[Alle Meldungen]
[Medienarchiv]
[E-Mail-Abo]
[Suche]

[Druckansicht]

Pressemitteilung vom
18. Juni 2014
Land Hessen kümmert sich nicht um geerbte Häuser – Skurriler Rechtsstreit mit ernstem Hintergrund

Landkreis Kassel.Bis vor das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig hat es ein auf den ersten Blick skurriler Rechtsstreit zwischen dem Land Hessen und dem Landkreis Kassel über den Umgang von vom Land verwalteten Häusern gebracht. Worum geht es? Immer häufiger finden Häuser keine Erben mehr – diese Liegenschaften fallen dann als sogenannte Fiskalerbschaft an das Land Hessen. Ein solches Haus steht in Liebenau (Landkreis Kassel). Durch Hinweise aus der Nachbarschaft und durch eine Ortsbesichtigung stellte die zuständige Untere Gesundheitsbehörde der Kreisverwaltung fest, dass im Gebäude ein erheblicher Ungeziefer- und Nagerbefall vorhanden war, der sich bereits auf die angrenzenden Grundstücke ausbreitete. „Auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes haben wir daher das Land Hessen aufgefordert, das Haus zu entmüllen und einen Kammerjäger einzuschalten“, berichtet Vizelandrätin Susanne Selbert. Allerdings unternahm die Oberfinanzdirektion Frankfurt als zuständige Dienstelle des Landes trotz mehrfachem Nachhaken nichts dergleichen.

 

Selbert: „Wenn ein Hauseigentümer seinen gesetzlichen Verpflichtungen trotz mehrmaliger Mahnung und Fristsetzung nicht nachkommt, nehmen wir die Sache im Interesse des öffentlichen Gesundheitsschutzes in die Hand und stellen dem Eigentümer im Anschluss die Kosten in Rechnung“. Diese sogenannte Ersatzvornahme tätigte der Kreis auch im Fall des Hauses in Liebenau und legte der Oberfinanzdirektion Frankfurt die entsprechenden Rechnungen über rund 9.000 Euro zur Begleichung vor.

 

Jetzt wurde das Land tätig und legte Widersprüche gegen die einzelnen Kostenbescheide des Landkreises ein. Da diese nicht erfolgreich waren, klagte das Land gegen den Kreis vor dem Verwaltungsgericht Kassel. Die Verwaltungsrichter gaben dem Landkreis Recht und wiesen die Klagen des Landes zurück. Die Oberfinanzdirektion gab sich damit nicht zufrieden und ging in die Berufung vor dem Verwaltungsgerichtshof in Kassel. „In seinem Urteil hat der Verwaltungsgerichtshof festgestellt, dass das Land Hessen für die Entmüllung und Entseuchung des Hauses in Anspruch genommen werden durfte“, informiert Selbert. Allerdings sei es für den Landkreis nicht möglich, die entstandenen Kosten für die notwendigen Maßnahmen zwangsweise einzutreiben.

„Das Gericht hat darauf hingewiesen, dass die Regelungen des Hessischen Verwaltungsvollstreckungsgesetzes, das bei Zahlungsverpflichtungen für Private an öffentliche Dienststellen ausschlaggebend ist, zwischen Behörden nicht gelten – Zwangsvollstreckungen zwischen dem Kreis und dem Land haben also keine Rechtsgrundlage“, so Selbert weiter. Hintergrund der fehlenden Ermächtigung im Verwaltungsvollstreckungsgesetz ist, dass der Gesetzgeber „natürlich davon ausgegangen ist, dass sich öffentliche Dienststellen an Recht und Gesetz halten und nicht eine andere Behörde ersatzweise tätig werden muss“, so Selbert weiter.

 

Da die Vertreter des Landes im Laufe der Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshofes mitgeteilt haben, dass sie auch in Zukunft mangels finanzieller Mittel keine Verpflichtungen als Erbe übernehmen werden können, hat der Landkreis jetzt die Zulassung der Revision beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig beantragt. „Auch wenn es hier im Einzelfall um eine überschaubare Größenordnung geht, ist die Klärung der Frage, ob das Land Hessen bei Fiskalerbschaften seinen finanziellen Verpflichtungen als Eigentümer nachkommen muss oder nicht, von grundsätzlicher Bedeutung“, betont die Vizelandrätin. Gerade vor dem Hintergrund der zunehmenden Anzahl solcher Fiskalerbschaften im ländlichen Raum und der im schlimmsten Fall bei baufälligen Immobilien entstehenden Abrisskosten, komme diesem Thema eine große Bedeutung zu. Selbert: „Es kann ja nicht sein, dass die Kommunen auf den Kosten sitzen bleiben und das Land Verpflichtungen nicht nachkommt, die es bei Bürgern und Kommunen immer einfordert“.



Pressekontakt: Pressestelle LANDKREIS KASSEL, Harald Kühlborn

[Zurück]

LANDKREIS KASSEL
Pressesprecher
Harald Kühlborn
Wilhelmshöher Allee 19 - 21
34117 Kassel
Tel.: 0561/1003-1506
Fax: 0561/1003-1530
Handy: 0173/4663794
E-Mail: pressestelle@landkreiskassel.de
http://www.landkreiskassel.de

presse-service.de Die Pressestelle Pressestelle LANDKREIS KASSEL ist Mitglied bei www.presse-service.de. Dort können Sie Mitteilungen weiterer Pressestellen recherchieren und per E-Mail abonnieren.