27.04.2023 - Stadt Osnabrück
Ratsbeschluss um Namensgebung der Villa im Museumsquartier Osnabrück
Die Villa im Museumsquartier Osnabrück (MQ4) heißt fortan „Die Villa_Forum Erinnerungskultur und Zeitgeschichte“. Dies hat der Rat der Stadt Osnabrück am Dienstag, 25. April 2023, beschlossen.
Es hat hochkontroverse Diskussionen erfordert, aber jetzt ist der Gordische Knoten durchtrennt: Die Villa im Museumsquartier Osnabrück (MQ4) behält ihren Namen - zumindest zum Teil. Aus „Villa Schlikker“ wird „Die Villa_“.
„Die politischen Gremien der Stadt und die Kulturverwaltung folgen damit wesentlich der Empfehlung des wissenschaftlichen Beirats unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Alfons Kenkmann“ so Erster Stadtrat und Kulturdezernent Wolfgang Beckermann. Die Namensgebung spiegele in den Augen der Kulturverwaltung sehr sprechend „die inhaltliche Arbeit wieder, die an diesem Ort der Friedenserforschung in Kürze begonnen werden kann“.
„Im Untertitel folgt der Rat der Empfehlung des Beirats. Die Vorhalte gegenüber dem Familiennamen „Schlikker“ wurden ebenso ernst genommen wie die Vorbehalte gegenüber Calmeyer. Anstelle des Namens tritt ein Unterstrich, der auf die Leerstelle verweist und auf die Differenzen bei der Namensfindung anspielt.“ führt MQ4-Direktor Nils-Arne Kässens weiter aus.
„Gut, dass nach langjährigen, überaus emotionalen Diskussionen zu einer Entscheidung gefunden wurde. Wichtig ist, dass ab jetzt die Arbeit an der inhaltlichen Konzeption der geplanten Ausstellung im Mittelpunkt steht, um die Villa zu einem herausragenden Ort lokaler Geschichtskultur zu entwickeln“, sagt der Beiratsvorsitzende Prof. Dr. Alfons Kenkmann.
Die neu konzipierte Ausstellung in der Villa wird, nicht zuletzt, ein Ort für Diskussionen und wissenschaftliches Arbeiten über Hans Georg Calmeyer werden. Der Osnabrücker Jurist war während des Zweiten Weltkriegs Teil des deutschen Besatzungsregimes in den Niederlanden.
In Den Haag war er bis Herbst 1944 Leiter des „Judenreferats“ und somit Mittäter des Holocaust. Ihm und seinen Mitarbeitern gelang es zwar, knapp 3.000 Jüdinnen und Juden vor der Deportation ins KZ und damit vor dem Tod zu bewahren. Viele Hunderte Fälle beschied Calmeyer allerdings auch negativ. Einerseits war er also ein Rettender.
Andererseits war er ein Erfüllungsgehilfe der Shoa.
Die Ambivalenz seines Handelns wirft Fragen auf, die Zündstoff für Diskussionen birgt. Eine gute Voraussetzung für einen Lernort, an dem die Selbstbefragung über das eigene Handeln eine wichtige Themenstellung sein wird.
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