Pressemitteilung vom11. November 2014
Schmidt: „Fehlende Kostendeckung des Landes bei den Aufwendungen für Asylbewerber Grund für Defizit im Haushalt 2015“

Kreis Kassel. „Obwohl wir es anders geplant hatten, wird es im Haushalt 2015 erneut ein geringes Defizit in Höhe von rund zwei Millionen Euro geben“, bilanziert Landrat Uwe Schmidt den Entwurf des Kreishaushalts 2015, den er am 10. November in den Kreistag eingebracht hat. „Das Defizit lässt sich fast vollständig auf die vom Land Hessen nicht kostendeckend erstatteten Aufwendung für die Betreuung und die Unterkunft für Asylbewerber zurückführen“, so Schmidt weiter. Schmidt lässt keinen Zweifel daran, wen er für diese Fehlentwicklung verantwortlich macht: „Die Menschen, die aus Bürgerkriegen und humanitären Katastrophen zu uns kommen, haben ein Recht darauf, dass wir sie willkommen heißen, menschenwürdig unterbringen und entsprechend ihren Bedürfnissen betreuen – der Skandal ist, dass Bund und Land hier nicht willens sind, die finanzielle Verantwortung zu übernehmen und die Kommunen somit im Regen stehen lassen“. Für das Jahr 2015 rechnet der Landkreis erneut mit einer vom Land Hessen zu verantwortenden Finanzierungslücke in Höhe von 3,6 Millionen Euro. Schmidt: „Wir hatten schon mit einer Finanzierungslücke von knapp 1,7 Millionen gerechnet – aber die steigende Zahl der Flüchtlinge vergrößert den Finanzbedarf weiter“. Für die Jahre 2009 bis 2014 muss der Landkreis bereits auf rund 11 Millionen Euro verzichten, die für eine kostendeckende Erstattung der entstehenden Aufwendungen für Betreuung und Unterbringung der Asylbewerber erforderlich sind. „Das Land Hessen muss endlich die Schlussfolgerungen aus dem Bericht des Landesrechnungshofs ziehen“, fordert Schmidt.

Der Landesrechnungshof hatte 2013 in einem Gutachten nachgewiesen, dass nur 54 Prozent der realen Kosten für die Betreuung und Unterbringung von Asylbewerbern vom Land übernommen werden. 

 

„Besonders problematisch ist, dass das Land Hessen uns als Schutzschirmkommune zwar signalisiert hat, dass es ein Defizit aufgrund der Aufwendungen für Asylbewerber als Abweichung vom vereinbarten Konsolidierungspfad akzeptiert,  gleichzeitig aber fordert, dass wir dieses Defizit im Laufe des Haushaltsjahres einsparen“, ärgert sich der Landrat. Das bedeute, dass aufgrund der vom Land verursachten fehlenden Kostendeckung notwendige Unterhaltungsmaßnahmen in Kreisstraßen und Schulen auf die nächsten Jahre verschoben werden müssen. Schmidt: „Alle reden davon, dass mehr investiert werden soll und das Land agiert als Investitionsbremse“. 

 

Die Aufwendungen für Soziales und Jugend bilden traditionell den größten Anteil an den Ausgaben des Landkreises – gefolgt von den Ausgaben für die Schulen. Der Etat mit der größten Einzelsteigerung betrifft die Ausgaben für die Jugendhilfe. Hier zeige sich, dass auch im ländlichen Raum die „heile Familie“ nicht mehr die Regel ist. Gleichzeitig sei die Sensibilisierung der Bevölkerung für mögliche Kindeswohlgefährdungen gestiegen und dass bedeute auch mehr Fälle für den Fachbereich Jugend. Schmidt: „Jedes Kind, das auf diese Weise vor Gewalt und Vernachlässigung bewahrt werden kann, ist eine wertvolle Investition in unsere Zukunft und deshalb sind mir sensibilisierte Bürger lieber, als Menschen, denen ihre Nachbarn egal sind“. Im Haushalt machen sich die steigenden  Fallzahlen allerdings mit steigenden Aufwendungen bemerkbar.

 

Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen wird der Landkreis auch 2015 in die Infrastruktur investieren. „Wir haben hier mit unserem über 200 Millionen Euro Sanierungsprogramm für die Schulen unseren Beitrag geleistet – diese Investitionen und die damit zusammenhängenden Finanzierungsbedarfe waren und sind äußerst sinnvoll“, betont der Landrat. Auch im Haushalt 2015 werden wieder rund 6,5 Millionen Euro in den Schulbau fließen. „Ein Schwerpunkt ist dabei weiter die Sanierung von Schulsporthallen“, erläutert Schmidt. Die größte Schulbaumaßnahme im nächsten Jahr ist der Umbau der Grundschule Lohfelden-Vollmarshausen mit 1,4 Millionen Euro Investitionssumme und der Neubau eines Hort- und Betreuungsbereichs an der Grundschule in Fuldatal-Ihringshausen mit 700.000 Euro. Insgesamt 976.000 Euro fließen in die Sanierung der Sporthallen und Sportanlagen an der Marie-Durand-Schule in Bad Karlshafen, der Gustav-Heinemann-Schule in Hofgeismar und der Langenbergschule in Baunatal-Großenritte. Für den Abschluss der Sanierungsarbeiten an der Brüder-Grimm-Schule in Hofgeismar sind 330.000 Euro eingeplant.  

 

Rund 4,7 Millionen Euro werden in die Kreisstraßen investiert: Hier ist die größte Maßnahme der Umbau der Kreisstraße 107 von Wolfhagen-Bründersen nach Naumburg mit rund einer Million Euro. Weitere größere Summen fließen in die Sanierung der Kreisstraße 76 zwischen Bad Karlshafen-Helmarshausen und der Bundesstraße 80 sowie die Sanierung der Kreisstraße 84  in Breuna-Wettesingen.

 

Zum Haushalt 2015 gehört auch wieder der Blick auf die mittelfristige Entwicklung der Kreisfinanzen. Danach wird der Landkreis erstmals 2017 einen Haushalt ohne Defizit vorlegen können. Voraussetzung dafür, so Schmidt weiter, sei allerdings, dass nicht erneut neue Aufgaben auf die Landkreise zukommen und sich die gesamtwirtschaftlichen Rahmendaten nicht stark negativ verändern.

 

Ein Novum gibt es beim Stellenplan des Landkreises. Schmidt: „Nachdem wir in den vergangenen neun Jahren 29 Stellen abgebaut haben, müssen wir 2015 erstmals wieder mehr Stellen einplanen“. Geplant war eigentlich 2,5 Stellen einzusparen. „Wir hätten einsparen können – allein die zusätzlichen Fallzahlen im Bereich der Ju-gendhilfe und die notwendigen Verstärkungen für die Betreuung der Gemein-schaftsunterkünfte für Asylbewerber zwingen uns dazu, sechs neue Stellen zu schaffen“, informiert der Landrat. Zwei weitere Stellen werden für die Reinigung der Beruflichen Schulen benötigt und jeweils eine Stelle ist für den Verbraucherschutz, für den Hausmeisterdienst in der Jobcenter-Zentrale in Kassel und für die DemografieAgentur erforderlich. Das ergibt insgesamt 11 Stellenbedarfe – abzüglich der zwei konsolidierten Stellen ergibt sich eine Erhöhung der Stellenzahl um neun. Statt wie bisher 934 planen wir im Haushalt 2015 mit 943 Stellen. „Ich ahne schon, dass hier ein Einfallstor für fehlenden Sparwillen beim Landkreis gewittert wird – aber ein genauer Blick zeigt etwas anderes“, betont Schmidt. Zum einen wird ein Teil der Stellen refinanziert – es entstehen also keine Mehraufwendungen. 

Diese Refinanzierung gilt für die Hausmeisterstelle beim Jobcenter – hier erhält der Kreis anteilige Erstattungen durch die Bundesagentur. Die für die Fleischuntersuchungen im Verbraucherschutz benötigte Stelle ersetzt bisheriges nebenberufliches Personal – sie spart also Sachkosten; außerdem werden die Aufwendungen überwiegend durch Gebühreneinnahmen gedeckt. Die hausmeisterliche Betreuung und Reinigung der landkreiseigenen Liegenschaft der Willy-Brandt-Schule in der Außenstelle Oberzwehrener Straße 103 ist die Entfristung von langjährigen Zeitverträgen – neue Stellen, aber keine neuen Aufwendungen.

Die Stelle für die DemografieAgentur, deren Einrichtung auf einem Kreistagsbe-schluss von 2012 basiert, wird auf der Aufwendungsseite durch eine Verminderung der Zuweisung an den Verein Region Kassel-Land und durch die Mitfinanzierung der Kasseler Sparkasse gegenfinanziert.

 

„Die restlichen Mehrstellen beruhen allein auf zusätzlichen Aufgaben, die uns Bund und Land bescheren“, rechnet Schmidt vor. Der Kreis benötige Wohnraum für Asylbewerber und darum kümmere sich ein Mitarbeiter, durch die Veränderung des Betreuungsschlüssels bei den Amtsvormundschaften werde eine weitere Stelle erforderlich und für die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen werde auch eine zusätzliche Stelle benötigt. Hier zumindest gibt es eine teilweise Erstattung der Personalaufwendungen durch das Land Hessen. Zum 1.Juli 2014 wurde das Betreuungsgesetz geändert und  damit hat sich der Personalbedarf für dies Pflichtaufgabe des Landkreises nahezu verdoppelt. Schmidt: „Eine Kostentragung durch den Bund oder das Land nach dem Konnexitätsprinzip ist bis heute nicht anerkannt“.

 

Der Haushalt 2014 des Landkreises verdeutlicht erneut, wie stark auch die Kreisfinanzen von den Entwicklungen in den kreisangehörigen Kommunen beeinflusst werden. Im nächsten Jahr fließen aufgrund der Verpflichtung aus der Kreis- und Schulumlage knapp 160,2 Millionen Euro an den Kreis – das sind knapp neun Millionen Euro mehr als letztes Jahr und ein neuer Rekord. „Das ist grundsätzlich eine gute Nachricht, da es den Kommunen wieder besser geht“, so der Landrat weiter. Allerdings führe der finanzielle Rückzug des Landes dazu, dass die Kommunen über die Kreisumlage staatliche Aufgaben finanzieren. Schmidt: „Hier findet eine verdeckte Umverteilung von unten nach oben statt“.

 

Mit Blick auf die geplante Neuordnung des kommunalen Finanzausgleichs in Hessen und die dazu veröffentlichten Modellrechnungen des Hessischen Finanzministeriums stellt Schmidt fest, dass auch nach der Neuordnung die Finanzausstattung der Landkreise für die von Bund und Land übertragenen Aufgaben nicht ausreicht. „Um hier wirklich einen fairen und ausgewogenen Ausgleich hinzubekommen, ist klar, dass nachgebessert werden muss“, stellt Schmidt abschließend fest.

 

Hintergrund:

Da die Aufteilung des doppischen Haushalts des Landkreises für Nichthaushaltsexperten kaum nachzuvollziehen ist, hat der Kreis für die öffentliche Darstellung der Haushaltsaufwendungen und Einnahmen die nachfolgende Auflistung gewählt, die sich an Themenbereichen orientiert und nicht mehr zwischen Ergebnis- und Finanzhaushalt differenziert.  Der in der Pressemitteilung angesprochene jahresbezogene Fehlbetrag von zwei Millionen Euro bezieht sich auf den Ergebnishaushalt 2015.

 

 

Ausgaben Haushalt 2015 mit Vergleichszahlen Haushalt 2014

Hinweis: Die Zahlen 2014 sind die Zahlen des im Februar 2014 nach der Intervention des Regierungspräsidiums Kassel beschlossenen Haushalts und nicht die Planzahlen aus dem Vorjahresbericht.

 

Gesamtvolumen 2015 295,3 Millionen Euro  (2014: 284,8 Millionen Euro)

 

Einzelpositionen in Mio. Euro:

                                                                                                          2014                          2015

Schulen (inkl. Schülerbeförderung)                                          73,2                            76,2

Sozialhilfe/Grundsicherung/Unterkunft Hartz IV                    71,7                            73,6

Umlage an den LWV                                                                    39,4                            40,7

Jugendhilfe                                                                                    31,5                            35,1

Liegenschaften, Pensionen, Zentralbereich                           22,7                            22,3

Straßen und Radwege                                                                   9,9                              9,5

Zinsen                                                                                               6,1                              6,0

ÖPNV                                                                                                            4,1                              4,6

Gesundheit                                                                                       3,9                              4,0

Volkshochschule                                                                            3,8                              4,0

Krankenhausumlage                                                                      3,9                              3,8

Bauen und Umwelt                                                                                     3,3                              3,4

Sicherheit und Ordnung                                                                3,4                              3,5

Regionalenwicklung/Demografischer Wandel                                     0,9                              1,0

Veterinärwesen/Verbraucherschutz                                            1,4                              1,4

Kreistag/Kreisausschuss                                                               1,0                              1,0

Brand- und Katastrophenschutz                                                  1,0                              1,0

Flughafen Kassel-Calden                                                                         0,9                              1,3

Landwirtschaft                                                                                 0,9                              0,9

Sonstiges                                                                                          0.4                              2,0



Pressekontakt: Pressestelle LANDKREIS KASSEL, Harald Kühlborn

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