(pen) Familie und Beruf in Einklang zu bringen ist nicht immer einfach. Diese Herausforderung dann auch noch mit einer chronischen Krankheit zu bewältigen scheint fast unmöglich - ist es aber nicht. Ein gutes Beispiel dafür, wie man Rheuma, Kind und Arbeit unter einen Hut bringen kann, ist Ilga Opterbeck. Die 35-jährige Diplom-Psychologin, die beim Ennepe-Ruhr-Kreis beschäftigt ist, erhielt jetzt den RheumaPreis 2014. Mit der Auszeichnung werden Jahr für Jahr Personen und Unternehmen mit Vorbildcharakter öffentlich gewürdigt. Diese Beispiele sollen Menschen mit Rheuma und ihren Arbeitgebern Mut machen und ihnen Anregungen liefern. Ausgewählt werden die Preisträger von einer Jury aus Medizinern, Experten für die berufliche Integration Erkrankter, Arbeitsmedizinern und Patientenvertretern.
Einen ersten Befund über ihre rheumatische Erkrankung erhielt Opterbeck bereits im Alter von 16 Jahren. Zunächst war von Rheumaschüben die Rede, die auch wieder weggehen könnten. Vier Jahre später, 1999, erhielt sie dann die finale Diagnose: Rheumatoide Arthritis, eine chronisch-entzündliche Form der Gelenkerkrankung. Ein Schlag für die junge Frau: „Die Vorstellung, ein Leben lang auf Medikamente angewiesen zu sein, war erschreckend.“ Doch Opterbeck ließ sich davon nicht unterkriegen, ging ihren Weg zielstrebig weiter: Abitur, Psychologiestudium und Promotion. Aktuell denkt die Hagenerin auch über eine Approbation nach.
Ihren Arbeitsplatz hat Opterbeck in der psychologischen Beratungsstelle des Ennepe-Ruhr-Kreises. Sie ist zuständig für die Diagnostik und Beratung von Eltern, Kindern und Jugendlichen. Schon im Bewerbungsgespräch hatte sie ihre Erkrankung offen angesprochen. „Rheuma ist ein Teil von mir. Ich kann die Krankheit nicht verleugnen und das möchte ich auch gar nicht. Ich erwarte von meinem Arbeitgeber Offenheit, Ehrlichkeit und Transparenz und das gebe ich auch zurück.“
Eine Krankheit könne auch als „Schwäche“ gesehen werden, Opterbeck empfindet das aber nicht so. Im Gegenteil: Die Krankheit hat sie stark gemacht und beeinflusst ein stückweit sogar ihre Arbeit als Psychologin: „Ich weiß, was Schmerzen sind und wie man damit umgehen kann. Da kann ich mich gut einfühlen.“ Theoretische Ansätze hatten durch ihre Krankheit immer einen Praxisbezug. Ihre eigene Erfahrung gibt sie beispielsweise in Form von praktischen Tipps für Entspannung und Stressbewältigung an ihre Patienten weiter. Was die 35-jährige kann, macht sie mit Herzblut und mit Erfolg: Ihre zunächst befristete Stelle in der Kreisverwaltung wurde kürzlich in eine unbefristete umgewandelt.
Vom Ennepe-Ruhr-Kreis als Arbeitgeber erhält die Mutter eines zweijährigen Sohnes bestmögliche Unterstützung. „Für uns sprechen sicherlich die flexiblen Arbeitszeiten, die es beispielsweise möglich machen, notwendige Arztbesuche in den Arbeitsalltag zu integrieren“, macht Fachbereichsleiter Dr. Hans Joachim Boschek deutlich. Seit der Geburt ihres Kindes kann Opterbeck zudem auch von zu Hause aus arbeiten, ein Homeoffice macht es möglich. „An ihrem ergonomisch ausgestatteten Arbeitsplatz im Kreishaus kann sie sich mit einem ´Bitte nicht stören´ - Schild an ihrer Tür zurückziehen, wenn sie mal fünf Minuten Ruhe braucht“, weist Boschek auf weitere Absprachen hin. Die kurze Auszeit nutzt Opterbeck für autogenes Training, das ihr hilft, wenn die Schmerzen mal wieder schlimmer sind. Anschließend steht für sie aber wieder ihr Leitspruch im Mittelpunkt: „Lebe Deinen Traum und besinne Dich auf Deine Stärken!. Konzentriere dich auf was, was du kannst und mache es mit vollem Einsatz.
Stichwort Hintergrund für den RheumaPreis
Derzeit geben rund fünf Prozent der Berufstätigen mit Rheuma im ersten Jahr ihrer Erkrankung und rund zwanzig Prozent nach drei Jahren ihren Arbeitsplatz auf. Damit zeigt sich nach Ansicht der Initiatoren des RheumaPreises: Es besteht massiver Handlungsbedarf bei Arbeitnehmern und auch bei Arbeitgebern. Beispiele aus der Praxis belegen, dass ein partnerschaftlicher, offener Umgang von Kollegen und Vorgesetzten mit der Situation zu erfolgreichen Lösungen führen kann, die dem Unternehmen die Arbeitskraft und dem Arbeitnehmer seine dauerhafte berufliche Einbindung sicherstellen. Ein aktives Berufsleben für Menschen mit Rheuma kann so zur Selbstverständlichkeit werden.