Pressemitteilung vom07. April 2014
Photovoltaikanlagen auf dem Entsorgungszentrum Kirschenplantage bei Hofgeismar gehen in Betrieb

Hofgeismar. Wenn die Schafe in diesem Frühjahr auf der rekultivierten Deponiefläche des Entsorgungszentrums Kirschenplantage bei Hofgeismar grasen, haben sie ein Dach über dem Kopf. Denn dort steht seit neuestem ein großer Solarpark auf einer Unterkonstruktion, die für die tierischen Mähhilfen einfach zu unterlaufen ist. Über den Köpfen der Schafe glänzen die Photovoltaikmodule in der Sonne und produzieren umweltfreundlichen Strom, der für rund 625 Vierpersonenhaushalte reicht.

 

„Mit der Inbetriebnahme der Photovoltaikanlagen gehen wir mit einer Gesamtleistung von zwei Megawattpeak in Betrieb“, informiert Vizelandrätin Susanne Selbert. In der Photovoltaik wird die maximal mögliche Leistung einer Solaranlage bei Standardbedingungen als Peak-Leistung definiert. Die Anlage besteht aus einer Dachfläche auf dem Gebäude der Biokompostierungshalle mit einer Anschlussleistung von 560 Kilowattpeak und einer Freiflächenanlage auf rund 3,7 Hektar Fläche der Altdeponie mit einer Leistung von zwei Megawattpeak.

 

 „Wir freuen uns sehr, dass es gelungen ist, nach nur vier Monaten Bauzeit die neuen Solaranlagen in Betrieb nehmen zu können“, so Selbert weiter. Möglich wurde diese extrem kurze Bauzeit durch die „perfekte Baukoordination vom Ingenieurbüro Peschla + Rochmess aus Kaiserslautern und das große Engagement der beteiligten Firmen, bei denen wir uns an dieser Stelle ganz herzlich bedanken möchten“, betont die Vizelandrätin.

Der Energietechnikspezialist Schneider Electric aus Seligenstadt lieferte eine kompakte Netzstation für die Anbindung der Dachanlage sowie eine begehbare Übergabestation für die Freiflächenanlage. Das südhessische Unternehmen arbeitete hier eng mit der EAM zusammen.

 

Bis zu 40 Mitarbeiter der verschiedenen Baufirmen hatten in einem eigens für sie errichteten temporären Containerdorf auf einem ansonsten als Lagerfläche genutzten Areal im Entsorgungszentrum gewohnt, „um diese Herkulesaufgabe zu stemmen“, ergänzt der Betriebsleiter des Eigenbetriebs Abfallentsorgung Kreis Kassel, Uwe Pietsch.   

 

Das Aufstellen der Photovoltaikanlagen auf der Deponie ist kompliziert: Bei der Nutzung eines alten Deponiekörpers für eine Photovoltaikanlage darf weder die Funktion noch die Standsicherheit der Rekultivierungsschicht oder gar das Abdichtungssystem durch den Bau beschädigt werden. Die Gasbrunnen müssen zugänglich bleiben und es müssen jederzeit erforderliche Reparaturen an der Abdichtung durchgeführt werden können. Pietsch: „Der Bau einer Solaranlage auf einer rekultivierten  Deponie erfordert einen wesentlich höheren Planungs- und Konstruktionsaufwand als Solaranlagen auf herkömmlichen Freiflächen“. Diese komplexen Anforderungen erfordern einen hohen finanziellen Aufwand und Expertenwissen.

 

„Andere Bundesländer fördern den Bau von Solaranlagen auf Deponien und unterstützen so die Deponiebetreiber bei diesen hohen Aufwendungen, denn die Vorteile für die Region, die Umwelt und das Klima sind vielfältig“, erläutert der Leiter des Entsorgungszentrums Diplom-Geologe Andreas Krieter. Leider habe Hessen kein derartiges Förderprogramm, „vermutlich sind wir deswegen erst der siebte Deponiestandort mit Photovoltaikanlagen in Hessen.“

 

Die Grundlage für die Idee, auf der stillgelegten Deponiefläche „Kirschenplantage“ umweltfreundlichen Strom zu erzeugen, wurde bereits im Jahr 2011 mit einem Beschluss des Kreistages gelegt. Nach eingehender Prüfung unterschiedlichster Energieerzeugungsformen samt deren  Wirtschaftlichkeit fiel die Entscheidung für eine Photovoltaikanlage. Betriebsleiter Pietsch benennt die Vorteile: „Ein ehemaliger Deponiestandort darf nicht für Ackerbau oder Forstwirtschaft genutzt werden - mit dieser Nutzung als Solarstandort betreiben wir Flächenrecycling“.

Es werden Flächen in den Wirtschaftskreislauf zurückgeführt und im Gegensatz zu anderen Solaranlagen auf Freiflächen keine landwirtschaftliche Nutzung verdrängt. Weder die Tier- und Pflanzenwelt noch Grundwasser, Boden oder Luft werden beeinträchtigt.

 

Für den Eigenbetrieb Abfallentsorgung ergeben sich durch die Bündelung verschiedener Formen der Energieerzeugung an einem Standort (Deponiegasverwertung, Sonnenernergienutzung) Synergien. Die am Standort vorhandene Infrastruktur kann weiter genutzt werden.

 

„Mit dem Betrieb von Photovoltaikanlagen auf dem Entsorgungszentrum Kirschenplantage werden neue Energieformen auf verträgliche und sinnvolle Art in die Landschaft integriert“, unterstreicht Vizelandrätin Selbert. Insgesamt werden durch die neuen Anlagen jährlich rund 2,5 Millionen kWh Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt, was dem durchschnittlichen Jahresstromverbrauch von 625 Vierpersonenhaushalten entspricht. Diese dezentrale Energieerzeugung in der Region vor Ort, vermindere die Abhängigkeit Deutschlands von Energieimporten und sei eine notwendige Antwort auf die weltweite Verknappung der Bestände an fossilen Brennstoffen wie Erdöl, Erdgas oder Kohle. Durch den Ersatz von fossilen Energieträgern werden gleichzeitig rund 1.800 Tonnen CO²- Emission pro Jahr vermieden. Selbert: „Die Abfallwirtschaft hat sich von einer klimabelastenden Branche zu einem Motor im Klimaschutz entwickelt - vom klassischen Entsorger zum Energie- und Rohstofflieferanten“.

 

Der Ertrag der Photovoltaikanlagen wurde auf Basis eines langjährigen Mittelwertes der am Deponiestandort Hofgeismar gemessenen Solarstrahlung ermittelt. Die Abfallentsorgung Kreis Kassel geht davon aus, dass der im Winterhalbjahr erzeugte Strom zu 100 Prozent selbst verbraucht oder direkt vermarktet wird. Von dem  im Sommerhalbjahr erzeugten Strom wird ein geringer Prozentsatz in das öffentliche Netz mit Förderung nach dem Erneuerbaren Energiegesetz (EEG) eingespeist werden. Auf das gesamte Jahr umgerechnet liegt dieser Anteil bei rund 10 Prozent.  Durch diese anteilig sehr geringe Förderung über die Einspeisevergütung nach EEG ist die Belastung der privaten Stromzahler geringer.

 

Die Wirtschaftlichkeit der Anlage wird durch Eigenstromnutzung optimiert, da die Stromgestehungskosten (sämtliche Kosten und Gebühren inkl. Betriebskosten während der Laufzeit) der neuen Photovoltaikanlagen deutlich unterhalb der aktuellen Strombezugskosten (= Einkauf von Strom) liegen. Die eigene Nutzung des selbst erzeugten Sonnenstroms bedeutet eine Abkopplung von künftigen Strompreiserhöhungen. Die zusätzlichen wirtschaftlichen Vorteile in den nächsten Jahren sind damit schon vorgezeichnet.

 

„Wir haben untersucht, wie viel Strom im Entsorgungszentrum Kirschenplantage direkt verbraucht werden kann und welche Menge des dann überschüssigen Stroms in anderen Anlagen der Abfallentsorgung Kreis Kassel oder auch in  landkreiseigenen Anlagen wie zum Beispiel Schulen genutzt werden kann“, erläutert Entsorgungszentrumleiter Krieter. Bei einer Eigenstromnutzung kann der Strom nur in unmittelbarer räumlicher Nähe zur Erzeugeranlage verbraucht werden. Zur Versorgung von anderen Einrichtungen des Landkreises Kassel muss das öffentliche Stromnetz genutzt werden. Die hierfür zusätzlich anfallenden Gebühren und Aufschläge werden den Stromgestehungskosten zugerechnet und liegen teilweise trotzdem unter den bisherigen Strombezugskosten der zu versorgenden Liegenschaften. Unter Berücksichtigung zukünftiger Strompreiserhöhungen werde die Wirtschaftlichkeit weiter zunehmen, ist sich Krieter sicher.



Pressekontakt: Pressestelle LANDKREIS KASSEL, Harald Kühlborn



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Auf dem Fotos sieht man die beiden Landtagsabgeordneten Timon Gremmels und Brigitte Hofmeyer sowie Vizelandrätin Susanne Selbert beim Einschalten der Anlage.


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