Die Bundesregierung begibt sich im Eilverfahren an die Umsetzung des Sondervermögens Infrastruktur – und macht dabei aber einen gravierenden Fehler. Darauf weist das Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ in einer aktuellen Stellungnahme hin. Das Geld soll in Anlehnung an den Königsteiner Schlüssel verteilt werden. Danach würden Bayern und Baden-Württemberg den größten Anteil pro Einwohner erhalten, Nordrhein-Westfalen und das Saarland den geringsten. „Das ist eine Umkehr der verfassungsrechtlich gebotenen Zielrichtung, gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland herzustellen“, heißt es in der Stellungnahme des Aktionsbündnisses.
Der falsche Schlüssel
Aus dem Sondervermögen werden 100 Milliarden Euro an die Länder und Kommunen fließen. Wesentliche Faktoren des Königsteiner Schlüssels sind die Einwohnerzahl und die Finanzkraft. In der Entstehung des Schlüssels war dies auch sinnvoll. Er wurde ursprünglich entwickelt, um die Aufteilung der Kosten bei der Finanzierung überregionaler Forschungseinrichtungen. Später kam er auch zum Einsatz, als es darum ging, wie geflüchtete Menschen auf die Länder verteilt werden. Der Grundgedanke dahinter: Starke Schultern können mehr Lasten tragen.
Bei der Verteilung des Sondervermögens geht es aber um das Gegenteil: denen zu helfen, die aufgrund ihrer Finanzschwäche einen massiven Investitionsrückstand haben. Das sind diejenigen, die so stark sparen mussten, dass es zu einem Verlust an Infrastruktur kam.
Kommt der Königsteiner Schlüssel tatsächlich zum Einsatz, würden die Unterschiede in Deutschland noch größer werden. Bayern und Baden-Württemberg erhielten 1.214 beziehungsweise 1.193 Euro je Einwohnerin und Einwohner, Nordrhein-Westfalen und das Saarland 1.159 beziehungsweise 1.151 Euro je Einwohnerin und Einwohner. Und das ausgerechnet in einer Situation, in der die Bundesregierung laut Koalitionsvertrag ohnehin die so genannten Geberländer im Länderfinanzausgleich um 400 Millionen Euro pro Jahr entlasten will.
Zur Erinnerung: Die finanzschwachen Kommunen sind weitgehend unverschuldet in diese Situation geraten. Ihre Alt- und Neuschulden resultieren vor allem aus Aufgaben, die der Bund an die Kommunen übertragen hat, ohne für einen passenden finanziellen Ausgleich zu sorgen. Die in jüngster Zeit noch einmal stark gestiegenen Sozialkosten aufgrund von Bundesgesetzen nehmen den Kommunen seit langem die Möglichkeit, vernünftig in ihre Infrastruktur zu investieren.
Forderung des Aktionsbündnisses
Finanzschwäche muss das zentrale Kriterium bei der Vergabe der Mittel aus dem Sondervermögen sein. Das Bundesfinanzministerium hat dies bisher nur für den zweiten Schritt vorgesehen: wenn es um darum geht, wie die Länder das Geld an ihre jeweiligen Kommunen verteilen. „Das ist widersinnig, wenn auf der ersten Verteilebene genau das Gegenteil passiert“, schreibt „Für die Würde unserer Städte“ in seiner Stellungnahme. Deshalb muss Finanzschwäche auf beiden Verteilebenen das zentrale Kriterium sein.
Hintergrundinformationen
Im Aktionsbündnis „Für die Würde unserer Städte“ haben sich 74 Kommunen aus acht Bundesländern zusammengeschlossen. In den Städten und Kreisen leben rund zehn Millionen Menschen. Die Kommunen sind besonders vom Strukturwandel betroffen, deshalb haben sie geringe Einnahmen aus Steuern und hohe Ausgaben, insbesondere im Sozialbereich.
Die Mitglieder sind: Bacharach, Bad Schmiedeberg, Bergkamen, Bischofsheim, Bochum, Bottrop, Castrop-Rauxel, Cottbus, Landkreis Cuxhaven, Cuxhaven, Dietzenbach, Dinslaken, Dorsten, Dortmund, Duisburg, Ennepetal, Ennepe-Ruhr-Kreis, Essen, Frankenthal, Frankfurt am Main, Geestland, Gelsenkirchen, Ginsheim-Gustavsburg, Gladbeck, Kreis Groß-Gerau, Hagen, Hamm, Hamminkeln, Hattingen, Herne, Herten, Kaiserslautern, Koblenz, Krefeld, Lahnstein, Leverkusen, Löhne, Ludwigshafen, Lünen, Mainz, Mayen, Mettmann, Moers, Mönchengladbach, Mörfelden-Walldorf, Mülheim an der Ruhr, Neustadt an der Weinstraße, Neuwied, Oberhausen, Obertshausen, Oer-Erkenschwick, Offenbach, Pirmasens, Recklinghausen, Kreis Recklinghausen, Remscheid, Saarbrücken, Salzgitter, Schwerin, Schwerte, Solingen, Trier, Kreis Unna, Unna, Voerde, Völklingen, Waltrop, Werne, Wesel, Witten, Worms, Wülfrath, Wuppertal und Zweibrücken.
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