Digitale Ingenieurgeologische Karte und "Magdeburg - auf Fels gebaut"
Neu in Magdeburg
Magdeburg.
Dass der Magdeburger Dom auf einem Felsen thront ist weithin bekannt - schon weil der Domfelsen den Elbschiffern seit Jahrhunderten Respekt einflößt. Nur wenige jedoch werden wissen, dass große Teile der Stadt oberhalb weit verbreiteter Felsen gebaut sind. Das Landesamt für Geologie und Bergwesen hat den Untergrund der nordöstlichsten Felsenstadt Norddeutschlands jetzt dokumentiert - in einer Broschüre der Weißen Reihe des Stadtplanungsamtes und - erstmals in Deutschland - in einer digitalen Ingenieurgeologischen Karte.
"Damit ergeben sich für Stadtplaner und alle, die in unserer Stadt bauen wollen, ganz neue Möglichkeiten, sich auf die unterirdischen Begebenheiten ihres Bauplatzes einzustellen", würdigt Oberbürgermeister Dr. Lutz Trümper das neue digitale Instrumentarium.
"Ingenieurgeologische Karten dienen der komplexen Darstellung und Bewertung des Baugrundes", erklärt Armin Forker, Präsident des Landesamtes für Geologie und Bergwesen. "Sie ermöglichen es sowohl den Trägern der Bauleitplanung als auch den Projektanten der Bauwirtschaft relevante geologische Belange frühzeitig zu erkennen und angemessen zu berücksichtigen. Außerdem ermöglicht ihre Nutzung eine Optimierung des geotechnischen Untersuchungsumfanges zur detaillierten Erkundung der Baugrundverhältnisse."
Das Landesamt für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt (LAGB) hat im Rahmen seiner originären Arbeiten auch Aufgaben zur ingenieurgeologischen Landesaufnahme. Dazu wurden in der Vergangenheit für zahlreiche Städte analoge Karten erarbeitet, die im LAGB vorliegen, jedoch nur in einigen Fällen gedruckt wurden.
"Die neue digitale Ingenieurgeologische Karte vom Stadtgebiet Magdeburg bietet den Nutzern ganz neue Möglichkeiten, schon weil ihr Nachteile bisheriger, analoger Dokumente nicht mehr anhaften", bringt Armin Forker die neue Qualität auf den Punkt. "Dies betrifft insbesondere die Möglichkeit der (begrenzt) veränderbaren Maßstabswahl beim Kartenausdruck, die problemlose Fortschreibung sowie die Verschneidung von Kartierungselementen bzw. Karteninhalten." Die digitale Verarbeitung der ingenieurgeologischen Daten mittels Geoinformationssystem (ArcGIS) eröffnet Anwendungsmöglichkeiten, die über die konventioneller ingenieurgeologischer Stadtkarten weit hinausgehen. In dieser Form ist das Kartenwerk für eine Großstadt in Deutschland bisher wohl einmalig.
Das Projekt zur Entwicklung einer digitalen Ingenieurgeologischen Karte begann 2001 unter Mitwirkung eines externen Dienstleiters (Dr. Neumann & Busch Consulting) aus Aachen und mit Unterstützung des Wirtschaftsministeriums des Landes Sachsen-Anhalt. Die hohe Datendichte des Innenstadtgebietes (über 10 000 Bohrungen) war Anlass, 6 Teilblätter im Maßstab 1:10 000 zu erstellen. Die städtischen Randgebiete werden mit einer Übersichtskarte im Maßstab 1:25 000 erfasst. Es ist vorgesehen, das Kartenwerk Ende 2005 abzuschließen.
Zur Übersichtskarte sowie zu jedem Teilblatt gehören jeweils sechs thematische Darstellungen als Standardauswertung. Sie sind als Farbplots mit relativ geringem Aufwand elektronisch herstellbar und für den Vertrieb vorgesehen.
Im einzelnen sind das nachstehende Darstellungen:
- Dokumentationskarte,
- Baugrundkarte (ab 2 Meter unter Gelände),
- zwei Karten mit Profilschnitten (Nord-Süd und Ost-West),
- Karte der Oberfläche natürlicher Baugrund und Aufschüttung,
- Karte der Tiefenlage und Beschaffenheit der Quartärbasis und
- die Karte der Oberfläche Festgestein.
"Die Karteninhalte der Standardauswertung entsprechen dem Hauptanliegen der ingenieurgeologischen Kartierung der Landeshauptstadt Magdeburg nach übersichtlicher Vermittlung von Basisinformationen zum Baugrund. Solche Informationen sind für Stadtplaner unerlässlich", freut sich Dr. Eckehart Peters, Leiter des Stadtplanungsamtes, über die aktualisierte Darstellung und die erweiterten Anwendungsmöglichkeiten für seine Mitarbeiter.
Magdeburg - auf Fels gebaut
Von der Übersichtskarte wurde die thematische Karte zum Baugrund als Beiplan 28 zum Flächennutzungsplan gedruckt. Sie ist Teil der Broschüre "Magdeburg - auf Fels gebaut", die jetzt vom Landesamt für Geologie und Bergwesen und vom Stadtplanungsamt gemeinsam herausgegeben wurde.
Die Geologie Magdeburgs, also die sich unter dem Boden anschließenden Substrat- und Gesteinsschichten, haben für die Flächennutzungsplanung eine hohe Bedeutung. Jede Öffnung der Erde, jeder Steinbruch und jede Baugrube lassen einen Blick ins Erdinnere zu. Das trifft besonders zu für den ehemals weit verbreiteten Natursteinabbau der "Magdeburger Grauwacke" im Stadtgebiet, die im Karbon vor rund 325 Millionen Jahren in einem flachen Meer küstennah abgelagert wurde. Der als Schifffahrtserschwernis wirkende Domfelsen dagegen ist im nachfolgenden Rotliegend entstanden. Er wird heute teilweise überlagert von den Schichten des "Zechsteinmeers", in dem sich die Sternbrücke zu Beginn des 20. Jahrhundert wegen seiner schlechten Baugrundeigenschaften "nasse Füße" geholt hat.
Und wie schwer vorstellbar ist es doch für den Magdeburger, dass im Meer über den Grünsand im Bereich der Börde "Haie" geschwommen sind. Ähnlich verhält es sich mit der Vorstellung, dass hier mächtige Gletscher die heutige Landoberfläche formten, die sich erst vor etwa 10 000 Jahren (vorerst) endgültig zurückzogen. Aus den geologischen Verhältnissen des Untergrundes leiten sich aber auch viele andere Gegebenheiten ab, die sich in einer unterschiedlichen Nutzung von Flächen widerspiegeln:
Für die siedlungsgeschichtliche Entwicklung sind die naturräumlichen Gegebenheiten wie Boden, Wasser, Luft und Klima sowie Topographie, Geologie und die hydrologische Situation von ausschlaggebender Bedeutung. Sie sind neben den Verkehrswegen und den Handelsstraßen die Grundfaktoren städtebaulicher Entwicklung. Die Topographie leitet sich direkt aus den geologischen Verhältnissen ab. So hat z.B. der Domfelsen der Abtragung durch das Wasser der Elbe widerstanden und stellt damit seit langer Zeit eine Erhöhung in der Tallandschaft des Elbeurstromtals dar, auf der vor 1200 Jahren Magdeburg entstand.
Die hydrologischen Verhältnisse sind in bezug auf das Grundwasser direkt aus den geologischen Gegebenheiten des Untergrundes abzuleiten. Hieraus ergeben sich für die Flächennutzungsplanung wichtige Erkenntnisse, z.B. in Hinsicht auf die Ausweisung von Siedlungsflächen unter Beachtung der Gefährdung durch aufsteigendes Grundwasser. Nach dem Jahrhunderthochwassers im August 2002 wurde ein spezieller Beiplan für den Flächennutzungsplan erstellt: die Gefährdungspotenzialkarte Wasser. Gerade in diesem Kartenwerk, in dem die durch Wasser gefährdeten Bereiche der Stadt ausgewiesen sind, sind neben den Auswirkungen eines Jahrhunderthochwassers auch die durch aufsteigendes Grundwasser gefährdeten Bereiche abzulesen.
Die Böden im Magdeburger Stadtgebiet zeichnen die geologischen Verhältnisse direkt nach. Während auf den Lössdecken ertragreiche Schwarz-, Braun- oder Parabraunerden entstanden sind, finden sich in den sandigen Bereichen des Elbtals deutlich weniger leistungsfähige Böden, die nur im Falle einer Überdeckung mit Auelehm eine ertragreiche Bewirtschaftung ermöglichen. Im gesamten bebauten Stadtgebiet ist die Bodenbildung jedoch größtenteils durch menschliche Einwirkung beeinflusst. Beeinträchtigung der Funktion des Bodens bestehen bzw. drohen durch Versiegelung, Erosion, Bodenkontamination und durch Lagerstättenabbau. Die bei letzterem entstandenen Seen werden heute vielfach als Naherholungsgebiete genutzt.
Auch zukünftig wird es im Umfeld von Magdeburg Abbau von Sand und Kies geben müssen, denn der Bedarf ist groß, die Standorte sind nicht verschiebbar und die Transportkosten hoch. Durch angemessene Verträglichkeitsprüfungen kann das Ausmaß auf ein Minimum begrenzt werden.
Die neue Broschüre "Magdeburg - auf Fels gebaut" beschreibt die geologischen Voraussetzungen für Natur, Umwelt, Stadtentwicklung und Rohstoffabbau und führt den Leser in die Magdeburger "Unterwelt". Erhältlich ist die Broschüre ab sofort kostenlos im Landesamt für Geologie und Bergwesen (Fürstenwallstraße 10) sowie im Bürgerbüro Mitte, in der Verwaltungsbibliothek im Neuen Rathaus und im Baudezernat.
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