28.11.2024 - Stadt Soest
Stolpersteine erinnern an Opfer der Judenverfolgung aus der Familie Stern
Soest. Zwei Stolpersteine in Soest erinnerten bereits an Mitglieder der Familie Stern, die Opfer der Judenverfolgung durch die Nationalsozialisten wurden. Im Rahmen einer Gedenkveranstaltung wurden nun drei weitere Messingsteine für die bisher unerwähnten Stern-Schwestern Anne, Elsbeth und Toni verlegt.
Die Initiative für diese drei weiteren Gedenkplatten war von der Patrokli-Grundschule ausgegangen. Sie regte vor einiger Zeit an, die Lebensläufe der drei Schwestern zu erforschen, deren Existenz zwar bekannt war, von denen man bislang aber nicht wusste, inwieweit auch sie Opfer der Judenverfolgung geworden waren.
Diese Nachforschung leisteten dann Johanna Dülberg von der Abteilung Schule und Sport der Stadt Soest sowie Tobias Westhoff vom Stadtarchiv Soest. Sie trugen gfemeinsam mit Religionslehrerin Mechtild Kroll-Heckmann auch die Lebensläufe der drei Frauen bei der Verlegung der Stolpersteine am 25. November 2024 an der Niedergasse 2 vor. Kinder der Patrokli-Grundschule beteiligten sich mit Liedvorträgen an dem würdigen Rahmen der Veranstaltung. Stellvertretende Bürgermeisterin Christiane Mackensen betonte, dass das Aufrechterhalten der Erinnerung an die Verbrechen der Nazis und an die Schicksale der Opfer unvermindert wichtig bleibt - gerade in Zeiten wie heute, in denen es in Deutschland und anderen Ländern wieder bedrohliche Tendenzen gebe.
Besondere Emotionalität erlangte die Verlegung der Stolpersteine für Toni, Elsbeth und Anna Stern, weil ein Nachkomme der Familie dabei sein konnte - zumindest digital. Dr. Ralph Stern war aus Kanada, wo er lebt, per Videoübertragung zugeschaltet. Einem weiteren Nachfahren aus London, der leider nicht vor Ort teilnehmen konnte, werden die Fotos und Berichte der Veranstaltung zugesandt werden.
Der Ursprung der Familie Stern in Soest geht auf Jakob Stern zurück, der um 1700 von Frankfurt nach Soest kam. Das Stammhaus der Familie Stern in Soest ist an der Thomästraße 22. Viktor Stern gründete zusammen mit seinem Bruder Bernhard eine Hutfabrik, die sich an der Walburger Straße 23 und der Leckgadumstraße 8 befand. Mit Ehefrau Auguste und den Kindern wohnte Viktor Stern seit Beginn der 1920er Jahre in der Niedergasse 2. Viktor starb schon vor Beginn des Zweiten Weltkriegs. Ebenso die älteste Tochter Sophie und die Viertgeborene Henni. Für seine Ehefrau Auguste und die Tochter Grete Stern lagen bereits Stolpersteine an der Niedergasse.
Toni Stern wurde am 6. August 1884 in Soest geboren. Sie erlernte keinen Beruf. 1928 wurde sie aufgrund einer „einfachen Seelenstörung“, wie es in der Akte steht, in der Provinzial-Heilanstalt Dortmund-Aplerbeck aufgenommen. 1940 wurde sie in die Heilanstalt Warstein verlegt. Sie gehörte zu dem ersten Transport, der sie und 20 andere jüdische Patienten am 20. September 1940 nach Wunstorf in Niedersachsen brachte, weil die Nazis Menschen mit Behinderungen töten wollten. Wenige Tage später wurde sie weiter nach Brandenburg a.d. Havel transportiert, wo sie am 27. September 1940 ermordet wurde.
Anna Stern, geboren am 21. April 1886 in Soest, wohnte mir ihren Eltern Auguste und Viktor Stern und ihren Geschwistern in der Niedergasse 2 in Soest. Aufgrund der Verfolgung der Jüdinnen und Juden während des Holocaust verließ sie Deutschland 1936 und flüchtete nach England. Als Anna 1942 von dem Tod Ihrer Mutter und ihrer zwei Schwestern Toni und Grete erfuhr, bekam sie einen Nervenzusammenbruch und verlor ihre Sprache und ihre Stimme. Derart gesundheitlich eingeschränkt, zog sie 1955 von London zurück nach Soest, wo sie bis zu ihrem Lebensende 1970 wohnen blieb.
Elsbeth Martini, geb. Stern, kam am 24. November 1887 in Soest als jüngstes Kind von Viktor und Auguste Stern zur Welt. Sie arbeitete bis 1933 als Klavierlehrerin in Soest. Nach der Machtübernahme geriet sie schlagartig in wirtschaftliche Bedrängnis, weil die Schüler ausblieben. Sie versuchte, in Italien eine neue Existenz aufzubauen, musste sich ab 1939 aber vor den Nazis verstecken und entging 1942, ausgestattet mit einer falschen Identität als Elena Sarti, der Deportation. Nach dem Krieg besuchte sie Soest immer wieder. Sie heiratete den Bildhauer und Professor Enrico Martini und starb 1970 in Rom.
Kontaktdaten:
Stadt Soest
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Referent für Öffentlichkeitsarbeit: Thorsten Bottin
Am Vreithof 8 - 59494 Soest
Telefon: +49 (02921) 103-9045
E-Mail: pressestelle@soest.de
Internet: https://www.soest.de
Dieser Meldung sind folgende Medien beigefügt: