Nr. 485 Kreis Steinfurt, 08. Januar 2025

Rückblick auf den Fachtag des Kreises Steinfurt und der LWL-Klinik Lengerich: Blick auf Kinder psychisch und/oder abhängigkeitserkrankter Eltern

Wenn die Sucht sich auf das Familienleben auswirkt

Kreis Steinfurt. Seit mittlerweile sieben Jahren nimmt der Kreis Steinfurt an der Landesinitiative „Kommunale Präventionskette“ (Vormals Kein Kind zurücklassen (KeKiz)) teil. Freie, private und öffentliche Träger im Kreis Steinfurt unterstützen Familien, Kinder und Jugendliche, damit sie möglichst gute Chancen für eine positive Entwicklung erhalten. Diese Arbeit wird strukturell und konzeptionell zusammengeführt und weiterentwickelt. Dafür wurde die Stelle der Koordination „Kommunale Präventionskette im Kreis Steinfurt“ eingerichtet, die in Kooperation mit vielen Akteurinnen und Akteuren aus der Region viele dementsprechende Veranstaltungen durchgeführt hat.

So hatten im Sommer 2024 der Kreis Steinfurt und die LWL-Klinik Lengerich in das Steinfurter Kreishaus zum Fachtag „Wer steht an meiner Seite?“ eingeladen. Das Ziel des Fachtags war, etablierte Strukturen im Kreis Steinfurt zu verbessern und zusammenzuführen.

Wenn Eltern an einer psychischen Erkrankung wie Depression oder an einer Suchterkrankung leiden, belastet diese nicht nur die Eltern. Auch ihre Kinder sind vielfältigen Belastungen ausgesetzt. Statt zu spielen, zu malen oder sich mit Freunden zu treffen, sind diese Kinder oft zuhause gefordert: Sie müssen sich um den Einkauf, die Mahlzeiten und die jüngeren Geschwister kümmern. Damit sind sie gezwungen, die eigentlichen Aufgaben und damit die Verantwortung von Mama oder Papa zu übernehmen.

Bereits seit 2019 befasst sich die LWL-Klinik Lengerich mit Kindern als Angehörige ihrer Patientinnen und Patienten. Die Klinik hat deshalb intern einen Qualitätszirkel aufgebaut und bietet seit zwei Jahren eine monatliche Beratung für die Eltern an, um ein niedrigschwelliges Angebot zu ermöglichen. Die Termine sind immer ausgebucht.

Jedes vierte bis fünfte Kind in Deutschland hat – laut AFET- Bundesverband für Erziehungshilfe – mindestens ein suchtbelastetes Elternteil. Etwa 50 Prozent psychisch erkrankter Eltern entwickeln im Laufe ihres Lebens eigene Auffälligkeiten und 30 Prozent davon wiesen klinische Diagnosen auf. Der Bundesverband schlägt für jede Kommune eine Analyse der lokalen Gegebenheiten und vorhandenen Angebote vor. Dazu hat eine AFET-Arbeitsgruppe auf Bundesebene 19 Handlungsempfehlungen erarbeitet hat, die für die Präventionsarbeit im Kreis Steinfurt geeignet sind.

Eine betroffene Mutter und auch eine erwachsene Tochter stellten sich dem Fachtag zu einem Interview zur Verfügung. Sie schilderten einfühlsam, welche Probleme und Hürden sie im Alltag bewältigen mussten. Krankheit, Kinder und der Jobverlust, sorgten für eine finanzielle Abwärtsspirale. Das „Nicht-darüber-sprechen“ sei immer noch in Familien vorhanden. Scham spiele oft eine große Rolle, warum Hilfen in einem frühen Stadium nicht angenommen werden, ebenso wie Ängste und Verunsicherungen, berichteten die Betroffenen. 

Der Fachtag leistete somit einen wertvollen Beitrag, um das Bewusstsein für die Herausforderungen von Kindern psychisch erkrankter Eltern zu schärfen und notwendige Schritte zur Verbesserung ihrer Lebenssituation einzuleiten. Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit und die Entwicklung neuer Unterstützungsansätze wurden als essenziell erkannt, um diesen Kindern und ihren Familien eine bessere Zukunft zu ermöglichen. Der Kreis Steinfurt schlug vor, mit den Trägern und der Politik geeignete Freizeitmodelle für betroffene Familien zu entwickeln.

„Ich freue mich, dass wir im Kreis Steinfurt diese Zielgruppe verstärkt in den Blick nehmen und dabei auf eine gute Kooperation mit allen beteiligten Institutionen zurückgreifen können“, hob Tilman Fuchs, Dezernent für Schule, Kultur, Sport, Jugend und Soziales beim Kreis Steinfurt, hervor und ergänzte abschließend: „Die Veranstaltung hat gezeigt, dass die Zusammenarbeit über die Institutionsgrenzen hinweg die Situation der Kinder und der betroffenen Familien verbessert. Diese Ansätze sollen im nächsten Jahr in konkrete Vorschläge münden, die dann in den entsprechenden Ausschüssen zu diskutieren sind.“


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Bewusstsein für die Herausforderungen von Kindern psychisch erkrankter Eltern geschärft

©  Kreis Steinfurt
Bewusstsein für die Herausforderungen von Kindern psychisch erkrankter Eltern geschärft

Tilman Fuchs (v. l.), Dezernent für Schule, Kultur, Sport, Jugend und Soziales beim Kreis Steinfurt, und Dr. Koralia Sekler, Geschäftsführerin beim AFET-Bundesverband für Erziehungshilfe, beantworteten die Fragen der bekannten Lokalzeit-Moderatorin Stephanie Heinrich beim Fachtag des Kreises Steinfurt und der LWL-Klinik Lengerich im Sommer vergangenen Jahres.