Pressemeldung der Stadt Bocholt

Bocholt, 06. November 2014

Ausstellung: "Gedenken macht Leben menschlich...

... - Vergessen macht es unmenschlich" - Ausstellung bis zum 18. November in der St. Georg Kirche

Bocholt (PID).

Dem Gedenken an die „Euthanasie“-Opfer jüdischen Glaubens aus Bocholt und Rhede gewidmet ist eine Ausstellung der VHS-Arbeitsgruppe Synagogenlandschaften, Bocholt, der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit Westmünsterland e. V. und der Katholischen Kirchengemeinde St. Georg. Pfarrer Hans-Rudolf Gehrmann stellte sie mit Bürgermeister Peter Nebelo am 5. November 2014 in der Pfarrkirche St. Georg vor.

Gezeigt wird auf sechs Schautafeln, wie die Nazis ab 1939 das sog. „Euthanasie“-Programm begannen. Als dessen erste Opfer wurden bereits 1940 Menschen jüdischen Glauben ermordet. Unter ihnen waren Mathilde Cleffmann aus Rhede und der Bocholter Leo Heimann Cohen. Sie wurden am 27. September 1940 in die „Euthanasie“-Tötungsanstalt Brandenburg „verlegt“ und dort am gleichen Tag ermordet.

Auch wird an die Bocholterin Sibilla Herz erinnert. Mit ihrer Familie 1938 in die Niederlande geflohen, wurde sie am 21. Januar 1942 aus der psychiatrischen Anstalt Het Apeldoornse Bos nach Auschwitz deportiert und dort zwei Tage später ermordet.

Minna Löwenstein, die Bocholt bereits 1897 verlassen hatte, wurde nach dem 19. Juni 1942 im Vernichtungslager Sobibor ermordet. Hierhin war sie aus der ehemaligen israelitischen Heil- und Pflegeanstalt für Nerven- und Gemütskranke in Bendorf-Sayn deportiert worden.

Niebur und Oechtering überrascht

Und auch das Schicksal von Käthe Wolff wird nachgezeichnet. Josef Niebur und Hermann Oechtering (VHS-Arbeitskreis Synagogenlandschaften), die die Ausstellung erarbeiteten, waren überrascht, als sie im Rahmen der Vorbereitungen erfuhren, dass die jüngste Tochter der Bocholter SPD-Stadtverordneten Jeanette Wolff am 8. Mai 1942 in der „Euthanasie“-Anstalt Bernburg a. d. Saale ermordet worden war.

Nur von Käthe Wolff haben Niebur und Oechtering ein Foto. Bei den anderen Menschen halfen sie sich mit Ansichten der heutigen Häuser, in denen sie geboren wurden, Eintragungen in der Einwohnermeldekartei oder etwa einer Anzeige des väterlichen Geschäftes. Eines ist den Ausstellungsmachern wichtig: „Wir wollen zeigen, dass die Ermordeten aus Bocholt und Rhede stammten. Sie waren Teil der Stadtgemeinschaft, ehe sie eines Tages in „Heilanstalten“ kamen und später von dort in „Euthanasie“-Tötungsanstalten verlegt und dort ermordet wurden“.

Die kleine Präsentation zeigt die Auswirkungen des monströsen "Euthanasie“-Verbrechens vor Ort.

Seit 2011 gibt es im Arbeitskreis Synagogenlandschaften Pläne, eine Ausstellung zum Gedenken an alle etwa 45 bislang bekannten Ermordeten der „Euthanasie“ aus Bocholt zu zeigen. Schwierigkeiten mit dem Datenschutz ließen das Projekt fast scheitern.

"Denkt an die Tage der Verangenheit und lernt aus den Jahren der Geschichte", begrüßte Pfarrer Rudolf Gehrmann die Gäste bei der Ausstellungseröffnung, "befassen wir uns mit der Geschichte sollte uns das Kraft für die Gegenwart und Zukunft geben." Euthanasie heiße ja wörtlich übersetzt "der gute Tod", Ermordung treffe es aber in diesem Zusammenhang besser. "Die Ausstellung hat lokalen Bezug, es sind Menschen aus dieser Stadt, denen man das angetan hat", betonte Gehrmann, "das ist uns allen sehr nah und wir müssen alles daran setzen, dass so etwas nicht noch einmal passiert."

"Wir wollen mit dieser Ausstellung der Opfer der Ermordung gedenken", führte Bürgermeister Peter Nebelo aus, "ich hoffe, dass diese Ausstellung und auch diejenige im nächsten Jahr, wenn dann über alle 40 Opfer berichtet wird, von vielen Menschen, vor allem unserer Jugend, angesehen wird, damit so etwas nie wieder passiert."

Umfassende Ausstellung geplant

Die Ausstellung „Gedenken macht Leben menschlich. Vergessen macht es unmenschlich“ gedenkt der Menschen jüdischen Glaubens aus Bocholt und Rhede, die in der sog. „Euthanasie“ ermordet wurden.

Die Ausstellung ist zu den allgemeinen Öffnungszeiten der St.-Georg-Kirche – täglich 8 – 18 Uhr - zugänglich.

Sie ist der erste Teil einer umfassenden Ausstellung zu allen Opfern der sog. „Euthanasie“ aus Bocholt. Diese ist für Mai/Juni 2015 im Stadtmuseum geplant.

Stilles Gedenken

Zum Gedenken an das den Bocholtern jüdischen Glaubens in der Nacht vom 9./10. November 1938 zugefügte Unrecht lädt Bürgermeister Nebelo die Bevölkerung am 9. November 2014 um 19.30 Uhr zum stillen Gedenken zur Gedenkstätte an die Synagoge vor dem Haus des Handwerks, Europaplatz 17, ein. Im Anschluss daran werden Hermann Oechtering und Josef Niebur um 20 Uhr im Pfarrheim St. Georg unter dem Titel der Ausstellung „Gedenken macht Leben menschlich -  Vergessen macht es unmenschlich -“ zu den „Euthanasie“-Opfern jüdischen Glaubens aus Bocholt und Rhede sprechen.

Pressekontakt: Stadt Bocholt - Fahrradfreundlichste Stadt Deutschlands, Büro des Bürgermeisters, Presse- und Informationsdienst, Bruno Wansing, Telefon +49 2871 953-571, E-Mail: bruno.wansing@mail.bocholt.de


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Ausstellung Euthanasie - Eröffnung Bild 1
Pfarrer Rudi Gehrmann und Bürgermeister Peter Nebelo sprachen zur Eröffnung der Ausstellung "Gedenken macht Leben menschlich - Vergessen macht es unmenschlich" am 5. November 2014 - Foto: Bruno Wansing, Stadt Bocholt

Ausstellung Euthanasie - Eröffnung Bild 2
Hermann Oechtering erläuterte - sozusagen als Sprachrohr für Josef Niebur - die Ausstellung - Foto: Bruno Wansing, Stadt Bocholt

Ausstellung Euthanasie - Eröffnung Bild 3
Hermann Oechtering (re) und Josef Niebur, die Organisatoren der Ausstellung "Gedenken macht Leben menschlich. Vergessen macht es unmenschlich" - Foto: Bruno Wansing, Stadt Bocholt

Ausstellung Euthanasie - Eröffnung Bild 4
Hermann Oechtering (re) stellte die Ausstellung den Gästen vor - Foto: Bruno Wansing, Stadt Bocholt