Bocholt, 06. Mai 1999
Die besondere Situation von Adoptiv- und Pflegeeltern
Pflege- und Adoptivelternseminar im Bildungshaus St. Benedikt in Gerleve
Bocholt (pd).
In diesem Jahr fand während der Osterferien erneut ein viertägiges Seminar für Pflege- und Adoptiveltern statt, durchgeführt vom Sozialdienst kath. Frauen e. V. Bocholt und dem Jugendamt der Stadt Bocholt.
Das Thema des Seminars lautete: Die besondere Situation von Adoptiv- und Pflegeeltern/Adoptiv- und Pflegekindern, Grenzen, Möglichkeiten, Hilfe bei Aggressionen und anderen Auffälligkeiten, allgemeine Erziehungsfragen. Als Referentin war die Leiterin der Psychologischen Beratungsstelle Marl, die Dipl.-Psychologin Edda Richter-Bläs, eingeladen. Zum gleichen Thema hatte Frau Richter-Bläs bereits vor einer Elterngruppe, in anderer Zusammensetzung als die jetzige, während des Seminars im Herbst 1998 referiert.
Am jetzigen Seminar nahmen 11 Familien auch Bocholt, Rhede und Raesfeld teil. Es waren 19 Erwachsene und 19 Kinder im Alter von 2-15 Jahren. Zwei der Familien waren erstmalig dabei.
Nach der Begrüßung, Vorstellung der Teilnehmer und der Einführung in die Thematik des Seminars fanden sich die Eltern in 3 Kleingruppen zusammen. In diesen Arbeitsgruppen formulierten sie aus ihrer eigenen Situation heraus Fragen, Feststellungen und Wünsche, auf die während der Seminartage eingegangen werden sollte. Anspruch an das Seminar war, dass den Teilnehmern in ihrer speziellen Situation als Pflege- bzw. Adoptiveltern und in ihrem Erziehungsalltag Hilfestellung gegeben werden sollte.
Unter dem Hauptthema "Spannungsfeld zwischen leiblichen Eltern und Pflegeeltern" ging die Referentin zunächst auf die Grundvoraussetzungen der Adoptiv- und Pflegekinder ein, wie unterschiedliche Bindungsfähigkeit, Verletzbarkeit, Verarbeitungsmöglichkeit, Begabungspotential, Steuerungsfähigkeit (genetische Ausstattung). Des Weiteren beleuchtete sie die Milieueinflüsse, wie physische und psychische Erfahrungen des Kindes während der Schwangerschaft und deren Auswirkungen auf das Kind sowie nachgeburtliche Milieueinflüsse wie Mangelerfahrung, Misshandlung, Beziehungsabbrüche und deren Auswirkungen auf das Kind.
Anschließendes Thema war die Bedeutung und Auswirkung der Erfahrungen des Kindes vor der Inpflegegabe, seine Prägung, die genetischen Voraussetzungen, Kontakte zur Herkunftsfamilie auf das Leben in der Pflegefamilie und was zur Bewältigung beitragen kann bzw. welche Hilfen denkbar sind.
Wie unterscheidet sich unser Kind von der normalen Sozialentwicklung? und angstmotivierte Aggression des Pflege- bzw. Adoptivkindes waren Themen in der weiteren Kleingruppenarbeit.
Am folgenden Tag machte die Referentin Ausführungen zur: Schulreife eines Kindes, insbesondere auf die sozial-emotionale Reife beim Pflege- bzw. Adoptivkind. Weitere Themen waren Diagnostik und Hilfe bei einem hyperaktiven Kind sowie die Hausaufgabensituation als häufiges Problem innerhalb der Pflege- und Adoptivfamilie.
Die gesamten Ausführungen der Referentin waren lebendig, lebensnah und am Alltag der Pflege- und Adoptiveltern und deren Erfahrungen orientiert. Die Eltern erhielten in vielen Bereichen Hilfe hinsichtlich des besseren Verständnisses ihrer Kinder und deren Probleme sowie im Umgang mit ihrem Kind.
Der Donnerstagnachmittag war dem gemeinsamen Spiel von Eltern und Kindern vorbehalten. Ein Stationsspiel, bei dem, in Gruppen aufgeteilt, Eltern mit den Kindern Aufgaben zu lösen bzw. zu erfüllen hatten, fand große Begeisterung.
Die Seminarauswertung der Eltern fand am Freitagvormittag statt. Mit der Durchführung, dem Inhalt und dem Ablauf des Seminars zeigten sich die Eltern sehr zufrieden. Als Wunsch wurde geäußert, die Referentin ein weiteres Mal für ein Seminar zu gewinnen, zur Vertiefung verschiedener, von den Eltern bereits vorgeschlagener Themen. Wiederum positiv und sehr hilfreich wurde der Erfahrungsaustausch der Eltern untereinander, dem genügend Zeit eingeräumt werden konnte, bewertet.
Das Stadtjugendamt und der SKF weisen noch einmal darauf hin, daß auch weiterhin Adoptiv- und Pflegeeltern gesucht werden. Interessenten können sich entweder bei Margret Robers vom SKF unter der Telefon-Nr. 15 03 9 oder bei Johann Schmid und Doris Kleining-Brands vom Jugendamt der Stadt Bocholt unter der Telefon-Nr. 953-312 u. 953-161 melden.