04. März 2016

Folterkammer und Scheiterhaufen in der Dorenburg

Das Niederrheinische Freilichtmuseum zeigt eine Sonderausstellung zu Aberglaube und Hexenverfolgung

Grefrath

Lange glaubte man, der Niederrhein sei von den Exzessen der Hexenverfolgung weitgehend verschont geblieben. Neuere Forschungen belegen jedoch, dass auch zwischen Kleve und Mönchengladbach zahlreiche Hexenverfolgungen stattfanden. Die Sonderausstellung „Da selbsten ein Anfang zu brennen gemacht – Aberglaube und Hexenwahn am Niederrhein“ stammt aus dem Grafschafter Museum Moers und bringt das Thema Hexenverfolgung nun ins Niederrheinische Freilichtmuseum des Kreises Viersen. Die Sonderausstellung im Obergeschoss der Dorenburg ist ab Sonntag, 6. März, zu sehen. Landrat Dr. Andreas Coenen eröffnet die Schau um 11 Uhr im Volkskundemuseum, Am Freilichtmuseum 1 in Grefrath.

„Die Ausstellung stellt das komplexe Thema Hexenverfolgung anschaulich dar“, sagt Kreis-Kulturdezernent Ingo Schabrich. „Dabei kommen Einzelschicksale der Menschen am Niederrhein ebenso zum Ausdruck wie der gesamtgesellschaftliche Kontext der Zeit.“ Im Mittelpunkt steht die Zeitspanne zwischen dem 15. und 18. Jahrhundert. Wichtige Grundlage war die 1487 durch den päpstlichen Inquisitor Heinrich Kramer veröffentlichte Schrift „Malleus maleficarum“, der so genannte „Hexenhammer“. Das Kurfürstentum Köln – und damit ein Teil des heutigen Kreises Viersen – war Zentrum der Hexenverfolgung im Alten Reich. Allein im 17. Jahrhundert fielen dort 1000 Menschen dem Hexenwahn zum Opfer.

Die letzten dokumentierten Prozesse im Rheinland und am Niederrhein gab es im Jahr 1738. „Anders als landläufig angenommen, ist die Hexenverfolgung kein Phänomen des ‘dunkeln Mittelalters‘, sondern der Neuzeit“, erklärt Diana Finkele, Leiterin des Grafschafter Museums im Moerser Schloss und Kuratorin der Ausstellung. Sie hatte „Da selbsten ein Anfang zu brennen gemacht“ für das Themenjahr „himmelwärts“ des Museumsnetzwerks Niederrhein zusammengestellt. Über den Austausch im Netzwerk der niederrheinischen Museen ist die Ausstellung nun auch nach Grefrath gekommen.

Die Besucher erwarten 100 Exponate – Originale wie nachgearbeitete Repliken von Sammlern und anderen Museen: darunter Folterwerkzeuge, Utensilien aus der „Hexenküche“ und so genannte „Bauopfer“. „Zum Beispiel eingemauerte Schuhe sollten Unheil vom Haus und den Bewohnern abhalten“, sagt Kevin Gröwig, kommissarischer Leiter des Freilichtmuseums. Den Themen Aberglaube und Völksfrömmigkeit am Niederrhein ist der hintere der drei Ausstellungsräume gewidmet. In den beiden Räumen davor türmt sich unter anderem ein Scheiterhaufen auf. Die Besucher können durch ein Burgtor in einen Folterkeller blicken oder dem Schöffengericht bei der Arbeit zuhören. „Die Verurteilung der vermeintlichen Hexen lag nicht etwa bei Kirche, sondern zumeist in den Händen juristischer Laien“, so Diana Finkele.

Die Ausstellung macht deutlich, wie einfach es damals war, jemanden als Hexe zu „besagen“, wie die  Bezichtigung offiziell hieß. „Dabei ging es nicht selten um Macht, Geld und persönliche Vorteile“, sagt Kevin Gröwig. Doch auch Gegner der Hexenverfolgung wie der am Niederrhein wirkende Jesuit Friedrich Spee kommen zur Sprache. Zudem wird der Werwolf-Glaube thematisiert: Anders als bei der Hexenverfolgung war hier insbesondere der männliche Teil der Bevölkerung betroffen.

Besonders eindrucksvoll lassen lebensgroße Schattenfiguren die Hexenverfolgung nachempfinden. Sie zeigen exemplarisch Einzelschicksale der Hexerei beschuldigter Menschen vom Niederrhein auf – etwa von Nesgen to Range aus Hüls. Sie wurde 1492 wegen des Vorwurfs der Hexerei und auf Grundlage ihres unter Folter getätigten Geständnisses verbrannt. Ebenso erging es Beel This aus Kempen. Sie wurde 1570 verbrannt, nachdem auch sie unter Folter gestand, eine Hexe zu sein.

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Begleitprogramm zur Ausstellung
Am 13. März feiert um 14 Uhr die neue Themenführung „Hexen und Heilige – Aberglaube und Volksfrömmigkeit“ Premiere. 20 Personen können teilnehmen. Ab April wird die Themenführung fester Bestandteil des museumspädagogischen Angebots.

Zur Walpurgisnacht am 30. April gibt es ab 18.30 Uhr auf dem Museumsgelände ein Programm mit Kinderschminken und Kostümwettbewerb. Die Grefrather Autorin A.E. Eiserlo liest aus ihrer Reihe „Fanrea“ und Jugendliche spielen unter Anleitung des Niederrhein Theaters Szenen aus Arthur Millers Drama „Hexenjagd“.

Weitere Themenführungen durch die Sonderausstellung sind in Planung.

Eintritt und Öffnungszeiten
Das Niederrheinische Freilichtmuseum ist täglich außer montags geöffnet. Von November bis März von 10-16 Uhr, von April bis Oktober von 10 bis 18 Uhr. Der Eintritt kostet für Erwachsene 4,50 Euro, ermäßigt 3,50. Kinder und Jugendliche (6-17 Jahre) zahlen 1,50 Euro unter der Woche und haben am Wochenende freien Eintritt. Die Familienkarte kostet 9 Euro. Die Abendkarte gibt es 60 Minuten vor Schließung des Museums für 2 Euro.

Für den Besuch der Sonderausstellung „Da selbsten ein Anfang zu brennen gemacht – Aberglaube und Hexenwahn am Niederrhein“ fällt lediglich der reguläre Museumseintritt an.


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Scheiterhaufen

Die Nachbildung eines Scheiterhaufes schmückt die neue Sonderausstellung „Da selbsten ein Anfang zu brennen gemacht – Aberglaube und Hexenwahn am Niederrhein“ im Niederrheinischen Freilichtmuseum. Foto: Benedikt Giesbers / Abdruck honorarfrei

Ausstellungseröffnung

Kevin Gröwig, kommissarischer Leiter des Niederrheinischen Freilichtmuseums, und Diana Finkele, Leiterin des Grafschafter Museums im Moerser Schloss und Kuratorin der Ausstellung, in der neuen Sonderausstellung. Die Besucher können die Hexenprozesse an Hörstationen nachempfinden. Foto: Benedikt Giesbers / Abdruck honorarfrei

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