Meldungsdatum: 19.10.2023

Kostendruck erfordert Gebührenanpassungen bei Trink- und Abwasser

Die Bereitstellung einer kommunalen Infrastruktur zur Versorgung der Bevölkerung mit sauberem Trinkwasser und der Entsorgung von Abwasser gehört zu den wichtigsten Aufgaben einer Kommune. Diese Aufgabe wird in Kassel und Vellmar vom städtischen Eigenbetrieb KASSELWASSER übernommen. Die Zukunftsfähigkeit dieser Infrastruktur wird über Gebühren finanziert, die aktuell nachweislich nicht mehr kostendeckend sind.

Grund dafür sind erhebliche Kostensteigerungen in der Energieversorgung und Materialwirtschaft, bei Bauprojekten sowie im Personalwesen durch Tariferhöhungen. Als Folge davon sollen die Gebühren in Kassel für Trink- und Abwasser und in Vellmar für Trinkwasser zum 1. Januar 2024 angepasst werden.

Eine vierköpfige Familie in einem Einfamilienhaus in Kassel wird in einer Musterrechnung etwa 7,57 Euro im Monat mehr zahlen als bisher. Für einen Single-Haushalt in einem 10-Familienhaus ergibt sich in Kassel eine monatliche Mehrbelastung von 3,44 Euro. Die Betriebskommission von KASSELWASSER und der Magistrat der Stadt Kassel haben sich für die Anpassung der Gebühren ausgesprochen; die endgültige Entscheidung liegt bei den Stadtverordneten, die das Thema in ihrer Sitzung am 13. November 2023 behandeln. 

Die Wasser- und Abwassergebühren werden in regelmäßigen Abständen von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer begutachtet. Maßgeblich ist, ob ihre Höhe dem Kriterium der Auskömmlichkeit für eine Wasserversorgung und eine ordnungsgemäße Abwasserentsorgung entsprechen. „Das Gebührenmodell von KASSELWASSER bemisst sich einzig und allein an der Finanzierung des Betriebs, der an Qualitätsstandards und rechtliche Vorgaben gebunden ist“, betont Christof Nolda, Umweltdezernent und Leiter der Betriebskommission von KASSELWASSER. Die zusätzlichen Mittel werden dringend benötigt, um substanzerhaltende Investitionen in das Trink- und Abwassernetz zu realisieren, strengere rechtliche Anforderungen an die Trinkwasseraufbereitung und die Abwasserreinigung zu erfüllen und allgemeine Kostensteigerungen aufzufangen.

„Trinkwasser ist das am stärksten kontrollierte Lebensmittel in unserem Land. Und wir tun alles dafür, um verantwortungsvoll damit umzugehen“, betont Frank Koch, kommissarischer Betriebsleiter von KASSELWASSER. Im Sinne der Nachhaltigkeit arbeite man zugleich intensiv daran, Abwasser nach entsprechenden Reinigungsprozessen dem natürlichen Wasserkreislauf wieder zuzuführen. Zwar verfüge die Region aufgrund der Topografie und der geologischen Gegebenheiten über eine aktuell noch auskömmliche Trinkwasser-Situation – „aber einen verschwenderischen Umgang mit diesem kostbaren Gut kann keiner wollen“, bekräftigt Arno Bauer, Abteilungsleiter Betrieb bei KASSELWASSER.

 

Zum 1. Januar 2019 (Abwasser) und zum 1. Januar 2020 (Trinkwasser) hatte der städtische Eigenbetrieb zuletzt eine Gebührenanpassung vornehmen müssen, nachdem man zuvor über 20 Jahre hinweg die Abgaben habe stabil halten können. Gegenüber der damaligen Gebührenbedarfsrechnung haben sich zwischenzeitlich durchschnittliche Kostensteigerungen in Höhe von rund fünf Millionen Euro pro Jahr im Zeitraum 2024 bis 2025 ergeben, die sich nicht weiter durch betriebliche Optimierung kompensieren lassen. Dazu zählen insbesondere die Bereiche Energie und Personal, aber auch die erheblichen Baukostensteigerungen. „Die im Vergleich zur letzten Gebührenanpassung nun viel kürzere Zeitspanne hat zum einen mit den Auswirkungen der aktuellen Geschehnisse in unserer globalen Welt auf die Kosten, zum anderen aber auch mit den Erfordernissen und Herausforderungen eines sich verändernden Klimas zu tun.“ Als Beispiele nennt Christof Nolda lange Trockenperioden und das Absinken des Grundwasserspiegels, aber auch Starkregen-Ereignisse wie zuletzt im Juni, die entsprechende Maßnahmen im Hochwasserschutz erfordern. 

Ab dem 1. Januar 2024 werden die angepassten Gebühren im Trink- und Abwasserbereich erhoben. Das Gebührenmodell für Trinkwasser besteht aus drei Komponenten, dabei wird nur ein Gebührenanteil erhöht: Die Mengengebühr beträgt weiterhin 1,85 Euro pro Kubikmeter. Hinzu kommt die Zählergebühr, die sich nach der Querschnittsgröße des Hausanschlusses richtet. Für die allermeisten Haushalte in Kassel und Vellmar liegt diese unverändert bei 25 beziehungsweise 28,33 Euro pro Jahr. Erhöht wird nun lediglich die Bereitstellungsgebühr, die je nach Zahl der Wohneinheitengleichwerte in einem Haus zwischen ca. 84,35 Euro im Mehrfamilienhaus und 138,35 Euro im Einfamilienhaus (bislang zwischen 54,51 und 90,51 Euro) liegt. Dabei zählt das Gerechtigkeitsprinzip: Je mehr Wohneinheiten ein Grundstück im Sinne der Satzung nutzen, desto geringer die Infrastrukturkosten, desto geringer die Bereitstellungsgebühr für den Einzelnen. 

Verbrauchsbeispiele mit angepassten Gebühren für Trinkwasser und Abwasser
Das verdeutlichen die folgenden Beispiele: Ein Vier-Personen-Haushalt im Einfamilienhaus mit einem Verbrauch von 150 Kubikmetern pro Jahr zahlte für Trinkwasser 424,09 Euro. Ab 1. Januar 2024 steigt die Belastung um 12 Prozent auf 475,28 Euro. Für einen Single-Haushalt im 10-Parteien-Haus mit einem Wasserverbrauch von 45 Kubikmeter im Jahr ergibt sich eine Erhöhung um 29,84 Euro, auf gesamt 206,08 Euro im Jahr. Alleinlebende in einem Einfamilienhaus zahlen für die Trinkwasserversorgung künftig 267,43 Euro statt 216,24 Euro.  

Die Gebühren im Abwasserbereich steigen um 0,10 Euro auf 2,96 Euro pro Kubikmeter Schmutzwasser. Die Erhöhung beim Niederschlagswasser beläuft sich auf 16 Cent pro Quadratmeter (derzeit 82 Cent); Grund-, Drainage- und Kühlwasser kosten künftig 1,64 Euro (derzeit 1,37 Euro) pro Quadratmeter. 

Eine vierköpfige Familie im Einfamilienhaus mit einem durchschnittlichen Jahresverbrauch von 150 Kubikmetern, zahlt dann 39,55 Euro im Jahr mehr als bisher. Für einen Ein-Personen-Haushalt im 10-Familien-Haus liegen die monatlichen Mehrkosten bei 78 Cent pro Monat. Lebt eine Person allein in einem Einfamilienhaus steigt die Abwassergebühr von 254,44 Euro auf 283,49 Euro an. Weitere Informationen dazu auf der Webseite www.kassel.de/wasser.

 

FAQ: 

Werden die Bescheide zu den Trinkwassergebühren bis zu einer endgültigen Gerichtsentscheidung weiterhin unter Vorbehalt erstellt was die Konzessionsabgabe angeht?
Ja, die Festsetzung der Wassergebühren erfolgt gem. § 165 Abs. 1 AO in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Nr. 4 b) KAG vorläufig bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung in den zuvor beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof unter den Aktenzeichen 5 A 1305/17 und 5 A 1307/17 anhängigen Verwaltungsstreitverfahren. Diese betreffen die Frage der Einberechnung der Konzessionsabgabe in die Gebührenbedarfsberechnung. Rückstellungen für den Fall einer Entscheidung des VGH zu Ungunsten der Stadt Kassel wurden in ausreichender Höhe gebildet. Zu Nachteilen für den Betrieb der Wasserversorgung kann es nicht kommen, da die Rückstellungen über den städtischen Haushalt gedeckt sind. Bis zur endgültigen juristischen Klärung sind die Wassergebührenbescheide auch weiterhin mit einem Vorläufigkeitsvermerk versehen.

Lohnt sich Wassersparen noch?
Die Angemessenheit von Gebührensätzen sind mittels Kostenkalkulation nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen zu ermitteln. Das Ziel, geringeren Wasserverbrauch zu honorieren, wurde bei dem gewählten Gebührenmodell nicht aufgegeben. Bei einer Gesamtgebührenstruktur von 55 Prozent im verbrauchsabhängigen und 45 Prozent im Fixkostenbereich ist noch immer ein hoher Anreiz gesetzt, dass der Wasserkunde/die Wasserkundin freiwillig und vernünftig Verbrauchsgewohnheiten anpasst und damit den ökologischen Ressourcenschutz unterstützt. Dies spiegelt sich auch in der seit 2020 rückläufigen Verbrauchsmenge bei steigender Einwohnerzahl wider.

Gelten auch für Klärgruben neue Gebühren?
Die Entsorgungskosten für die Entleerung der Grundstückskläreinrichtungen sind in den vergangenen Jahren aufgrund der Ausschreibungsergebnisse deutlich angestiegen. Nach Jahren der Gebührenstabilität ist hier auch eine Erhöhung der Gebühren von 48,87 auf 89,13 EUR pro Kubikmeter bei der Entleerung notwendig. Von derartigen Anlagen, die nicht an das Kanalnetz angeschlossen sind, gibt es nur noch 38 in Kassel. 

Trinkwasser in Zahlen
Bei einer Netzlänge von 1.307 Kilometern werden 227.096 Einwohner in Kassel und Vellmar mit Trinkwasser versorgt. Dieses setzt sich zusammen aus 83,7 Prozent Grundwasser aus 17 Tiefbrunnen und 16,3 Prozent Quellwasser aus 77 Quellen in Habichtswald und Kaufunger Wald, das in acht Wasserwerken aufbereitet wird. Im Trinkwasser sind je nach Quelle, unterschiedliche Mineralien enthalten. Normalerweise enthält Trinkwasser Calcium, Magnesium, Sulfat und Chlorid. Falls erforderlich werden Eisen und Mangan, rein aus Geschmacksgründen, herausgefiltert. Im Jahr 2022 wurden rund 11 Mio. Kubikmeter Trinkwasser aus dem Netz abgegeben. Das Gesundheitsamt Kassel kontrolliert das Wasser und legt die Häufigkeit der Untersuchungen fest. Es gelten strenge Grenzwerte, Vorschriften und Kontrollzyklen, die kontinuierlich vom Gesundheitsamt überprüft werden. Das Wasser in Kassel ist so gut, dass es nicht enthärtet werden braucht. Auf www.kasselwasser.de/trinkwasser lässt sich die Wasserhärte für den eigenen Wohnort schnell und einfach ermitteln.

Abwasser in Zahlen
Das Kanalnetz in Kassel weist eine Länge von 840 Kilometern auf. Im Stadtgebiet gibt es rund 22.500 Straßenabläufe („Gullys“), die öffentliche Verkehrsflächen entwässern. Beim Abwasser handelt es sich zum größten Teil um Ableitungen aus privaten Haushalten, die beim Duschen, Baden, Waschen oder WC-Spülen anfallen.

Aber auch die gewerblichen und produzierenden Unternehmen, Krankenhäuser, Behörden, Schulen und viele mehr leiten ihre Abwässer in die Rohre von KASSELWASSER. In Kassel fließt das Abwasser durch das rund 840 Kilometer lange Kanalnetz zum Klärwerk. Im Jahre 2022 durchliefen die Kläranlage etwa 26 Millionen Kubikmeter Abwasser. Etwa die gleiche Menge Wasser wird geklärt und gereinigt über die Fulda dem natürlichen Wasserkreislauf zurückgeführt. Neben dem Rohabwasser gehen der Kläranlage zahlreiche weitere Stoffe zu. Dabei handelt es sich um Fäkalschlamm aus Chemietoiletten, Kleinkläranlagen und Klärgruben, um Fettabscheiderrückstände aus Gaststätten, Großküchen und Metzgereien, um Kanalsande, Straßenablaufgut, um Mäh- und Schnittgut sowie um Spülwasser aus der Produktion von Infusionslösungen. Aus dem Abwasser werden 703 Tonnen Feststoffe zurückgehalten. Die Feststoffe werden in unterschiedlichen Verfahren vom Abwasser getrennt und dann der Verbrennung zugeführt. Aus dem Methangas, welches beim Ausfaulen des Klärschlammes gewonnen wird, wird Energie gewonnen, die zum Heizen und zum Stromerzeugen genutzt wird.

Pressekontakt: Victor Deutsch