18.09.2017 - Pressestelle LANDKREIS KASSEL
Universität Osnabrück startet Naturschutzprojekt an Diemel und Warme
Liebenau/Landkreis Kassel. „Ich freue mich sehr, dass es gelungen ist, zusammen mit der Abteilung Biodiversität und Landschaftsökologie der Universität Osnabrück ein Forschungsprojekt zur nachhaltigen Renaturierung von Kalkmagerrasen im unteren Diemeltal zu realisieren“, betont Landrat Uwe Schmidt bei der Vorstellung des Erprobungs- und Entwicklungsvorhabens in Liebenau. Bis September 2023 werden sich die Wissenschaftler der Universität Osnabrück unter Leitung von Prof. Dr. Thomas Fartmann der Frage stellen, ob es gelingt, Kalkmagerrasen wiederherzustellen. „Kalkmagerrasen sind ein wichtiger Lebensraum für seltene Pflanzen- und Tierarten und sie sind ständig von Verbuschung bedroht“, informiert Prof. Dr. Fartmann.
Im jetzt nach einer internen Vorstudienphase startenden Projekt, das vom Bundesamt für Naturschutz und vom Landkreis Kassel finanziert wird, soll auf Flächen in den Kommunen Liebenau, Hofgeismar und Trendelburg der Ist-Zustand der vorhandenen Kalkmagerrasenflächen und die vorhandene Flora und Fauna erhoben werden. „Um den Bestand an Kalkmagerrasen zu erhöhen, werden wir im Laufe des Projekts kleinflächig Nadelholz-Bestände entfernen und Entbuschungsmaßnahmen auf vorhandenen Kalk-Halbtrockenrasen durchführen“, kündigt Prof. Dr. Fartmann an. Der Landkreis unterstützt die Studie der Universität Osnabrück durch den Fachdienst Landschaftspflege im Fachbereich Landwirtschaft. „Wir haben mit Jürgen Düster einen Fachmann vor Ort, der die Situation an Diemel und Warme gut kennt - außerdem passt das Projekt sehr gut in die Zielsetzungen des Naturparks Reinhardswald, zu dessen Gebietskulisse die Kalkmagerrasen im unteren Diemeltal gehören werden“, ergänzt Landrat Schmidt.
Universität Osnabrück und Landkreis Kassel setzen auf eine intensive Öffentlichkeitsarbeit zur Projektbegleitung. „Außerdem sind sowohl der Landesbetrieb Hessen Forst mit den Forstämtern Reinhardshagen und Wolfhagen, wie auch die Kommunen von Anfang an einbezogen“, erläutert Prof. Dr. Fartmann.
Am Ende des Projekts versprechen sich die Wissenschaftler Erkenntnisse darüber, wie man Kalkmagerrasen nachhaltig wiederherstellen und dauerhaft erhalten kann. „Diese Vorgehensweise wäre dann auch auf andere Naturschutzgebiete übertragbar“, so Prof. Dr. Fartmann abschließend.
Hintergrund:
Grasland ist einer der dominanten Lebensraumtypen innerhalb Europas und nimmt fast ein Viertel der Landoberfläche der EU-Staaten ein. Insbesondere nährstoffarme Graslandhabitate sind durch eine hohe Biodiversität gekennzeichnet. In herausragender Weise gilt dies für Kalkmagerrasen. Aufgrund der großen Bedeutung für den europäischen Artenschutz zählen sie zu den prioritären Lebensraumtypen der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH).
Seit dem Zweiten Weltkrieg hat sowohl die Fläche als auch die Habitatqualität der Kalkmagerrasen in Europa massiv abgenommen. Dabei haben zwei gegensätzliche Prozesse eine entscheidende Rolle gespielt: Einerseits die Intensivierung produktiver Standorte und andererseits das Brachfallen auf Grenzertragsstandorten. Die Intensivierung der Graslandnutzung hat sich aufgrund der produktiveren Umweltbedingungen (fruchtbare Böden, milderes Klima) vor allem im Tiefland vollzogen, wohingegen das Hügelland und die Mittelgebirge vor allem vom Brachfallen der Lebensräume betroffen waren. Der Flächenverlust sowie die Fragmentierung und verminderte Qualität der verbliebenen Magerrasen haben negative Auswirkungen auf die Artenvielfalt im Allgemeinen und auf die Diversität der Bestäuber im Speziellen. Aktuell wird der Erhaltungszustand des FFH-Lebensraumtyps Kalkmagerrasen in allen drei biogeographischen Regionen Deutschlands als unzureichend eingestuft.
Neben den Auswirkungen des Landnutzungswandels ist aktuell ein zunehmender Einfluss des Klimawandels auf die Lebensgemeinschaften zu verzeichnen. Der Temperaturanstieg führt zu einer verlängerten Wachstumsperiode und aufgrund zunehmender Trockenphasen zu einer verminderten Produktivität. Dies hat erhebliche Veränderungen in Vegetationsstruktur und Mikroklima zur Folge.
Als Indikatorgruppen für Kalkmagerrasen gilt das Vorkommen von Gefäßpflanzen, Heuschrecken, Zikaden, Wildbienen und Tagfalter. Sie kommen in Kalkmagerrasen mit einer hohen Artenvielfalt und vielen gefährdeten Arten vor. Entsprechend gelten sie als exzellente Indikatoren für die Habitatqualität von Kalkmagerrasen.
Pressekontakt: Harald Kühlborn
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