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Kreisweite Kiebitzkartierung belegt Rückgang der Art im Kreis


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24. April 2013

Kreisweite Kiebitzkartierung belegt Rückgang der Art im Kreis

Kiebitz im Sinkflug

Kreis Unna. (PK) Es gehört zum Frühling wie die ersten Aurorafalter und blühende Schlüsselblumen: Das laute "Kiju-wit" der Kiebitze über den offenen Feldfluren. Der schwarz-weiße Gaukler ist dann bei seinen imponierenden Balzflügen in den Feldfluren nicht zu übersehen und zu überhören. Allerdings schon seit langem nicht mehr überall im Kreisgebiet. War die Art noch in den 1970er Jahren fast in allen Feldfluren des Kreises Unna zuhause, so hat sich der Bestand seitdem drastisch verringert.

 

Genau können die Mitarbeiter der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft (OAG) Kreis Unna den Bestand seit Ende der 1990er Jahre beschreiben: Der Kiebitz ist wohl die am besten untersuchte Vogelart im Kreisgebiet. Im April wurden nun zum vierten Mal nach 1999, 2003 und 2008 alle Kiebitz-Brutpaare im Kreis gezählt. Die über 60 beteiligten Kartierer fuhren in einer konzertierten Aktion einen ganzen Tag lang alle Feldfluren im Kreis ab und schafften es so erstmals, die Kiebitze synchron an einem einzigen Tag im gesamten Kreisgebiet zu erfassen. Die anschließende Auswertung der Daten erfolgte in der Ökologiestation Bergkamen mit Unterstützung des Kreises Unna.

 

Das Ergebnis ist ernüchternd: Fanden sich 1999 noch 380 Kiebitz-Paare im Kreis, so liegt das vorläufige Ergebnis für die aktuelle Zählung bei 172 Paaren. Damit hat sich der Bestand in knapp 15 Jahren um mehr als die Hälfte reduziert. Allein von 2008 bis heute sank die Zahl der Kiebitze im Kreis um gut 30 %.

 

Die Ursachen? – Die „Kinderstube“ der Kiebitze waren einst nasse Wiesen und Weiden, heute sind es offene, im März vegetationslose Ackerflächen, die die Vögel zur Ablage ihrer Eier auf dem Boden aufsuchen. Und damit sitzt der Kiebitz als typische Vogelart der Feld- und Wiesenflur derzeit in der Bewirtschaftungsfalle, da er mit den modernen Methoden der Landwirtschaft nicht mehr zurechtkommt.

 

„Dabei hat der Kiebitz bereits verschiedenste Versuche unternommen, sich an die Veränderungen in unserer Landschaft anzupassen“, berichtet Christian Makala, Leiter der Unteren Landschaftsbehörde beim Kreis. So hatte der Kiebitz noch vor Jahrzehnten seinen klassischen Lebensraum in den weit verbreiteten kurzrasigen nassen Wiesen im Kreisgebiet. Mit der zunehmenden Entwässerung dieser Wiesen zog er vor allem auf Kartoffel- und Maisäcker um, die im März der kurzbeinigen Art genügend Bewegungsfreiheit versprechen, damit sich die Jungvögel nicht in der dichten Vegetation verheddern und bei Nässe unterkühlen.

 

Mittlerweile stellt die intensivierte Landwirtschaft die Vögel allerdings vor neue Probleme. Nachdem bis Anfang April die Eier gelegt sind, vernichten Feldbestellung und Einsaat die meisten Gelege. Gerade ältere Landwirte kennen den Kiebitz als Ackervogel zwar noch gut und achten auf die Eier, in Zeiten hochtechnisierter Feldbearbeitung und des Einsatzes von Lohnunternehmern werden 75 % der Erstgelege aber zerstört. Auch die Behandlung mit Pestiziden bekommt den jungen Kiebitzen nicht: Auf vielen Ackerstandorten finden sie oftmals nicht mehr genügend Futter. So fliegen pro Brutpaar im Durchschnitt nur noch 0,15 Jungvögel aus. Viel zu wenig, da zum Erhalt der Art statistisch gesehen mindestens 0,8 Jungvögel notwendig sind. Die Folge: Die Bestände überaltern und - da auch aus Osteuropa mittlerweile deutlich weniger Jungvögel auf dem Zug bei uns bleiben – verschwindet nach dem Tod der langlebigen Altvögel ein ehemaliges Brutrevier nach dem anderen.

 

„Um den Kiebitz bei uns im Kreis zu erhalten, sind die Anlage und Erhaltung von Feuchtgrünland in den Auenbereichen von Lippe und Ruhr sowie extensiv bewirtschaftete Acker- und Bracheflächen in der Ackerlandschaft notwendig“, unterstreicht Christian Makala. Der Fachmann verweist dabei auf die Bedeutung von Renaturierungsprojekten.

 

Solche Projekte zur Wiedervernässung und Anlage feuchter Wiesen und Wasserflächen wurden vom Kreis Unna bereits in den Rieselfeldern Werne, den Hemmerder Wiesen und der Fröndenberger Kiebitzwiese umgesetzt. In allen drei Gebieten fanden sich als Lichtblick nach erfolgter Aufwertung erstmals seit Jahren wieder brütende Kiebitze. „Weitere Schutzmaßnahmen sind jedoch notwendig, wenn die Frühlingsrufe des Kiebitzes flächendeckend in unserer Landschaft erklingen sollen“, betont der Koordinator der Kiebitzzählungen, Falko Prünte.

 

Bildzeilen:

1: Entwickung der Kiebitzdichte im Kreis Unna.

2: Kiebitz (Altvogel)

3: Solche Bilder werden auch im Kreis Unna seltener: Junge Kiebitze auf dem Feld.

4, 5, 6: Beispiele für gelungene Renaturierungsprojekte im Kreis: die Kiebitzwiese in Fröndenberg, die Hemmerder Wiesen in Unna und die Rieselfelder in Werne.

 

Fotos und Grafik: Kreis Unna




Pressekontakt: Kreis Unna - Presse und Kommunikation, Silke Schmücker, Fon 02303 27-1013, E-Mail silke.schmuecker@kreis-unna.de
Zu dieser Meldung können wir Ihnen folgende Medien anbieten:

Entwicklung der Kiebitzdichte im Kreis Unna


Entwicklung der Kiebitzdichte im Kreis Unna



Kiebitz (Altvogel)


Kiebitz (Altvogel)



Junge Kiebitze auf dem Feld


Junge Kiebitze auf dem Feld



Kiebitzwiese Fröndenberg


Kiebitzwiese Fröndenberg



Hemmerder Wiesen


Hemmerder Wiesen



Rieselfelder Werne


Rieselfelder Werne


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