Pressemitteilung vom10. Juni 2014
Selbert: „Land kommt seiner Finanzierungsverantwortung für Asylbewerber immer noch nicht nach“ – Zahl der Asylbewerber weiter auf hohem Niveau

Kreis Kassel. „Das Land Hessen kommt nach wie vor nicht seiner Finanzierungsverantwortung für die Leistungen für Asylbewerber nach“, stellt Vizelandrätin Susanne Selbert enttäuscht fest. Sie sei sich mit ihren Kollegen der anderen hessischen Landkreise einig, dass die Landesregierung die Kommunen im Bereich der Asylbewerberleistungen finanziell „im Regen stehen“ lasse.

 

Der Landkreis Kassel habe seit 2009 rund neun Millionen Euro mehr für die Betreuung, Unterbringung und Versorgung der zugewiesenen Asylbewerber aufgebracht, als vom Land erstattet wird. Nach Erhebungen des Hessischen Landkreistages beläuft sich diese Kostenunterdeckung hessenweit mittlerweile auf 200 Millionen Euro. Da das Land keinerlei Initiativen zu einer adäquaten Finanzausstattung der Landkreise und kreisfreien Städte unternehme, werden sich „die Schulden des Landes bei uns 2014 weiter um mindestens 250.000 Euro erhöhen“, rechnet Selbert vor.

 

Die entsprechenden Erhebungen des Landkreistages werden auch vom Hessischen Rechnungshof bestätigt, der in seinem Kommunalbericht 2013 feststellt, dass im Jahr 2011 der Eigenanteil der betrachteten Landkreise für die Aufnahme und Unterbringung von Asylbewerbern in Hessen bei durchschnittlich 46 Prozent lag. Das heißt, vom Land wurden nur knapp über die Hälfte der anfallenden Kosten übernommen. Selbert: „Dieser Trend hält bis heute an“.

 

Die vom Land jetzt angekündigte Bereitstellung von bis zu 60 Millionen Euro im Entwurf des Nachtragshaushaltes für 2014 trage zu keinerlei Entlastung bei. „Die Gelder im Nachtragshaushalt stehen ausschließlich für die Landeserstaufnahmeeinrichtung

in Gießen sowie zur Finanzierung der üblichen Pauschalen für die erhöhten Fallzahlen zur Verfügung“, informiert die Vizelandrätin.

 

Der Landkreistag fordere daher das Land auf, den Ansatz im Entwurf des Nachtragshaushaltes von 60 auf 120 Millionen Euro zu verdoppeln und damit die bei den Kommunen entstehenden Kosten für die Erbringung der Landesaufgabe zu übernehmen. Die jetzigen Finanzierungsengpässe schränkten die Handlungsspielräume vor Ort merklich ein und erschweren nachhaltig die Aufnahme und Unterbringung

der weiter steigenden Zahl von Asylbewerbern, so Selbert weiter.

 

Die Zahl der im Landkreis Kassel zu betreuenden Asylbewerber werde weiter steigen. „Ende März lebten 618 Asylbewerberinnen und Asylbewerber im Kreis – wir rechnen mit 700 weiteren Zuweisungen in diesem Jahr“, berichtet Selbert. Bis zum Ende des Jahres sei eine Gesamtzahl von 1.000 Asylbewerberinnen und Asylbewerbern „nicht unwahrscheinlich“. Die Zahlen belegen die Fluktuation bei den Asylsuchenden. Asylbewerberinnen und Asylbewerber können einen anderen Aufenthaltsstatus erhalten, sie reisen freiwillig zurück in die jeweiligen Herkunftsländer, werden abgeschoben oder sie wechseln zum Beispiel im Rahmen einer Familienzusammenführung ihren Wohnort in Deutschland, berichtet die Vizelandrätin.

 

Rund die Hälfte der Asylbewerberinnen und Asylbewerber (310) leben in Privatwohnungen im Landkreis – 308 leben in Gemeinschaftsunterkünften. Selbert: „Unser Ziel ist es, möglichst viele Mietverhältnisse in Wohnungen zu realisieren, da diese Unterbringungsform die Integration und die Teilhabe am Leben in Deutschland am besten ermöglicht“. Entsprechender Wohnraum werde daher weiterhin gesucht.

Selbert: „Wir haben sehr gute Erfahrungen mit der Unterbringung von  Asylbewerbern in Privatwohnungen gemacht“.

 

Alle Vermieter, die noch freie Wohnungen zur Verfügung haben, sollten sich mit Frau Fischer (Tel.: 0561/1003-1843/Mail: pia-fischer@landkreiskassel.de) oder Frau Spangenberg (Tel.: 0561/1003-1426 Mail: Andrea-Spangenberg@landkreiskassel.de) vom Fachbereich Soziales in Verbindung setzen, um den hilfesuchenden Menschen den Einstieg in ein geregeltes Leben in Deutschland zu erleichtern.

Bei der Unterbringung in Privatwohnungen werden die Mietverträge mit den Asylsuchenden geschlossen – der Landkreis übernimmt jedoch die Unterkunftskosten für die Asylbewerber soweit sie angemessen sind. Gesucht werden insbesondere günstige Wohnungen bis 50 qm für Alleinstehende.

 

Nach der Ankunft der Flüchtlinge ist es jedoch wichtig, dass sie für einen überschaubaren Zeitraum zunächst zur Ruhe kommen und Kontakte aufbauen können sowie Grundlagen unseres Staatswesens, unserer Kultur und unserer Sprache kennenlernen. So ist es sinnvoll, auch entsprechende Kapazitäten in Gemeinschaftsunterkünften vorzuhalten. Aktuell betreibt der Kreis eigene Gemeinschaftsunterkünfte in der Pommernanlage in Wolfhagen (180 Plätze belegt), im „Rosengarten“ in Vellmar (33 Plätze belegt), in der „Rotten Breite“ bei Nieste (19 Plätze belegt), Helsa (36 Plätze belegt), Fuldatal (20 Plätze belegt) und Trendelburg (16 Plätze belegt). Außerdem gibt es noch eine von einem Unternehmen betriebene Gemeinschaftsunterkunft in Fuldatal (85 Plätze belegt). In allen Gemeinschaftsunterkünften werden die Asylbewerber durch Sozialpädagogen und Hausleiter betreut. Selbert: „Mit Blick auf die angekündigten Zuweisungszahlen ist absehbar, dass wir im Laufe des Jahres noch weitere Gemeinschaftsunterkünfte benötigen“.

Die Asylbewerberinnen und Asylbewerber, die aktuell im Landkreis Kassel leben, kommen aus 38 verschiedenen Herkunftsländern. Die meisten Menschen stammen aus Somalia (109), Afghanistan (73), Eritrea (67), Serbien (44), dem Iran (40) und Armenien (39). Weitere häufiger vertretene  Herkunftsländer sind Irak, Syrien, die Russische Föderation, Pakistan und Algerien.

 

Ein besonderer Dank gelte allen Beteiligten der verschiedenen Unterstützerkreise für die vom Kreis betriebenen Gemeinschaftsunterkünfte. „Wir sind sehr froh über diese gelebte Solidarität, die zeigt, dass eine große Bereitschaft in der Bevölkerung besteht, sich um Menschen zu kümmern, die in ihren Heimatländern vielfach unvorstellbaren Repressalien und Verfolgungen ausgesetzt sind“, bekräftigt Selbert.



Pressekontakt: Pressestelle LANDKREIS KASSEL, Harald Kühlborn

LANDKREIS KASSEL
Pressesprecher
Harald Kühlborn
Wilhelmshöher Allee 19 - 21
34117 Kassel
Tel.: 0561/1003-1506
Fax: 0561/1003-1530
Handy: 0173/4663794
E-Mail: pressestelle@landkreiskassel.de
http://www.landkreiskassel.de

presse-service.de Die Pressestelle Pressestelle LANDKREIS KASSEL ist Mitglied bei www.presse-service.de. Dort können Sie Mitteilungen weiterer Pressestellen recherchieren und per E-Mail abonnieren.