Landeshauptstadt Magdeburg: PRESSEINFORMATIONEN

Magdeburg, 13. November 2008

Eike-von-Repgow-Preis 2008 an Prof. Dr. Rudolf Schieffer verliehen

Der von der Landeshauptstadt Magdeburg und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg gemeinsam gestiftete Eike-von-Repgow-Preis wurde in diesem Jahr an den Präsidenten der Monumenta Germaniae Historica Prof. Dr. Rudolf Schieffer verliehen. Stadt und Universität würdigen damit sein langjähriges Wirken um die Erforschung und Pflege der mittelalterlichen Geschichte. Die Verleihung erfolgte heute im Rahmen eines Akademischen Festaktes in der Johanniskirche durch Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper und den Rektor der Otto-von-Guericke-Universität Prof. Klaus Erich Pollmann.

„Prof. Dr. Rudolf Schieffer hat mit seinen Veröffentlichungen und insbesondere in seiner Funktion als Präsident der Monumenta Germaniae Historica die Erforschung und Pflege der mittelalterlichen Geschichte Mitteldeutschlands und des Raumes der mittleren Elbe in erheblichem Maße befruchtet und gefördert“, würdigte Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper in seiner Begrüßung den Preisträger für seine langjährige Arbeit. „Mit Prof. Schieffer wurde ein überaus renommierter Experte für mittelalterliche Geschichte und damit würdiger Preisträger für den Eike-von-Repgow-Preis ausgewählt.“

Die Laudatio zur Würdigung des Preisträgers sprach Prof. Dr. Gerd Althoff, Professor für Mittelalterliche Geschichte an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und Projektleiter der aktuellen Sonderausstellung im Kulturhistorischen Museum Magdeburg „Spektakel der Macht – Rituale im Alten Europa 800 – 1800“. Unter dem Titel „Die Anfänge literarischen Schaffens zwischen Harz und Elbe.“ hielt der Preisträger im Anschluss einen Festvortrag. Gäste der Preisverleihung in der Magdeburger Johanniskirche waren unter anderem Sachsen-Anhalts Justizministerin Prof. Dr. Angela Kolb, frühere Eike-von-Repgow-Preisträger sowie hochrangige Vertreter aus Politik und Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft.

Der Eike-von-Repgow-Preis besteht aus einer Bronzestatuette des Magdeburger Bildhauers Heinrich Apel, die Eike von Repgow darstellt, einer Ehrenurkunde und einer Dotation in Höhe von 2.500 Euro.


Hinweis: Auf Wunsch erhalten Sie ein Foto des Preisträgers in digitaler Form.

Curriculum Vitae – Prof. Dr. Rudolf Schieffer


* 31. Januar 1947 in Mainz

Werdegang:
1971  Abschluss des Studiums in Geschichte und Latein mit dem
Staatsexamen
1975   Promotion in Bonn
1975-1980  wissenschaftlicher Mitarbeiter der Monumenta Germaniae Historica (MGH) in München
1979   Habilitation in Regensburg über „Die Entstehung des päpstlichen
Investiturverbots für den deutschen König.“
1980-1994 Professor für Mittelalterliche und Neuere Geschichte an der
Universität Bonn
seit 1994  Professor für Geschichte an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) sowie Präsident der Monumenta Germaniae Historica (MGH)


Forschungsschwerpunkte:
- Spezialist für die Karolingerzeit
- Politische und Kirchengeschichte von der Spätantike bis zum hohen Mittelalter
- Quellenkunde und Texteditionen


Wichtige Schriften (Auswahl):
- Die Entstehung von Domkapiteln in Deutschland,  1976
- Die Entstehung des päpstlichen Investiturverbots für den deutschen König, 1981
- Schriftkultur und Reichsverwaltung unter den Karolingern, 1996
- Der geschichtliche Ort der ottonisch-salischen Reichskirchenpolitik, 1998
- Kirche und Bildung vom Mittelalter bis zur Gegenwart, 2001
- Die Streitschriften Hinkmars von Reims und Hinkmars von Laon, 2003
- Neues von der Kaiserkrönung Karls des Großen, 2004
- Handbuch der deutschen Geschichte / Bd. 2: Spätantike bis zum Ende des Mittelalters. Die Zeit des karolingischen Großreichs, 2005
- Die Hofgeschichtsschreibung im mittelalterlichen Europa, 2006
- Die Karolinger, 2006


Sonstiges/ Mitgliedschaften:
- korrespondierendes Mitglied der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften
- korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften in Göttingen
- korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften
- korrespondierendes Mitglied Royal Historical Society, London
- korrespondierendes Mitglied Mediaeval Acad. of America
- korrespondierendes Mitglied der philosophisch-historischen Klasse im Ausland
 

Eike-von-Repgow-Preis

Der Eike-von-Repgow-Preis wird gemeinsam von der Landeshauptstadt Magdeburg und der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg verliehen.
Die erste Verleihung fand 1998 statt. Seit dem Jahr 2004 wird der Preis im Wechsel mit dem Eike-von-Repgow-Stipendium verliehen.

Im Vertrag über die Verleihung des Eike-von-Repgow-Preises heißt es u.a.:
„Die Vertragspartner wollen mit diesem Preis die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Geschichte und Kultur Mitteldeutschlands und des Gebiets der mittleren Elbe fördern sowie in Eike von Repgow eine bedeutende Persönlichkeit würdigen, die auf dem Boden Sachsen-Anhalts gewirkt hat. Zugleich soll der Preis an die Verbindung dieses Raums mit anderen Teilen Europas erinnern.“
"Der Preisträger soll sich entweder in seinem wissenschaftlichen oder literarischen Werk insbesondere mit der historischen Region Sachsen als Thema der Geschichte, der Rechtsgeschichte, der Germanistik oder der Sozialwissenschaften in herausragender Weise beschäftigt haben oder durch besondere wissenschaftsorientierte Leistungen zur Erforschung der historischen Region Sachsen ausgewiesen sein. Untersuchungsergebnisse über die Wirkung der historischen Region Sachsen auf den west- und osteuropäischen Raum sind erwünscht."

Der Preis besteht aus einer Bronzestatuette des Magdeburger Bildhauers Heinrich Apel, die Eike von Repgow darstellt, einer Ehrenurkunde und einer Dotation in Höhe von 2.500 Euro.


Bisherige Eike-von-Repgow-Preisträger:
1998 Herr Prof. Dr. Dr. h. c. Ernst Eichler
1999 Herr Prof. Dr. phil. habil. Günter Mühlpfordt
2000 Frau Prof. Dr. Dr. h. c. Ruth Schmidt-Wiegand
2001 Herr Prof. Jürgen Goydke
2002 Herr Prof. Dr. Heiner Lück
2003 Herr Prof. Dr. Friedrich Wilhelm Ebel
2004 Frau Prof. Dr. Danuta Janicka
2006 Herr Prof. Dr. Dr. h. c. Karl Kroeschell

Darüber hinaus bekam Prof. Dr. Dr. hc. Rolf Lieberwirth 1988 die Repgow-Statuette verliehen und hat den Status eines Preisträgers.


Eike von Repgow

- um 1180 geboren
- nach 1233 gestorben in Großmühlen/Schönebeck bei Magdeburg
- Schüler der Domschulen in Halberstadt und Magdeburg
- Er besaß ein Haus in der Magdeburger Altstadt und ist um 1233 als Schöffe in einem Gerichtsvergleich in Salbke urkundlich nachgewiesen.

Der Schöffe und Ritter Eike von Repgow stammt vermutlich aus einer ostfälisch-sächsischen Familie. Die von Repgow sind Vasallen des Erzbischofs von Magdeburg. Eike von Repgow stand in verschiedenen Diensten, unter anderem auch als Rechtsberater verschiedener Fürsten. Nach den Maßstäben seiner Zeit ist er kein Gelehrter, aber er beherrscht die deutsche und lateinische Sprache, kann lesen und schreiben und kennt sich in kirchlichem und weltlichem Recht gut aus.

Als Lehnsmann und Rechtsberater des Grafen Hoyer von Falkenstein sowie in seiner Tätigkeit als Schöffe erwirbt Eike von Repgow umfassende Rechtskenntnisse. Von seinem Lehnsherren wird er motiviert, diese Kenntnisse aufzuschreiben. Er nennt seine Niederschrift den „Spiegel der Sachsen“. Von 1220 bis 1235 entstehen unter anderem auch auf der Burg Falkenstein mehrere Fassungen des „Sachsenspiegels“, zunächst in lateinischer, dann auch in deutscher Sprache. Niederdeutsche und hochdeutsche Elemente fließen in den Text ein.

Was Eike von Repgow niederschreibt ist zum Teil das Recht, das zu seiner Zeit, in seinem Lebensraum gegolten hat. Zum Teil ist es Recht, das er durch seine Schöffentätigkeit selbst geschaffen hatte, und es beruht auf dem Recht der „guten Vorfahren“.
Repgow spricht auch Privatrecht im Sinne des „Sachsenspiegels“. Es stützt den zu dieser Zeit aufkommenden Gedanken, dass die in einem Raum – Stadt, Land, Fürstentum, Siedlung usw. – lebenden freien Menschen einem gemeinsamen Recht unterworfen sein müssen. Grundsätzlich regelt der „Sachsenspiegel“ – im Gegensatz zum Stadtrecht – das Landes- und Lehnsrecht. Im „Sachsenspiegel“ ist das erste Mal in der Geschichte „Strafrecht“ nachzulesen bzw. in Bildern dargestellt.

 

Das Magdeburger Recht

Der „Sachsenspiegel“ ist das erste Prosawerk in deutscher Sprache und gilt als eines der ältesten Rechtsbücher. Es wurde auf der Burg Falkenstein bei Magdeburg im Jahre 1225 von Eike von Repgow aufgeschrieben.

Ab 1130 entwickelt sich in Magdeburg Stadtrecht und 1188 wird es der Stadt von Erzbischof Wichmann verliehen. Das Magdeburger Stadtrecht gelangt mit dem Sachsenspiegel als Magdeburger Recht durch Rechtsverleihung nach Osteuropa.
Das Magdeburger Recht gilt als eines der bedeutendsten mittelalterlichen Stadtrechte. Es beinhaltete Regelungen zum Kaufmannsrecht, zum Ehegüter- und Erbrecht sowie zum Strafrecht. Der Magdeburger Oberhof mit seinen Schöffen fungierte Jahrhunderte als führende Instanz der Region Mitteldeutschland.
Von Braunschweig über Stendal, Goslar, Halberstadt, Halle, Leipzig bis Dresden fand das Magdeburger Recht ebenso Verbreitung wie in Prag, Leitmeritz, Warschau, Posen oder Kiew sowie in verschiedenen russischen Städten bis nach Nowgorod. Man spricht in Osteuropa von der Magdeburger Stadtrechtsfamilie. Bürger und Räte ost- und westelbischer Städte wandten sich um Hilfe bei der Rechtsprechung an den Magdeburger Schöffenstuhl.
Im Auftrag des Schöffenstuhls entsteht die ebenso verbreitete Magdeburger Schöffenchronik. Von den Rechtsverleihungen und Rechtsprechungen gehen wiederum Rückwirkungen für die Stadtentwicklung und das städtische Recht aus.

Der „Sachsenspiegel“ ist, wie alle Rechtsbücher des 13. Jahrhunderts, private Aufzeichnung eines Rechtskundigen – also kein „Recht“ im eigentlichen Sinne. Erst durch die Rechtsprechung nach diesen Schriften, also dem Rechtsgebrauch, wird es formales Recht. Die bedeutendsten Sammlungen von Oberhofurteilen entstehen in Lübeck und Magdeburg. Besonders die Magdeburger Rechtsaufzeichnungen lassen die Entwicklung des Rechts bis in die Neuzeit hinein verfolgen.
Auf den „Sachsenspiegel“ aus der Zeit um 1220/1230 nimmt noch das Reichsgericht in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts Bezug. In Teilen Deutschlands zum Beispiel im Herzogtum Anhalt, bleibt der „Sachsenspiegel“ bis zum 31. Dezember 1899 geltendes Recht. Ab dem 1.1.1900 trat das Bürgerliche Gesetzbuch in Kraft und noch im Jahre 1932 stützte das Reichsgericht in Leipzig ein Urteil auf den „Sachsenspiegel“. In Kiew gilt das Magdeburger Recht bis 1857, in anderen osteuropäischen Städten bis zur Wende zum 20. Jahrhundert.

Bis zum 15. Jahrhundert entstehen die vier Fassungen des „Sachsenspiegels“, Bilderhandschriften, glossierte Handschriften und lateinische Sachsenspiegeltexte, die sich alle auf die vierte Fassung beziehen.
Diese vierte Fassung entsteht zwischen 1261 und 1270 in Magdeburg, vermutlich durch den Schöffenstuhl. Sie bezieht sich auf die meisten Repgowschen Texte und ihre Besonderheit liegt darin, dass der Sachsenspiegel damit seinen inhaltlichen Abschluss fand. Insofern ist es völlig legitim, auch im Zusammenhang mit dem „Sachsenspiegel“, vom „Magdeburger Recht“ zu sprechen.

Die Forschungsstelle zum Magdeburger Recht

Seit April 2003 gibt es in Magdeburg eine Forschungsstelle zum Magdeburger Recht. Das Forschungsprojekt wurde vom Eike-von-Repgow-Preisträger 2003 Dr. Heiner Lück, Professor für Bürgerliches Recht, Europäische, Deutsche und Sächsische Rechtsgeschichte an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg und Präsidiumsmitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, initiiert. Von 2004 bis 2007 war die Magdeburgerin und Eike-von-Repgow-Stipendiatin des Jahres 2007, Marion Perrin, wissenschaftliche Mitarbeiterin und Mitbegründerin der Forschungsstelle „Magdeburger Recht“. Aufgrund der erfolgreichen Arbeit ist es im letzten Jahr gelungen, die Magdeburger Arbeitsstelle in das Akademieprogramm zu übernehmen. Dies bedeutet die finanzielle Absicherung dieser Stelle in Magdeburg für weitere 12 Jahre.

Gegenstand der Untersuchungen ist es, die Verbreitung und Funktion des Magdeburger Stadtrechts in Osteuropa und seine Rolle als Wirtschaftsfaktor in den Städten Ostmitteleuropas während des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit weiter zu erforschen.
Im Zentrum der wissenschaftlichen Bemühungen stehen Studien zur Verbreitung des Magdeburger Stadtrechts in einem europäischen Maßstab sowie zur Funktion jener Rechtsfiguren, welche insbesondere wirtschaftlich relevant waren, u.a. Zunft, Kaufleute, Handelsverträge, Gerichtsbarkeit über Handelssachen, Maß und Gewicht. Diese Aufgaben sind nur in enger Kooperation mit osteuropäischen Wissenschaftlern zu lösen. Diese unverzichtbare Kooperation wird durch die Anbindung der Forschungsstelle an das Akademievorhaben „Das sächsisch-magdeburgische Recht als kulturelles Bindeglied zwischen den Rechtsordnungen Ost- und Mitteleuropas“ bei der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig gewährleistet.

Die Bedeutung des Magdeburger Rechts für die Geschichte des mittel- und osteuropäischen Raumes ist unbestritten. Sein hoher Entwicklungsstand führte dazu, dass einzelne Privilegien für Magdeburger Kaufleute schon im 10. und 11. Jahrhundert als Vorbild für andere Orte im mitteldeutschen Raum dienten.




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Stadt Magdeburg
Frau Dr. Cornelia Poenicke
Büro des Oberbürgermeisters
Teamleiter Öffentlichkeitsarbeit und Bürgeranliegen, Pressesprecherin
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