut leben in der Wirtschaftskrise“. Böttcher: „Zunehmend sehen vor allem jüngere Menschen die Notwendigkeit, sich und die Gesellschaft krisenfester zu machen.“ Und so stieß Deutschlands „härtester Konsumkritiker“, der Oldenburger Volkswirtschaftler Professor Dr. Nico Paech, auf Zustimmung, als er zu Beginn der VHS-Reihe in Viersen sein Konzept der Postwachstums-Ökonomie vorstellte. Paech empfahl, sich konsequent vom Überfluss zu befreien: „Souverän ist nicht, wer viel hat, sondern wer wenig braucht.“ Wer ökologische Zusammenhänge und Gerechtigkeit ernst nehme, müsse die lokale Selbstversorgung stärken.
In drei - gemeinsam mit der Umweltgruppe der Kempener Kirchengemeinden gestalteten - Veranstaltungen nahmen im Anschluss sieben Experten Stellung. Ulf D. Posé, Präsident des Ethikverbandes der Deutschen Wirtschaft, konnte der Wachstumskritik wenig abgewinnen. Er setzte auf Innovation und Verantwortung der Manager: „Wirtschaft lebt von der Profitorientierung. Die Führungskräfte sollten sich aber selbst verpflichten, einer Handlungsethik zu folgen, in der Respekt, Fairness und Vertrauenswürdigkeit groß geschrieben werden.“
Dr. Hermann E. Ott, Bundestagsabgeordneter und Arbeitsgruppenleiter bei der Enquete-Kommission Wirtschaft, Wachstum, Lebensqualität, widersprach: „Freiwillige Vereinbarungen und Selbstverpflichtungen reichen nicht. Die ökologische Transformation der Wirtschaft braucht gesetzliche Vorgaben.“ Die seien aber – so Ott - nicht im politischen Konsens zu erzielen. Gerd Faruß, Arbeitsgruppe „Kurswechsel“ beim Deutschen Gewerkschaftsbund, sagte: „Selbst die Gewerkschaften stehen mittlerweile für einen wirtschaftlichen Kurswechsel, der die Zerstörung des Sozialen verhindert und die Ausplünderung der Natur beendet.“ Dazu müssten die Finanzmärkte reguliert, die Verwilderung des Arbeitsmarkts beendet und das Steuersystem gerechter werden.
Die anderen VHS-Experten setzten mehr darauf, dass jeder Einzelne seinen persönlichen und beruflichen Alltag anders orientiert. Louisa Kistemaker, wissenschaftliche Mitarbeiterin des unter „LAG 21“ firmierenden nordrhein-westfälischen Zusammenschlusses von auf Nachhaltigkeit orientierten Kommunen, Initiativen und Einzelpersonen: „ Die gesetzlichen Rahmenbedingungen und Gütesiegel ermöglichen den Verbrauchern und Firmen schon jetzt umweltfreundlich und sozialverträglich einzukaufen.
Roland Kühne, Berufsschulpfarrer und Initiator des Kempener Haiti-Projekts, argumentierte für die Verantwortung des Einzelnen. Aus Erinnerungen an den Film „Der Marsch“, einem Zitat des Schweizer Autors und Politikers Jean Ziegler und der biblischen Schilderung der wunderbaren Brotvermehrung folgerte er: „Wir müssen jedem Menschen dienen und ihm die Probleme dieser Welt bewusst machen.“
Wie schwierig das sein kann, machte Angela Aretz, Leiterin des Kinderheims „Arbol des la Esperanza“ in der ecuadorianischen Hauptstadt Quito, am Beispiel der Erfahrungen deutlich, die ein ehemaliger ecuadorianischer Kinderheimbewohner in Deutschland gemacht hat. „Er ist bei dem ganzen Überfluss fast verrückt geworden und wollte wieder zurück.“ Umgekehrt stelle sie fest, dass es den Reichen schwer falle, Armut auch dann wahrzunehmen, wenn die Kinder genug zu essen und einige Spielsachen haben.
Auch der 22-jährige Benjamin Laks, deutsch-französischer Student im Bereich Governance und Nachhaltigkeit, plädierte dafür, dass die Wohlhabenden ihren Kurs der materiellen Selbstverwirklichung beenden: „Rohstoffknappheit und die Überdehnung der ökologischen Grenzen lassen uns keine Alternative.“
Böttcher sagte: „Knappe Mittel und demografischer Wandel sind auch eine Chance. Sie regen zum Umdenken an.“ Die persönliche und gesellschaftliche Widerstandskraft gelte es zu stärken.
Die VHS-Reihe „Gut leben in der Wirtschaftskrise“ wird am 21. April mit dem Schwerpunkt „Geld“ in Amern und Waldniel fortgesetzt. Zu Gast sind unter anderen die Göppinger Bestseller-Autoren Matthias Weik und Marc Friedrich. Die Veranstaltung findet statt von 15 bis 16 Uhr im Mühlenturm auf der Dorfstraße 1 in Amern. Der Eintritt ist frei. Auskünfte unter Telefon 02162/934813 oder manfred.boettcher@kreis-viersen.de
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Matthias Weik und Marc Friedrich
Matthias Weik (links) und Marc Friedrich sind die Autoren des Bestsellers "Der größte Raubzug der Geschichte", einem Buch zur Finanzkrise
Foto: Tectum Verlag / Abdruck honorarfrei
Herausgeber:
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