06.05.2025 - Landeshauptstadt Magdeburg
Stadtarchiv erhält Zeitdokument der letzten Kriegstage in MagdeburgBericht eines jüdischen US-Offiziers
Das Stadtarchiv der Landeshauptstadt erhält ein weiteres Zeitdokument aus den letzten Kriegstagen in Magdeburg. Der Bericht eines jüdischen US-Offiziers vom Mai 1945 stand zuvor auf einer Onlineauktion im Ausland zum Verkauf. Daniel Riecke vom Förderverein „Freunde des Stadtarchivs“ hatte den Brief erworben und wird diesen im Mai dem Stadtarchiv als Schenkung überreichen. Den Hinweis auf das Dokument hatte die Leiterin der Arbeitsgruppe Stolpersteine für Magdeburg, Waltraut Zachhuber, gegeben.
Das mit einer Schreibmaschine verfasste Schreiben wirkt unscheinbar, doch es gibt einen seltenen Einblick in das Chaos der letzten Kriegstage in Magdeburg und das Lebensgefühl seiner Bewohner. Der Verfasser, Dr. Walter Hirschfeld (1899–1997), war Sohn des Medizinprofessors Dr. Felix Hirschfeld und seiner Frau Grete Rebecca Baerwald aus Berlin. Als sein Vater Arzt geworden war, konnte der junge Jude im Dezember 1934 in die USA emigrieren. Anfang Mai 1945 erreichte er als amerikanischer Besatzungssoldat von Braunschweig kommend das noch umkämpfte Magdeburg.
Seine Eindrücke aus der Elbestadt schildert er in einem Brief an eine Familie Wiesenthal in die USA. Bei dem Empfänger handelt es sich offenbar um seinen Cousin Dr. Curt Wiesenthal, einen gleichaltrigen Magdeburger, der am 27. April 1899 in der Neuen Neustadt geboren wurde. Dessen Vater, der Magdeburger Mediziner und Sanitätsrat Paul Wiesenthal, war mit der Zwillingsschwester von Greta Baerwald verheiratet. Curt wurde ebenfalls Mediziner und übernahm die Praxis des Vaters am Nicolaiplatz 7. Weil er wegen seiner jüdischen Herkunft verfolgt wurde, emigrierte er 1938 in die USA. Die beiden Mütter hingegen, Grete Baerwald und Else Wiesenthal, wurden 1942 ins Warschauer Ghetto deportiert, wo sich ihre Spur verliert.
In dem seltenen Zeitdokument, verfasst am 15. Juli 1945 in Wiesbaden, schildert der offenbar ortskundige Autor auch seine Suche Anfang Mai 1945 nach dem Haus am Magdeburger Nicolaiplatz, wo sich einst die Praxis der Wiesenthals befand. Zudem besuchte er in der Großen Diesdorfer Straße Prof. Max Otten (1877–1962), den Direktor des Altstädtischen Krankenhauses.
Prof. Christoph Volkmar, Direktor des Stadtarchivs, ist nicht nur von diesen Schilderungen beeindruckt: „Walter Hirschfeld berichtet auch von Gesprächen mit Magdeburgern, die uns heute sehr nachdenklich stimmen“.
So schreibt Hirschfeld in dem Brief, dass die Deutschen in einer Art Traumwelt lebten. Sie würden sich den Zivilisationsbruch des Holocaust nicht eingestehen und tatsächlich erwarten, dass die emigrierten Juden nach Deutschland zurückkehren und einfach wieder von vorn beginnen wollten. Empört stellt er in dem Brief fest, dass für seine Gesprächspartner nur andere die Nazis seien und sie selbst jede Verantwortung für das Geschehene von sich wiesen.
Der Brief wird im Rahmen der Eröffnung der Stadtgeschichtlichen Sommerabende am 20. Mai 2025 im Alten Rathaus durch Daniel Riecke offiziell an das Stadtarchiv übergeben werden.
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