Pressemeldung der Stadt Bocholt

Bocholt, 16. Dezember 2014

Stadtgeschichte: Aus der Anfangszeit der Stadtbücherei

Stadtarchiv Bocholt präsentiert das historische Foto des Monats

Bocholt (PID).

Die Bocholter Stadtbücherei, heute vor allem unter der Bezeichnung "Medienzentrum" bekannt, begeht in diesen Tagen ihr 90-jähriges Bestehen. Sie wurde am 16. Dezember 1924 in zwei Räumen im ehemaligen Stadthaus an der Ravardistraße 4 eröffnet und zählte im ersten Jahr ihres Bestehens 541 Leserinnen und Leser.

Mit den Vorbereitungen zu ihrer Einrichtung hatte die Stadtverwaltung trotz ungünstiger Zeitverhältnisse schon zwei Jahre zuvor begonnen. Man wollte mit der Ausleihe guter Lektüre einerseits den steigenden Bücherpreisen begegnen, andererseits aber auch der Verbreitung von Schmutz und Schund in der Literatur entgegenwirken. Die Bibliothek stand nicht in Konkurrenz, sondern vielmehr in Ergänzung zu den seit Jahren bestehenden Borromäus-Büchereien der Pfarrgemeinden St. Josef oder St. Georg.

Erzählende Literatur beliebt

Das Foto zeigt eine Ansicht des alten Stadthauses, das die städtische Verwaltung im Oktober 1917 für den Langenberg’schen Armenfonds gekauft hatte und diesem fortan für die Benutzung einen Mietpreis zahlte. Rektor Johannes Ostendorf übernahm die Leitung der Stadtbücherei, die er bis zu seinem Tod 1937 innehatte. Im Laufe des Jahres 1927 stieg die Zahl der Leser ungeachtet eines Standortwechsels zum Rathaus von 774 auf 904 an. Im Einzelnen waren 577 männliche (470 Erwachsene und 107 Jugendliche) und 327 weibliche (262 Erwachsene und 65 Jugendliche) Leser registriert. Rund 55 % von ihnen galten als Gewerbetreibende, Angehörige des Mittelstandes oder der Beamtenschaft. Etwa 31 % gehörten der werktätigen Bevölkerung an, ca. 14 % der Leser waren Fabrikanten oder Freiberufler. Im gleichen Berichtsjahr errechnete man ferner 7.766 Ausleihen. Unter diesen nahm die erzählende Literatur (ca. 70 %) die erste Stelle ein.

Meistgelesene Bücher und Schriftsteller

Die seinerzeit zumeist gelesenen Werke waren „Kristin Lavrantstochter“ von S. Undset, „Jürg Jenatsch“ von C. F. Meyer, „Der ungerechte Rechtsanwalt“ von O. Berneder oder „Die Eingeengten“ von F. Herwig. Zu den bevorzugten Schriftstellern zählte man damals Hans Hoffmann, Theodor Storm, Juliane von Stockhausen, Jack London oder Willibald Alexis.

Lesekarte für eine Reichsmark

Im dritten Jahr ihres Bestehens gab die Bücherei ein gedrucktes Gesamtverzeichnis der von ihr bereit gestellten Literatur heraus, um den Benutzern den Umgang mit den Beständen zu erleichtern. Es umfasste 60 Seiten und kostete 60 Pfennige. Diesen Katalog konnten die Leser zudem ständig erweitern, da die Neueinstellungen von Werken in die Stadtbücherei laufend durch die örtliche Presse bekannt gegeben wurden. Die Leserkarte selbst kostete 1931 eine Reichsmark und galt für 24 Entleihungen.

Text: Wolfgang Tembrink, Stadtarchiv Bocholt

Pressekontakt: Stadt Bocholt - Fahrradfreundlichste Stadt Deutschlands, Stadtarchiv Bocholt, Wolfgang Tembrink, Telefon +49 2871 21754 284, E-Mail: wolfgang.tembrink@mail.bocholt.de


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Das alte Stadthaus auf der Ravardistraße (Foto: Stadtarchiv Bocholt)
Das alte Stadthaus auf der Ravardistraße war 1924 der erste Sitz der Bocholter Stadtbücherei. Im Verlaufe der Jahre zog sie dann mehrfach um. (Foto: Stadtarchiv Bocholt)