Die Rolle von Pflegeeltern für das Kinderhilfesystem des Jugendamtes rückte im Jugendhilfeausschuss des Märkischen Kreis im Lüdenscheider Kreishaus in den Fokus.
Kim Heinzer, Sachgebietsleiterin Besondere Soziale Dienste, und Hannah Padur, zuständig für den Pflegekinderdienst und Hilfen bei der Erziehung von Kindern und Jugendlichen, zeigten in ihrem mündlichen Bericht auf, dass Pflegeeltern das Jugendhilfesystem deutlich entlasten. Allerdings stellen Verhaltensauffälligkeiten der Kinder Pflegeeltern vor besondere Herausforderungen. Um Pflegefamilien im Alltag noch besser zu unterstützen, hat das Kreisjugendamt neue Maßnahmenpakete geschnürt. Grundlage ist eine Erhebung, die Hannah Padur im Rahmen einer Führungskräftequalifizierung bei den Pflegefamilien durchgeführt und ausgewertet hat. Zum Maßnahmenkatalog gehören:
- Vernetzung und Entlastung der Pflegefamilien durch Selbsthilfegruppen
- Entlastungsangebote für Pflegekinder generieren und den Pflegefamilien zur Verfügung stellen
- Informationen zur Verfügung stellen, indem ein Willkommensheft für Pflegefamilien erstellt wird
- Ausbau mit den Jugendhilfeträgern/Kooperationspartnern, um niederschwellige Angebote anzubieten
- Anpassung Beihilfenkatalog
- Aktionstage für Pflegekinder und Familien im Rahmen der Beteiligungsoffensive
Ein wichtiger Baustein, um weiterhin Pflegeeltern für die Aufnahme eines Pflegekindes zu gewinnen, ist nach Ansicht des Kreisjugendamtes die Einführung elterngeldähnlicher Leistungen für Pflegeeltern. Dafür gab der Jugendhilfeausschuss jetzt „grünes Licht“ und stimmte insgesamt den neuen Richtlinien zur Gewährung wirtschaftlicher Jugendhilfen zu. Sie sollen zum 1. Juli 2025 in Kraft treten.
Zum Hintergrund: Pflegeeltern haben, ähnlich wie leibliche Eltern, die Möglichkeit, Elternzeit zu nehmen, jedoch besteht kein gesetzlicher Anspruch auf Elterngeld. Diese Lücke im Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) soll über die neue Richtlinie geschlossen werden, um Pflegeeltern nicht gegenüber leiblichen Eltern zu benachteiligen. Nach Auffassung der Verwaltung sollte der Betrag der elterngeldähnlichen Leistungen dem durchschnittlichen Einkommen der letzten zwölf Monate vor der Aufnahme des Kindes entsprechen, jedoch maximal 800 Euro monatlich betragen.
Nach bisherigen Erfahrungen lassen sich Kinder bis zu einem Alter von acht Jahren, je nach individuellen Erfahrungen in der Herkunftsfamilie, noch gut in Pflegefamilien integrieren. Die Vorteile: Pflegefamilien können Kindern ein geschütztes familiäres Umfeld bieten, in denen Kinder vielleicht zum ersten Mal positive Bindungserfahrung erleben, individuell betreut und gefördert werden und ihre eigene Biografie aufarbeiten können.
Aktuell leben 138 Kinder aus dem Zuständigkeitsbereich der Kreisjugendamtes in 107 Pflegefamilien. Für die Unterbringung in Pflegefamilien wendet der Märkische Kreis jährlich rund 3,1 Millionen Euro auf. Das ist aufgrund der geringeren Personal- und Infrastrukturkosten deutlich kosteneffizienter als die Unterbringung von Kindern und Jugendlichen in Heimen oder betreuten Wohnformen. Ältere Kinder haben, je nach Biographie, häufiger Bindungsstörungen und einen höheren Therapiebedarf. Sie lassen sich daher in der Regel nicht mehr so gut in Pflegefamilien integrieren und werden in betreuten Wohnformen oder in Heimen untergebracht. Aktuell betrifft das 276 Kinder aus dem Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes. Die Kosten betragen im Jahr 8,6 Millionen Euro.
Bei der Entwicklung und Fortschreibung von Schutzkonzepten sind die Träger der offenen Kinder- und Jugendarbeit im Zuständigkeitsbereich des Kreisjugendamtes gut aufgestellt. Sebastian Zemke, Koordinator Kinder- und Jugendarbeit, berichtete dem Jugendhilfeausschuss von dem gemeinsamen Prozess zur Etablierung eines Rahmenschutzkonzepts, das verbindliche Standards setzt, aber gleichzeitig je nach Einrichtung genug Freiraum für individuelle, passgenauer Schutzkonzepte gegen sexuellen Missbrauch und jeglicher Form von Gewalt zulässt. Begleitet wurde der Prozess durch das Kreisjugendamt und transfer e.V.
Ab 1. Juli wird Fabian Kläs Stellvertreter von Jugendamtsleiter Meinolf Hammerschmidt. Fachbereichsleiter Guido Thal bedankte sich bei Matthias Sauerland, Fachdienstleiter Jugendförderung, Kinderbetreuung und Teilhabe, dass dieser frühzeitig den Staffelstab an die jüngere Generation weiterreicht und somit wichtige Weichen für die Zukunftsausrichtung des Kreisjugendamtes setzt.
Pressekontakt: Märkischer Kreis, Ursula Erkens 02351 9666149
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