Meldungsdatum: 11.06.2021

Machbarkeitsstudie zu Klärschlammverwertung und Phosphorrecycling in Nord- und Osthessen abgeschlossen

Die rechtlich vorgegebene Rückgewinnung des im Klärschlamm enthaltenen Phosphors ist technologisch und wirtschaftlich auch in Nord- und Osthessen machbar. Damit stehen Alternativen zur bislang vielfach praktizierten Klärschlammverwertung in der Landwirtschaft zur Verfügung.

Dies ist die Kernaussage einer durch das Hessische Umweltministerium, durch KASSELWASSER und weiteren 38 Partnern aus Nord- und Osthessen finanzierten Machbarkeitsstudie.

 

KASSELWASSER hatte hierbei die Federführung. Mit der Studie beauftragt wurde nach öffentlicher Ausschreibung die TransMIT GmbH, Gießen, eine Transfergesellschaft der mittelhessischen Hochschulen. Projektleiter waren Prof. Ulf Theilen und Prof. Harald Weigand von der Technischen Hochschule Mittelhessen sowie Prof. Diedrich Steffens von der Justus-Liebig-Universität in Gießen.

 

Umweltministerin Priska Hinz betonte im Rahmen der Beauftragung: „Die Phosphorrückgewinnung ist von großer Relevanz, denn Phosphor ist ein für alle Lebewesen notwendiger Nährstoff. Phosphor ist essentiell für das Pflanzenwachstum, deshalb wird der Stoff zum Düngen verwendet. Mit der Studie werden jetzt auch für den Regierungsbezirk Kassel die Voraussetzungen geschaffen, zukünftig den Rohstoff Phosphor aus dem Klärschlamm für eine ökologisch wichtige Wiederverwertung zurück zu gewinnen“.

 

Kläranlagen mit mehr als 100.000 Einwohnerwerten sind ab 2029, solche ab 50.000 Einwohnerwerten ab 2032 zum Phosphorrecycling verpflichtet.

 

Aber auch für viele kleinere und mittlere Kläranlagen wird die landwirtschaftliche Klärschlammverwertung schwieriger, denn die geforderte Minderung der Nährstoffeinträge in der Landwirtschaft kommt einer Verknappung der Ausbringungsflächen gleich.

 

„Der von KASSELWASSER bereits seit 2018 eingeschlagene Weg der Mitverbrennung des Klärschlamms im Fernwärmekraftwerk an der Dennhäuser Straße entspricht einem der entwickelten Szenarien und trägt gleichzeitig dazu bei, den Ausstieg aus der Kohleverbrennung zu beschleunigen“, stellt der für KASSELWASSER zuständige Stadtbaurat Christof Nolda heraus.

 

Die Verbrennung von Klärschlamm im Fernwärmekraftwerk Kassel ist ein entscheidender Baustein zur Decarbonisierung der Fernwärmeerzeugung und zum Ausstieg aus der Kohleverbrennung in Kassel. Aktuell werden im Kraftwerk an der Dennhäuser jährlich 100.000 Tonnen Kohle in ressourcenschonender Kraft-Wärme-Kopplung verbrannt. Das heißt, Strom und Wärme werden parallel in einem Prozess produziert.

 

„Bis zum Jahr 2025 werden wir aber vollständig auf Altholz, vor allem auch Klärschlamm umstellen. Das ist 13 Jahre vor dem von der Kohlekommission festgelegten spätesten Zeitpunkt 2038. CO2-neutrale Brennstoffe werden dann das Rückgrat der Kasseler Fernwärmeerzeugung sein. Kassel ist damit bundesweit Vorreiter in Sachen umweltfreundliche Wärmeerzeugung“, sagt Oberbürgermeister Christian Geselle.

 

Die Machbarkeitsstudie wurde aufgelegt, um für den Regierungsbezirk Kassel Konzepte für eine dauerhafte Entsorgungssicherheit aufzuzeigen.

 

Für die Datenerhebung wurden die Betreiber aller 297 Kläranlagen in der Region angeschrieben. 84 Prozent aller Kläranlagenbetreiber zeigten sich interessiert an einer gemeinsamen Entwicklung der zukünftigen Klärschlammverwertung mit Recycling des Phosphors.

 

Das regionale Klärschlammaufkommen beträgt knapp 21.000 Tonnen Trockenmasse pro Jahr; auf jeden angeschlossenen Einwohner entfallen somit jährlich 12,5 Kilogramm trockener Klärschlamm. Die darin enthaltene Phosphormenge beläuft sich auf knapp 550 Tonnen pro Jahr. Anhand der ausgewerteten Analysen entspricht die Mehrzahl der Klärschlämme bezüglich ihrer Schadstoffbelastung den Anforderungen der Düngemittelverordnung.

 

Ausgehend von einer Typisierung der Kläranlagen wurden im Rahmen der Studie insgesamt fünf Szenarien mit zentralen als auch dezentralen Lösungsansätzen entwickelt und hinsichtlich ihrer spezifischen Kosten bewertet.

 

 

 

Beide Wege stehen kleinen Kläranlagen auch weiterhin offen.

 

 

 

 

Die Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass im Regierungsbezirk Kassel möglicherweise unterschiedliche Konzepte parallel zueinander umgesetzt werden können.

 

Die Studie stellt allen Abwasserbeseitigungspflichtigen in Nord- und Osthessen Grundlagendaten zur Verfügung, auf deren Basis die zukünftige Klärschlammentsorgung mit einer ressourcenschonenden Phosphorrückgewinnung neu geordnet werden kann.