11.12.2023 - Jüdisches Museum Westfalen
Margot Spielmann-Preis 2023 vergebenJüdfisches Museum Westfalen ehrt die diesjährigen Preisträger
Dorsten. Der Jugendgeschichtspreis fand in diesem Jahr zum fünfzehnten Mal statt. Eingereicht werden konnten wieder Facharbeiten zur jüdischen Geschichte, Religion und Gegenwart sowie zur NS-Geschichte von Schülerinnen und Schüler der Oberstufen aus NRW. Auch Arbeiten aus dem Deutschunterricht, die sich mit thematisch passenden Romanen befassen, waren willkommen. Daneben konnten Projektarbeiten von Schülergruppen eingereicht werden.
Die Jury hat nach einer intensiven Sichtung aller Arbeiten nun eine Entscheidung getroffen. Von den eingereichten Arbeiten wählte sie zwei Einzelarbeiten aus. Eine Preisträgerin kommt von der Maximilian-Kolbe-Gesamtschule aus Saerbeck. Theresa Wegmann befasst sich in ihrer Facharbeit „Wanda Półtawska - Ein Beispiel für Menschenversuche in Konzentrationslagern“ mit den grauenhaften Menschenversuchen in einigen Konzentrationslagern u.a .am Beispiel von Wanda Półtawska aus Lublin. Im Jahr 1942 wird sie im KZ Ravensbrück zum Opfer einiger sogenannter medizinischer
Versuche. Theresa Wegmann beschreibt einige dieser Experimente und benennt auch die Ärzte und Ärztinnen, die verantwortlich waren. Theresa Wegmann hat sich damit einem Thema zugewandt, das in der breiten Öffentlichkeit über Jahrzehnte nicht sehr präsent war und ist. Wanda Półtawska hat diese Torturen überlebt.
Die zweite ausgewählte Arbeit stammt von Robin Lepping, Schüler des Mariengymnasiums in Bocholt. Er hatte in seiner Facharbeit „Entnazifizierung in Bocholt. Ein totaler Fehlschlag? Untersuchung anhand eines Beispiels aus dem schulischen Bereich“ über die Entnazifizierung des früheren Leiters seiner Schule geforscht. Lepping hatte untersucht, wie Dr. Ferdinand Herdemann, der ab 1938 Schulleiter des Bocholter Marienlyzeums (des heutigen Mariengymnasiums) war, sich nach dem Zweiten Weltkrieg „reinwaschen“ konnte. Herdemann, 1892 in Bocholt geboren, war 1933 der NSDAP beigetreten. Als das Marienlyzeum 1938 verstaatlicht wurde, setzte das Nazi-Regime Herdemann als Schulleiter dort ein. Leppings Fazit ist, dass die Anschuldigungen gegen den Schulleiter glaubhaft sind und einiges dafür spreche, dass Herdemann ein überzeugter Nazi war. Seine Entnazifizierung sei tatsächlich „ein totaler Fehlschlag“ gewesen – und das wiederum ein Spiegelbild vieler ähnlicher Fälle in der jungen Bundesrepublik.
Der Margot Spielmann-Preis für Projekte geht in diesem Jahr nach Bochum zum Hellweg-Gymnasium und nach Herne zur Achtenbeckschule, der städtischen Förderschule. Die Zehntklässler*innen des Jahrgangs 2022/23 hatten sich unter dem Thema „Jüdische Spuren in Herten“ mit dem Leben des Sally Löwenstein befasst. Seine Biografie arbeiteten sie in Form eines Comics auf. Damit wählten sie eine aktuell gern genutzte Form, um gerade Kindern und Jugendlichen geschichtliche Vorgänge anschaulich vorzustellen. Dieser Comic wird künftig auch im Unterricht verwendet werden.
Die Schüler*innen der Klassen 9c und 9d des Jahrgangs 2022/23 am Hellweg-Gymnasium haben im Rahmen eines Projekts die Gedenkfeier zum 9. November 2022 gestaltet. Mit zehn großen Leinwänden erinnerten sie an jüdische Jugendliche aus dem Ruhrgebiet. Dazu recherchierten sie die Lebensläufe und suchten in Archiven nach Fotos. Am 9. November stellten sie im Rahmen der Gedenkfeier die jüdischen Jugendlichen und ihre Schicksale den Anwesenden vor.
Die Preisträgerinnen und Preisträger wurden am Donnerstag, den 7. Dezember, ab 18:00 Uhr im Jüdischen Museum Westfalen geehrt. Neben einer Urkunde erhielten die Teilnehmer Büchergeschenke bzw. Gutscheine für Projekttage im Jüdischen Museum überreicht. Im Rahmen der Preisverleihung wurden die Facharbeiten und die Projekte von den jeweiligen Gruppen ausführlich vorgestellt.
Margot Spielmann-Preis für Facharbeiten
Theresa Wegmann, „Wanda Półtawska - Ein Beispiel für Menschenversuche in Konzentrationslagern“; Maximilian-Kolbe-Gesamtschule Saerbeck
Robin Lepping, „Entnazifizierung in Bocholt. Ein totaler Fehlschlag? Untersuchung anhand eines Beispiels aus dem schulischen Bereich“; Mariengymnasium Bocholt
Margot Spielmann-Preis für Projekte
Oh krass, das hätte auch mir passieren können! „Jüdische Spuren in Herten“. Das Leben des Sally Löwenstein; von der Comic AG der Achtenbeckschule, der Städtischen Förderschule in Herten
„Das sind Kinder und Jugendliche dieser Stadt“. Eine Präsentation zur Gedenkfeier am 9. November 2022 in Bochum; Hellweg-Gymnasium Bochum.
Wer war Margot Spielmann?
Margot war ein jüdisches Mädchen aus Gelsenkirchen, geboren am 21. Mai 1926. 1942 wohnte sie mit ihrer Mutter Luise Totenkopf, dem Stiefvater Curt Totenkopf und ihrer Großmutter Henriette Breuer in einem sogenannten Judenhaus in der Augustastraße 7 in Gelsenkirchen. Ihre Eltern wurden in Konzentrationslagern ermordet. Auch Margot wurde Opfer der Schoah. Die genauen Umstände ihres Todes konnten noch nicht endgültig geklärt werden.
Das Jüdische Museum Westfalen zeigt in seiner Dauerausstellung ein Poesiealbum von Margot Spielmann. Unter den Eintragungen finden sich die Namen weiterer junger Mädchen, die ebenfalls deportiert und ermordet wurden. Mit der Benennung des inzwischen etablierten Jugendgeschichtspreises nach Margot Spielmann möchten wir die Erinnerung an sie und viele andere Jugendliche aus der Region wachhalten.
Pressekontakt: Thomas Ridder + Ayleen Winkler
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