(pen) Nach fast einjähriger Planung und Vorbereitung startet an der Hellwegschule in Witten ein Projekt, das sich die stärkere Integration von Zuwandererfamilien in das Schulleben und gleichzeitig auch in die Gesellschaft auf die Fahnen geschrieben hat. Aufgegriffen, gefördert und als Potential bewertet wird dabei insbesondere die Zweisprachigkeit der Kinder und Eltern. Aus guten Gründen, denn zum einen gilt es die Bedeutung der Muttersprache zu berücksichtigen, wenn eine Zweitsprache erfolgreich erlernt werden soll. Zum anderen dient die Mehrsprachigkeit als Motor für die Entwicklung einer bikulturellen Identität der Zuwandererfamilien. Das Projekt, das im Rahmen des Landesprogramms „Rucksack in der Grundschule“ umgesetzt wird, wurde von der Regionalen Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus Zuwandererfamilien entwickelt. Betreut wird es vom Kommunalen Integrationszentrum des Ennepe-Ruhr-Kreises.
Ab sofort bietet die Grundschule einmal wöchentlich einen Kurs für Eltern mit türkischer Muttersprache an. Begleitet werden die Teilnehmer von Gülsüm Chantil und Lenure Bal. Die beiden Frauen, gleichzeitig Mütter von Kindern, die die Hellwegschule besuchen, sprechen fließend Deutsch, ihre Muttersprache ist türkisch. „Beste Voraussetzungen, die wir mit einer zielgerichteten Vorbereitung auf die Kursleitung noch weiter verbessert haben und auch zukünftig mit Fortbildungen weiter verbessern werden“, berichtet Annette Bußmann vom Kommunalen Integrationszentrum.
Woche für Woche wollen Chantil und Bal die Schulthemen der Kinder aufgreifen und in der Muttersprache mit den Eltern bearbeiten. Die Kinder haben somit die Chance, die im Unterricht in deutscher Sprache vermittelten Inhalte zuhause gemeinsam mit den Eltern nachzuarbeiten. Die Initiatoren sind sich sicher: Hierdurch werden nicht nur Sprachbarrieren abgebaut, Eltern werden vlelmehr auch in die Lage versetzt, ihre Kinder bei den Hausaufgaben tatkräftig zu unterstützen.
Neben Sprachförderung und Elternbildung setzen die Schule und das Kommunale Integrationszentrum auf zahlreiche „Nebenwirkungen“. „Dies sind beispielsweise eine stärkere Vernetzung der Eltern mit der Schule, ein Vertraut werden mit Bildungseinrichtungen, eine Förderung der Kommunikation zwischen Eltern und Schule, eine allgemeine interkulturelle Öffnung und ein verstärkter kultureller Austausch, die Förderung der Bilingualität von Kindern und Eltern, ein Ausbau der Rolle von Eltern als Vorbilder des Lernens und ein allgemeiner Austausch zwischen Eltern mit oft ähnlichen Fragen rund um Erziehung und Lernen“, zählt Bußmann auf.
Witten ist die erste Stadt im Ennepe-Ruhr-Kreis, die für das Programm „Rucksack in der Grundschule“ eine Kooperationsvereinbarung mit dem Kreis unterzeichnet hat. Die Hellwegschule hat mit entsprechenden Beschlüssen in Lehrer- und Schulkonferenz dokumentiert, dass sie dem Projekt sehr positiv gegenübersteht. „Zudem“, so Bußmann, „haben wir mit Gülsüm Chantil und Lenure Bal zwei hoch motivierte Mütter gefunden, die bereit waren, sich als Elternbegleiterinnen ausbilden zu lassen und als Kursleiterinnen zur Verfügung zu stellen.“ Ebenso wichtig: Der Förderverein der Schule, der Integrationsrat Witten und der Rotarier Club Witten konnten als Förderer gewonnen werden. Sie tragen mit ihrer finanziellen Unterstützung dazu bei, das Projekt langfristig möglich zu machen.
Ein Projekt übrigens, das dank ehrenamtlichen Einsatzes und mit Unterstützung des Lions Club im Ennepe-Ruhr-Kreis in Gevelsberg bereits 2006 Premiere feierte. Also lange, bevor das Kommunale Integrationszentrum seine Arbeit aufgenommen hat. Bußmann wird auch in Gevelsberg zukünftig unterstützen. „Und falls Interesse aus anderen Städten des Kreises signalisiert wird, die Mitarbeiter des Integrationszentrums im Schwelmer Kreishaus sind jederzeit ansprechbar.“
Stichwort Programm „Rucksack in der Grundschule“
Das Programm zielt darauf ab, Kindern mit Zuwanderungsgeschichte eine durchgängige Sprachförderung zu gewährleisten. Dabei verbindet es die Sprachförderung der Bildungseinrichtung mit einem Konzept der Elternbildung. Zugleich wird die Herkunftssprache als Ressource und Lerngrundlage gesehen und somit die Mehrsprachigkeit aller Beteiligten gefördert. Ziel ist es zum einen, die Partnerschaft zwischen Schule und Elternhaus im Rahmen der Entwicklung und Förderung der Kinder zu intensivieren und in Folge die Bildungschancen der Kinder zu erweitern. Zum anderen wird die Erziehungs- und Sozialkompetenz der Eltern gestärkt. Und nicht zuletzt zielt das Programm darauf ab, die interkulturelle Öffnung von Schule weiterzuentwickeln.