Vergabetag der Ingenieurkammer-Bau NRW lockt rund 400 Teilnehmer

Recklinghausen, 27.03.2014
Vergabetag der Ingenieurkammer-Bau NRW lockt rund 400 Teilnehmer
Dritte Veranstaltung im Rahmen des Jubiläumsjahres

Transparenz ernst nehmen: Mit dem Vergabetag 2014 hat die Ingenieurkammer-Bau NRW ihr drittes Event im „Jahr der Aktionen 2014“ gefeiert. Etwa 400 Ingenieurinnen und Ingenieure, Vertreter von Behörden, aus der Börse und der Bauwirtschaft trafen sich am 27. März im Festspielhaus in Recklinghausen zur großen Diskussion im Saal und zu Nachgesprächen an den Stehtischen. Sie alle taten mit im quirligen Jubiläumsjahr der Kammer.

 

Kammer-Präsident Dr.-Ing. Heinrich Bökamp begrüßte die Besucher und freute sich über das rege Interesse an der Veranstaltung, die zum zweiten Mal stattfand. Nach seinen Angaben liegt ein effizientes und nachvollziehbares Vergabeverfahren im Interesse aller Ingenieure: „Der Erfolg bei der Entwicklung und Umsetzung von Projekten braucht von Beginn an einen fairen Wettbewerb, um einen reibungslosen Verlauf zu sichern.“

 

Laut Bökamp ruht Verantwortung im Vergabeprozess auf drei Säulen: der Transparenz im Verfahren, dem Prinzip „Leistung vor Preis“ und der Trennung von Planung und Ausführung. Sofern diese Vorgaben berücksichtigt würden, sei in der Regel auch die Qualität der Bauvorhaben gewährt. „Wir alle sollten gemeinsam dafür einstehen, dass die Sicherung der Qualität für unsere Bauprojekte – sowohl in den Fragen der Sicherheit, der Umweltgestaltung und der Kosten – oberste Priorität haben muss. Und dafür ist ein Vergabeverfahren notwendig, das die oben genannten Prämissen zulässt und unterstützt.“

 

Mit dem Thema „Vergabe aus Sicht des öffentlichen Auftraggebers“ befasste sich Dipl.-Ing. Horst Winkler vom Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB NRW). Nach seinen Worten erhalte nicht das „billigste“, sondern das wirtschaftlichste Angebot den Zuschlag im Verfahren. Vor allem in EU-Verfahren mit Planungsleistungen liege mit etwa 70 Prozent Gewichtung der Schwerpunkt auf der Qualität. Trotz des Wettbewerbsgebotes würden die Leistungen entsprechend den Vorgaben der HOAI vergütet. Laut Winkler ist der BLB NRW mit einem Beschaffungsvolumen von rund einer Milliarde Euro einer der größten Auftraggeber im Immobilienbereich in Nordrhein-Westfalen.

 

Für eine sorgfältige Auswahl des Auftragnehmers bei Bauvorhaben im Bestand plädierte Dipl.-Ing. (FH) Peter Mayer. Bei den Verhandlungen sollten mindestens zwei und maximal fünf Bieter gehört werden, optimal seien drei Bieter, erklärte er. Dabei sollten unter anderem Qualifikationen wie die Referenzen und Kenntnisse des Büros berücksichtigt werden. Auch die regionale Eingebundenheit der Bieter spiele eine wichtige Rolle.

 

Der öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für Ingenieurhonorare, Dipl.-Ing. Ulrich Welter, wandte sich unter anderem dem Thema „HOAI“ zu und betonte, dass bei Vergabeverfahren für öffentliche Bauvorhaben Angebote, die unterhalb der HOAI-Mindestsätze liegen, aus der Wertung genommen werden müssen. Dadurch könne verhindert werden, dass Planer „kreative Angebote“ entwickeln, um in der Konkurrenz mit anderen Bietern zum niedrigsten Preis zu kommen. Aufgrund seiner „gutachterlichen Erfahrung“ sei allgemein davon auszugehen, dass die tatsächlich vereinbarten Honorare im Durchschnitt um das Zwei- bis Dreifache unter den Mindesthonoraren gemäß der HOAI liegen, berichtete Welter. Allerdings gebe es auch die Entwicklung, dass viele Planer im Nachhinein das HOAI-Mindesthonorar einforderten – und auch erhielten.

 

Versicherungsmakler Dr. Bernd Heitmann mahnte ein umfassendes Risikomanagement an, um die Haftung und den Versicherungsschutz bei Bauvorhaben abzusichern. Nach seinen Angaben achten die führenden Berufshaftpflichtversicherer bei Schadensfällen zunehmend darauf, ob die aktuelle HOAI eingehalten wurde und die Honorare vertragskonform waren. Bei Schadensfällen sei immer wieder festzustellen, dass es aufgrund von Zeitmangel, Organisationsdefiziten oder fehlender Abstimmung zu Mängeln kommt, die bei einer vertragskonformen Entlohnung so nicht hätten auftreten müssen, sagte er.

 

Rechtsanwalt Andreas Riegel, Leiter der Regionalgruppe Rheinland bei Transparency International Deutschland, verwies darauf, dass umfassende Transparenz bei der öffentlichen Auftragsvergabe das beste Mittel gegen Korruption sei. Dieses Transparenzprinzip verlange eine möglichst umfangreiche Information der Bieter und „eine nachvollziehbare Gestaltung des Vergabeverfahrens“. Wesentliche Entscheidungen des Verfahrens seien in der Vergabeakte zu dokumentieren. Nur so könnten die Entscheidungen des Auftraggebers nachvollziehbar und nachprüfbar sein, sagte Riegel.

 

Vor hohen Rückforderungen der Fördersummen bei schweren Verstößen gegen das Vergaberecht im Bereich der öffentlichen Bauvorhaben warnte der Geschäftsführer der Architektenkammer NRW und Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Dr. Florian Hartmann. Ein Verstoß sei immer dann gegeben, wenn die Grundsätze des Vergaberechts - Gleichbehandlung, Transparenz, Wettbewerb - verletzt würden. In besonders schweren Fällen könnten die Behörden sogar die gesamte Fördersumme vom Auftraggeber zurückfordern. Unter bestimmten Umständen müssten auch Ingenieure oder Architekten als Planer des Bauvorhabens für Verstöße gegen das Vergabeecht haften. Laut der aktuellen Rechtsprechung müssen sie das Vergabe- und Zuwendungsverfahren zwar nicht eingehend rechtlich prüfen. Allgemeine Kenntnisse des Rechts der öffentlichen Auftragsvergabe müssten aber vorhanden sein.

 

Neben den Vorträgen hatten die Teilnehmer auch die Gelegenheit zur Diskussion mit den Referenten. Dabei wurden verschiedene Themen angeschnitten – unter anderem wurde über auskömmliche Stundensätze, Haftungsfragen oder Zuwendungen für Baumaßnahmen gesprochen.

Michael Bosse
Pressesprecher
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Die Ingenieurkammer-Bau Nordrhein-Westfalen (IK-Bau NRW) ist die berufsständische Selbstverwaltung und Interessenvertretung der im Bauwesen tätigen Ingenieurinnen und Ingenieure in Nordrhein-Westfalen. Mit mehr als 10.000 Mitgliedern ist sie die mitgliederstärkste Ingenieurkammer in Deutschland.