Kreis Unna - Presse und Kommunikation

18. April 2008

Pflegebudget im Kreis Unna - Ministerin lobt Modellprojekt

Neue Beratungsstrukturen als Folge der Pflege-Reform

 

 

Kreis Unna. (PK) „Die Erkenntnisse aus dem Projekt Pflegebudget sind eine gute Grundlage und Ergänzung für die Weiterentwicklung der Pflegeversicherung“, lobte Ulla Schmidt das Modellprojekt. Landrat Michael Makiolla begrüßte die Bundesgesundheitsministerin auf der landesweit ausgerichteten Abschlusstagung des Kreises Unna und der Verbraucherzentrale NRW am 15. April vor rund 150 Gästen aus den Bereichen Politik, Gesundheit und Pflege. Vermittelt durch den Bundestagsabgeordneten Rolf Stöckel stand sie als Gastreferentin zur Verfügung.

 

Landrat Makiolla betonte die positiven Aspekte der aktuellen Reform, forderte aber auch Weiterentwicklungen: „Die Wohnberatung fehlt noch immer im Leistungsrecht der Pflegeversicherung. Das flexible Pflegebudget sollte dauerhaft eingeführt werden. Außerdem steht der Kreis Unna bereit, seine erfolgreichen bürgernahen Beratungen gemeinsam mit den Pflegekassen im Sinne des aktuellen Reformgesetzes bedarfsgerecht fortzuentwickeln“, so Michael Makiolla.

 

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt erklärte deutlich: “Die Pflegeversicherung ist erfolgreich.“ Mit der jetzt vom Bundestag verabschiedeten Reform werde das Gesetz bedürfnisorientiert weiterentwickelt. Eine erstmals eingeführte Dynamisierung greife ab 2015. Die Ministerin skizzierte die breite Vielfalt an eingeführten Verbesserungen. Vieles käme besonders der wachsenden Zahl an Demenzkranken zugute, die auch ohne Pflegestufe Leistungsansprüche haben können. „Wir stärken deutlich die häusliche Pflege, z.B. durch höhere Finanzmittel bei den Pflegestufen, verbesserte Leistungen bei der Tages- und Nachtpflege und mit der neuen Möglichkeit, in Pflegewohngemeinschaften Leistungspoole zu bilden. So wie Eltern Zeit für ihre Kinder brauchen, müssen in den Familien die Kinder auch Zeit für ihre pflegebedürftigen Eltern haben. Dies wird mit der sechsmonatigen beruflichen Pflegeauszeit gefördert“, so die Ministerin weiter.

 

Aktuell werde bis Jahresende erforscht, welcher Pflegebedürftigkeitsbegriff der heutigen Lebenswirklichkeit entspricht. Es sei erklärter politischer Wille, auch diese Erkenntnisse in der nächsten Weiterentwicklung der Pflegeversicherung zu berücksichtigen. Es zeichne sich bereits eine zukünftig flexiblere Einteilung als in die bisherigen Pflegestufen ab, so die Ministerin.

 

Zur Einführung der Pflegestützpunkte stellte die Ministerin klar: „Der Verbleib in der eigenen Häuslichkeit setzt eine gute Beratung voraus. So soll es wohnortnahe Anlaufpunkte geben, in denen der nachfragende Mensch von einem Ansprechpartner alle möglichen Beratungen und Auskünfte erhält. Dies ist der Case Manager, der Pflegeberater, also ein zentraler Hilfemanager. Niemand will dabei vorhandene Beratungsstrukturen zerstören. Wo die Kreise oder kreisfreien Städte dies wollen, können sie ihre Angebote ausbauen, auch mit nicht gewerblichen anderen Trägern zusammen, aber gemeinsam mit den zum Aufbau der Pflegestützpunkte verpflichteten Kassen.“

 

„Der Kreis Unna ist als Träger für die Erprobung flexibler Budgets in der Pflegeversicherung aufgrund seiner vorbildlichen Strukturen in der Altenarbeit ausgesucht worden, und dazu gehören die anbieter- und kostenträgerneutrale Pflegeberatung der Verbraucherzentrale als Partnerin des Kreises“, so Roland Borosch vom Landessozialministerium – dem Hauptfinanzierer des Modellprojektes Pflegebudget in NRW. „Bei allen Schwierigkeiten, die gemeinsam zu überwinden waren, überwiegen insgesamt die positiven Projekterfahrungen. Solche qualifizierten Fallmanager müssen in den neu einzurichtenden gemeinsamen Pflegestützpunkten von Pflegekassen und Kommunen berücksichtigt werden.“

 

Klaus Dumeier vom VdAK/AEV Siegburg machte deutlich, dass mit dem bundesweit auf vier Jahre angelegten Projekt der Spitzenverbände der Pflegekassen spürbare Vereinfachungen in der schwierigen häuslichen Pflegesituation für die Betroffenen und die pflegenden Angehörigen erprobt werden sollten. Bei allen Problemen wären die neuen Möglichkeiten, mit qualifizierter Beratung ganz individuelle Hilfen zu arrangieren, klar positiv zu bewerten. Allerdings müsste die wissenschaftliche Arbeit erst abgeschlossen und ausgewertet werden, bevor eine Aufnahme in das Pflegeversicherungsgesetz erfolgen könne.

 

„In unserer Pflegeberatungspraxis mit jährlich mehr als 1.500 Ratsuchenden sehen wir täglich, dass die Begrenzung der Pflegesachleistung auf wenige, genau definierte Module nicht dem Alltagsleben vieler Pflegebedürftiger und deren Familien entspricht. Das Pflegebudget bietet die Chance für Pflegebedürftige und Dienstleister, die Hilfen im Rahmen der Budgetleistungen so zu gestalten, wie sie wirklich benötigt werden“, sagte Klaus Müller, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW. Der Einsatz neutraler Case Manager sei dabei wichtig für die Familien. Die positiven Erkenntnisse sollten entsprechend bei der nächsten Pflegereform und bei der Umsetzung der Pflegestützpunkte berücksichtigt werden.

 

Prof. Dr. Thomas Klie als Leiter des bundesweiten Forscherverbundes stellte wichtige Ergebnisse der wissenschaftlichen Analyse aus diesem größten Case-Management-Projekt in der Pflege vor. So sei die Entlastung der pflegenden Angehörigen dank der flexiblen Budgetleistung nicht zu Lasten der professionellen Pflege gegangen und habe auch nicht zu niedrigerer Versorgungsqualität geführt. Das umfangreiche Wissen über die Möglichkeiten und Grenzen der selbständigen Lebensführung liefere wichtige Daten für die Politik. „Pflege ist ein soziales Schicksal. Zukünftig werden sich die Pflegebereitschaft und die Familienpflege auch milieuabhängig stark verändern. Pflegepolitik ist Familienpolitik“, so der deutliche Appell des renommierten Experten.

 

Die Case Managerin Annette Liedtke von der Verbraucherzentrale NRW stellte abschließend ihre Erfahrungen im Kreis Unna vor. „Das Pflegebudget ermöglicht eine flexiblere Bedarfsdeckung, hat neue Pflegearrangements zu Tage gefördert und die Kundenorientierung einiger Leistungsanbieter verbessert. Und pflegende Angehörige werden nachhaltig entlastet. Sämtliche heutigen Budgetnehmer wollen weiterhin die flexible Leistung beibehalten“, so dass Fazit der Pflegewissenschaftlerin.

 

Bildzeile:

Prof. Thomas Klie, Rolf Stöckel, Michael Makiolla, Ulla Schmidt, Roland Borosch, Hans Zakel, Klaus Dumeier, Klaus Müller und Annette Liedtke (v.l.). Foto: Kreis Unna





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