Die Landeshauptstadt Magdeburg hat ihre Bemessungskriterien der Unterkunfts- und Heizungskosten für die künftigen Empfänger von Arbeitslosengeld II festgelegt. Die entsprechende Richtlinie wurde gestern in der Dienstberatung des Oberbürgermeisters beschlossen. Sie gilt auch für nicht erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger sowie für Personen, die Leistungen der bedarfsorientierten Grundsicherung erhalten.
"Die Richtlinie ist ab 1. Januar 2005 verbindliche Grundlage zur Gewährung der Miet- sowie der Mietnebenkosten für Empfänger des Arbeitslosengeldes II in Magdeburg", so die Beigeordnete für Soziales, Jugend und Gesundheit Beate Bröcker. "Aufgrund der von uns vorgelegten Kriterien und unserer derzeitigen Kenntnisse gehen wir davon aus, dass die Mehrzahl der künftigen Leistungsempfänger bereits in entsprechenden Wohnungen lebt und in Magdeburg keine Umzugswelle einsetzen wird."
Basis für die vorliegende Unterkunftsrichtlinie sind die noch bis 31. Dezember 2004 gültigen Kriterien für Sozialhilfeempfänger in der Landeshauptstadt sowie Erhebungen zu Mietpreisen, Nebenkosten und verfügbarem Wohnraum bei insgesamt 27 Magdeburger Vermietern.
Grundmiete
"Im Ergebnis unserer Recherchen haben wir die angemessenen Wohnungsgrößen für Haushalte mit mindestens zwei Personen um jeweils fünf Quadratmeter angehoben", erläutert die Sozialbeigeordnete. "Die Grundmiete bleibt auf dem bisher für Sozialhilfeempfänger geltenden Wert von 4,60 Euro/m².
In Magdeburg werden demnach für künftige Empfänger von Arbeitslosengeld II, für nicht erwerbsfähige Sozialhilfeempfänger sowie für Personen, die Leistungen der bedarfsorientierten Grundsicherung erhalten, bei Bedürftigkeit folgende Unterkunftskosten für die Grundmiete übernommen:
Anzahl der
Bewohner |
Angemessene
Wohnungsgröße
in m² |
Angemessene
Grundmiete
pro m² in EUR |
Angemessene Kosten der Grundmiete
In EUR |
1 |
45 |
4,60 |
207,00 |
2 |
60 |
4,60 |
276,00 |
3 |
75 |
4,60 |
345,00 |
4 |
85 |
4,60 |
391,00 |
5 |
95 |
4,60 |
437,00 |
Für jede weitere Person sind 10 m² zusätzlich angemessen. Bei Menschen mit einer außergewöhnlichen Gehbehinderung - zum Beispiel Rollstuhlfahrer - kann im Einzelfall ein Mehrbedarf von 15 m² gerechtfertigt sein.
Entscheidend für die Kostenübernahme ist die Endsumme der Grundmiete. So wird für einen betroffenen 3-Personen-Haushalt, der eine Grundmiete von 4,90 Euro/m² zahlt, aber "nur" eine Wohnfläche von 70 m² hat - trotz des höheren Betrages pro Quadratmeter - die volle Grundmiete übernommen.
"Natürlich gibt es auch einen Toleranzbereich", betont Beate Bröcker. "Kosten, die bis 13 Prozent höher als die angemessene Grundmiete sind, werden übernommen. Das ist sozial sinnvoller und auch wirtschaftlicher, als auf einen Umzug zu verweisen."
Bei betroffenen Haushalten, deren Kaltmiete noch höher ist, muss im Einzelfall geprüft werden, ob die Bedarfsgemeinschaft die Differenz aus eigener Kraft zahlen kann. Können die Betroffenen dies nicht, werden sie aufgefordert, die Mietkosten innerhalb von sechs Monaten - zum Beispiel durch eine Untervermietung - auf angemessene Kosten zu senken. Ist dies ebenfalls nicht möglich und somit ein Umzug unausweichlich, trägt die Stadt die für die Selbsthilfe erforderlichen Umzugskosten. Wenn der Leistungsempfänger den Umzug nicht selbst durchführen kann, werden die vollen Umzugskosten übernommen.
Bei Eigentumswohnungen und Eigenheimen werden an Stelle der Miete die Schuldzinsen und Betriebskosten bis zur Höhe der genannten Aufwendungen gezahlt. Tilgungsbeiträge können dagegen nicht getragen werden, weil dies zu einem Vermögenszuwachs führen würde.
Wohngeld, Einnahmen aus Untermieten sowie Mietkostenanteile von nicht leistungsberechtigten Personen werden von den Aufwendungen für die Unterkunft abgezogen.
"Sollte sich bei der Antragsbearbeitung - entgegen unserer jetzigen Prognosen - doch eine Umzugswelle andeuten, bessern wir die Wohnungsrichtlinie nach", blickt die Sozialbeigeordnete in die Zukunft.
Betriebs- und Heizkosten
Die Summe der Heizkosten sowie der Betriebskosten, zu denen unter anderem die Wasserversorgung, die Müllgebühren und die Grundsteuer gehören, sollten insgesamt 2,05 Euro/m² nicht überschreiten.
"Unsere Erfahrungen bei der Übernahme der Nebenkosten von Sozialhilfeempfängern haben gezeigt, dass dieser Wert großzügig bemessen ist", betont die Beigeordnete. "Liegen bei bestehenden Mietverhältnissen die Nebenkosten über diesem Betrag, prüfen wir anhand der folgenden Betriebskostenabrechnung, ob diese Kosten zum Beispiel durch einen unangemessenen Wasserverbrauch verursacht wurden und durch verhaltensbedingte Änderungen beeinflussbar sind. Ändert der Leistungsempfänger sein Verhalten im Folgezeitraum nicht, besteht nur noch ein Anspruch auf maximal 2,05 Euro/m². Haben die zu hohen Nebenkosten keine verhaltensbedingte Ursache, werden sie nach entsprechender Prüfung komplett getragen."
Strom und Gas gehören - sofern sie die Betroffenen nicht zum Heizen benötigen - nicht zu den Betriebskosten, die übernommen werden. Die künftigen Empfänger von Arbeitslosengeld II müssen - wie auch schon bisher die Sozialhilfeempfänger - diese Kosten aus ihrer monatlichen Unterstützung bestreiten.
Ansprechpartner
Ansprechpartner für Fragen zu Unterkunftskosten von künftigen Empfängern des Arbeitslosengeldes II ist die gemeinsame Anlaufstelle von Agentur für Arbeit und Sozial und Wohnungsamt im City-Carré.
Die Sprechzeiten sind:
Montag: 7.30 bis 16.00 Uhr
Dienstag: 7.30 bis 16.00 Uhr
Mittwoch: 7.30 bis 13.30 Uhr
Donnerstag: 7.30 bis 18.00 Uhr
Freitag: 7.30 bis 13.00 Uhr
Ansprechpartner für Fragen zu Unterkunftskosten von nicht erwerbsfähigen Sozialhilfeempfängern sowie von Magdeburgern, die Leistungen der bedarfsorientierten Grundsicherung erhalten, sind die Mitarbeiter des Sozial- und Wohnungsamtes im Wilhelm-Höpfner-Ring 4.
Die Sprechzeiten sind:
Montag: 9.00 bis 12.00 Uhr
Dienstag 9.00 bis 12.00 Uhr sowie 14.00 bis 17.30 Uhr
Donnerstag: 9.00 bis 12.00 Uhr
Hintergrund
Die Unterkunftsrichtlinie wurde notwendig, weil die Bundesregierung bei der Zusammenlegung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe bisher auf eine entsprechende Verordnung verzichtet hat. Die Landeshauptstadt Magdeburg musste deshalb - wie auch bei der Sozialhilfe geschehen - die Werte für angemessene Unterkunftskosten festlegen. Die eigenständige Regelung durch Städte und Gemeinden ist sinnvoll, weil das Mietkostenniveau zwischen den Kommunen teilweise erheblich abweicht. Die Unterkunftskosten werden zum überwiegenden Teil von der Kommune finanziert. Rund 30 Prozent trägt der Bund.
Die derzeit etwa 6.200 Sozialhilfebedarfsgemeinschaften und die ca. 800 Haushalte, die Leistungen der bedarfsorientierten Grundsicherung erhalten, leben aufgrund der bisherigen Regelungen bereits in einem angemessenen Wohnraum. Nicht bekannt ist, wieviel der knapp 13.000 Magdeburger Haushalte, die derzeit Arbeitslosenhilfe bzw. Arbeitslosengeld empfangen, ebenfalls bereits in künftig angemessenem Wohnraum leben.
Bei Rückfragen der Medien: Simone Borris, amt. Leiterin des Sozial- und Wohnungsamtes, Tel.: 03 91/5 40 36 01