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Hanau, 19. November 2013
Ministerin Puttrich verbietet Love Family Park
- Stadt Hanau und Veranstalter zutiefst enttäuscht

Der Love Family Park darf zukünftig nicht mehr auf den Mainwiesen in Hanau stattfinden. Das ist die Kernaussage eines Schreibens von Staatsministerin Lucia Puttrich vom Hessischen Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, welches gestern das Hanauer Rathaus erreichte. Auf anderthalb Seiten gibt die Ministerin in dürren Worten die umweltrelevanten Argumente wieder, die das Regierungspräsidium Darmstadt bereits in einem Schreiben im August präsentiert hatte. Auf die von der Stadt vorgetragenen umweltgerechten Lösungsansätze oder die Bedeutung der Veranstaltung für die Region geht sie mit keinem Wort ein.

„Wir sind von der Weisung der Landesregierung tief enttäuscht“, kommentierten Oberbürgermeister Claus Kaminsky und Stadtrat Andreas Kowol den Brief. Sowohl das angewandte Verfahren, als auch das Ergebnis zu dem Puttrich gekommen sei, stünden in keinem Verhältnis zu Bedeutung des Love Family Parks. „Zigtausende junge Menschen, die hier Jahr für Jahr friedlich gefeiert haben, werden diese Enttäuschung mit uns teilen“, so der OB. Offensichtlich habe man die Bedeutung der Veranstaltung für die Jugendkultur weder in Darmstadt noch in Wiesbaden auch nur ansatzweise ernst genommen. Darauf deute bereits der Brief des Regierungspräsidiums Darmstadt vom August dieses Jahres hin, dem es heißt, dass „die Veranstaltung nur einen begrenzten Adressatenkreis innerhalb der Bevölkerung anspricht und auch nicht wesentlich zur Verbesserung der Wirtschaftskraft beiträgt.“ Auf Basis dieser Aussage, habe Ministerin Puttrich wohl kurzerhand gegen den Love Family Park entschieden, ohne weitere Argumente oder Lösungsansätze in Erwägung zu ziehen, so der OB. Dabei sei das Musikfestival seit 17 Jahren eine feste Institution der Jugendkultur in Deutschland und weit über die Landesgrenzen hinaus.

Noch kurz vor der Wahl im September hatte Ministerin Puttrich im Interview - und später per Schreiben an die Stadt - angeboten, bei einem ernsthaften Austausch am runden Tisch eine Lösung zu finden. Sie plane einen ergebnisoffenen Dialog, der am besten mit Hilfe eines Mediators geführt werden solle, sagte sie gegenüber dem Hanauer Anzeiger. Bei einem schnell anberaumten ersten Gesprächstermin auf Fachebene Ende September wurden dann Argumente zwischen städtischen Fachleuten und Oberer Naturschutzbehörde ausgetauscht.

Während des Treffens formulierte Dr. Stefan Huck, der im Auftrag der Stadt Hanau ein Gutachten über die Auswirkungen des Musikfestivals auf die Fauna und Flora der Mainwiesen verfasst hatte, erneut seine Schlussfolgerung: „Die bislang vorliegenden Erkenntnisse reichen nicht für eine belastbare Prognose hinsichtlich einer dauerhaften Beeinträchtigung der Landschaftsschutzgebietsfläche aus. So sind sämtliche schützenswerten Pflanzenarten auch nach zehn Jahren Love Family Park noch auf der Fläche vorhanden.“ Das Regierungspräsidium hätte bei einer genauen Durchsicht des Gutachtens erkennen müssen, dass die bisher festgestellten Vegetationsveränderungen eben nur Tendenzen aufzeigen und nur durch weitere Untersuchungen im Rahmen eines mehrjährigen Monitorings belastbare Aussagen getroffen werden könnten, so Huck.

Wie Huck betonte, zählt das Landschaftsschutzgebiet "Hessische Mainauen" mit 2.575 ha Fläche zu den 20 größten Landschaftsschutzgebieten in Hessen. „Die hier betroffene Fläche hat eine Größe von rund neuen Hektar, was in etwa 0,4 Prozent der gesamten Landschaftsschutzgebietsfläche entspricht.“ Es sei davon auszugehen, dass die ökologischen Funktionen bei Berücksichtigung von weiteren Schutz- und Ausgleichsmaßnahmen in weit überwiegendem Maße auch vom übrigen Landschaftsschutzgebiet wahrgenommen werden könnten. Im Übrigen gehe die betroffene Fläche auch nicht vollständig für den Auenverbund und die Schutzziele des Landschaftsschutzgebiets verloren.

„Aus diesen Gründen halten wir eine Genehmigungserteilung, an die sich ab 2014 ein Monitoring der Fläche anschließt, für angebracht“, bekräftigen Kaminsky und Kowol in einem Schreiben an Ministerin Puttrich vom 7. Oktober, in dem sie ihr für die Dialogbereitschaft und den ersten fachlichen Austausch danken. „Wir halten es für sinnvoll, die angestrebte Lösung mit Ihnen persönlich zu erörtern. Für Terminvorschläge wären wir Ihnen dankbar“, heißt es weiter in dem Brief an Puttrich.

„Für uns war das erst der Auftakt zu einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Thema und seinen vielschichtigen Aspekten“, so Stadtrat Kowol. „Doch leider ließ die Ministerin uns weder Terminvorschläge zukommen, noch griff sie zum Hörer, um das persönliche Gespräch zu suchen.“ Knapp sechs Wochen lang habe es überhaupt keine Reaktion aus Wiesbaden gegeben, bis am gestrigen Tag Puttrichs ablehnendes Schreiben ins Haus geflattert sei. „Wir haben das Angebot der Ministerin für einen ergebnisoffenen Dialog ernstgenommen. Das war ein Fehler! Denn ein Dialog war das mit Sicherheit nicht, sondern eine einseitige Entscheidung!“, sind sich Kaminsky und Kowol einig.

Puttrich habe nach der Wahl wohl keine Lust mehr verspürt sich mit dem Thema Jugendkultur weiter zu beschäftigen, spekuliert der OB. „Es ist kein Wunder, dass es bei der Jugend eine zunehmende Politikverdrossenheit gibt. Schließlich werden ihre Interessen von manchen Politikerinnen und Politikern überhaupt nicht ernst genommen!“, ergänzt der OB verärgert. Er könne verstehen, dass die Techno-Fans über die Behandlung seitens der Landesregierung empört seien. „Wir sind es auch!“ Ohne weitere Abwägung oder Erörterung von alternativen Lösungsvorschlägen, habe man eine Veranstaltung mit siebzehnjähriger Tradition und von internationalem Renommee vom Tisch gewischt. „Auch die Bedeutung von 20.000 Besucherinnen und Besuchern für die lokale Wirtschaft der Stadt Hanau wurde komplett ignoriert!“

Auch Veranstalter Cosmopop gibt seiner tiefen Enttäuschung Ausdruck: „Nach 17 Jahren in Hanau ist uns und allen Musikfans in Europa dieses Festival sehr ans Herz gewachsen. Es ist schwer zu akzeptieren, dass es dieses Event nun in Zukunft hier nicht mehr geben soll!“, so Geschäftsführer Steffen Charles. „Wir haben hier stets Unterstützung auf allen Ebenen gefunden. Vom Oberbürgermeister, dem Magistrat und den Stadtverordneten bis hin zur Verwaltung hat die Stadt alles getan, um den Fortbestand der Veranstaltung zu sichern. Selbst die Hanauer Bürgerinnen und Bürger haben uns unterstützt und vor ein paar Jahren die Initiative „SAVE THE PARK“ gegründet. Für diese große Engagement für den Love Family Park möchten wir der der Stadt Hanau herzlich danken.“ Man werde nun die nächsten Schritte prüfen, so Charles „Wir werden jetzt nach alternativen Standorten in der Region Ausschau halten, aber natürlich auch außerhalb weiter suchen. . .“

 

Hintergrund:

Der Love Family Park findet seit 1996 in Hanau statt und hat sich in den vergangenen siebzehn Jahren zu einer Institution der Jugendkultur in Deutschland und über die Landesgrenzen hinaus entwickelt. Die Veranstaltung ist inzwischen das größte Open-Air für elektronische Musik im Rhein-Main-Gebiet und eines der bedeutendsten Techno-Festivals in Deutschland. Zudem ist es das wichtigste Tages-Open-Air-Technofestival und hat inzwischen viele Nachahmer in München, Berlin, Köln und anderen Städten gefunden.

Das musikalische Programm des Love Family Park präsentiert auf drei großen Bühnen „das Non-Plus-Ultra der elektronischen Musikszene“ (Frankfurter Rundschau, 8. Juni 2008). Technisch aufwendige Bühnenshows, innovative Licht- und Tontechnik sorgen für weitere Hochstimmung bei den Gästen. Diese Elemente in Kombination mit Tageslicht und wunderschöner Natur, tragen zur herzlichen und friedlichen Atmosphäre bei.

In den Anfangsjahren wurde noch der Dunlop Park in der Nähe des Hauptbahnhofs als Veranstaltungsgelände für das Musikfestival genutzt. Auf Grund der rasant wachsenden Größe und Beliebtheit der Veranstaltung wurde sie im Sommer 2003 jedoch auf die Mainwiesen in Großauheim unterhalb der Hellentalbrücke verlegt. Dort treffen sich jedes Jahr an einem Sonntag im Juli rund 20.000 Technofans, um zu feiern, zu tanzen und Musik zu hören.

Rund 20 Prozent der Gäste kommen aus dem europäischen Ausland (Italien, Spanien, Frankreich, Holland, Belgien, Schweiz, England), 40 Prozent kommen aus dem Großraum Frankfurt und 40 Prozent aus dem restlichen Deutschland. Das Durchschnittsalter der Besucher liegt bei 23,7 Jahren.

Die Veranstaltung liegt regelmäßig in Leserumfragen der Szenemagazine unter den Top Ten. Auch auf Facebook, dem Epizentrum für Kommunikation für Jugendliche und Jung-Gebliebene, schlägt sich die Beliebtheit des Love Family Park wieder. Die Love Family Park-Homepage ist in den Top Ten der größten Facebook-Festivalseiten in Deutschland (auch genreübgreifend im Vergleich zu Rock am Ring, Wacken, Time Warp, SonneMondStern usw.) Ähnlich hoch ist die Zahl der Aufrufe der Videos auf YouTube sowie die Berichte über das Festival in den Medien.



Pressekontakt: Stadt Hanau, Ute Wolf, Telefon 06181/295-664


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